Was macht "Die stillen Trabanten" so hoffnungsvoll, Charly Hübner?
Im Kinofilm "Die stillen Trabanten" (Kinostart: 1. Dezember) des Leipziger Regisseurs Thomas Stuber (41, "Polizeiruf 110: An der Saale hellem Strande") spielt der ehemalige "Polizeiruf 110"-Star Charly Hübner (49) den Wachmann Eric. Mit seinem Hund sorgt er im Ausländerwohnheim, einem Plattenbau aus der DDR, für Ordnung. An einem seiner abendlichen Kontrollgänge lernt er die aus dem Osten stammende junge Marika (Irina Starshenbaum, 30) kennen und entwickelt Gefühle für sie.
Nicht nur zwischen diesen beiden einsamen Seelen entsteht eine zarte Bindung, gleiches passiert auch den anderen Menschen - gespielt von Martina Gedeck (61), Nastassja Kinski (61), Lilith Stangenberg (34), Albrecht Schuch (37), Andreas Döhler (geb. 1974), Peter Kurth (65) und Adel Bencherif (47) - in diesem langsamen, leisen, teilweise deprimierenden und doch deutlich positiv nachhallenden Film, der von der zentralen Filmbewertungsstelle Wiesbaden mit dem "Prädikat besonders wertvoll" ausgezeichnet worden ist.
Optisch auffallend ist unter anderem die Glatze, mit der Charly Hübner zu sehen ist. Es ist zwar nicht das erste Mal, wie er im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news dazu sagt. Doch auch am Set hat seine Frisur unterschiedlichste Reaktionen gebracht. Von "Steht Dir" über "Geht ja gar nicht" bis hin zu "Hart!" und "Sieht süß aus!" war offenbar alles dabei.
Warum wollten Sie bei dem Film "Die stillen Trabanten", der auf Basis der gleichnamigen Kurzgeschichten von Clemens Meyer (45, "Tatort: Angriff auf Wache 08") entstanden ist, mitmachen?
Charly Hübner: Thomas Stuber und ich sind einander in der Arbeit vertraut und ich bin ein Clemens-Meyer-Leser. Als mich die Anfrage erreichte, war klar, dass ich da mitspielen möchte.
Was hat Sie daran und an Ihrer Rolle besonders fasziniert?
Hübner: Meyer und Stuber erzählen von Menschen, die nicht im Fokus von Aufmerksamkeit und Erfolg stehen. Es sind Mitmenschen, die sich in der Nacht um Sicherheit und Reinigung kümmern. Menschen die halb wach, halb schlafend ihr Leben leben und in ihren Erinnerungen, Sehnsüchten und Träumen wandeln. Da die Verantwortlichen wissen, wovon sie erzählen, will man da dabei sein.
Was bei Ihrer Rolle natürlich zuerst auffällt, ist die neue Frisur. Wer kam auf die Idee mit der Glatze? Und wie war die Verwandlung für Sie?
Hübner: Thomas Stuber und ich waren uns sofort einig, dass Erik Glatze trägt. In meiner jüngsten Arbeit trug ich eine langhaarige rote Lockenperücke, die wurde mir jeden Morgen ausführlich angebastelt, inklusive sehr buschiger Augenbrauen, und so war es auch jeden Morgen in der Maske zu "Die stillen Trabanten" - Maskenzeit! Ich war froh, dass ich parallel dazu nicht lange schwarze Locken tragen musste.
Der Film erzählt von kleinen nächtlichen Begegnungen, die im Leben der drei Protagonisten nachhallen. Haben Sie so etwas schon mal selbst erlebt?
Hübner: Wer hat das nicht schon erlebt? Ob als Student, Teenager oder nach einer späten Theatervorstellung - in der Nacht sind manche Seelen offen, manches wirkt nach und manches auch überhaupt nicht.
Die Lebensumstände des Wachmanns, Imbissbudenbesitzers (Schuch) und der Reinigungskraft (Gedeck) sind ungeschönt bis deprimierend. Warum macht der Film trotzdem Hoffnung?
Hübner: In einem anderen Film sagt die Hauptfigur: Am Ende ist alles gut, und wenn es nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende. Und hier erleben wir Menschen dabei, wie sie versuchen, etwas gut zu machen - und das ist Hoffnung.
Die meisten Geschichten im Film spielen in der Nacht. Welches Verhältnis haben Sie selbst dazu? Was macht die Nacht mit Ihnen?
Hübner: Die Nacht scheint mir einerseits konkreter, einsamer, präziser, vielleicht, weil in unserer Welt die Tage so voll und überlaufen sind. Zum anderen hat die Nacht etwas Verschwommenes und Unwirkliches, was ich oft genieße.
Würden Sie sagen, dass "Die stillen Trabanten" ein Film ist, der auf Heldengeschichten verzichtet?
Hübner: Nein. Ich finde alles drei sind Heldengeschichten, weil sie in ihrem Leben in der Nacht etwas wagen, was ihr Leben verändert - sie verlassen die längst bekannten Pfade.
Wie romantisch finden Sie die Liebesgeschichten zwischen Erik und Marika, Jens und Aischa/Jana (Stangenberg), Christa und Birgitt (Kinski)?
Hübner: Geht es denn um Romantik? Was will Romantik meinen? Es begegnen sich zwei Menschen, die einander suchen, vermissen und spüren wollen. Das pure Leben.
Eine der besonders berührenden Szenen im Film ist die, in der Erik und Marika sich in die russische Kaserne träumen und tanzen. Wie denken Sie über diese Szene?
Hübner: Diese Szene erzählt mir viel über ihre Geschichte, ihre Prägung, über das, was ihr emotionales Gedächtnis ist - über etwas, wo sie einen gemeinsamen Raum haben, der sie glücklicher macht als sie davor waren.