Herbe Enttäuschung: Spike Lee ist empört über “Green Book”-Oscar

“Love” und “Hate”: Spike Lee dürfte während der Oscar-Verleihung beides verspürt haben. (Bild: Frazer Harrison/Getty Images)
“Love” und “Hate”: Spike Lee dürfte während der Oscar-Verleihung beides verspürt haben. (Bild: Frazer Harrison/Getty Images)

Dass das Rassismus-Drama “Green Book” bei den diesjährigen Oscars als bester Film ausgezeichnet wurde, stieß bei vielen auf Unverständnis. Doch niemand war so sauer über die Auszeichnung wie Spike Lee.

Lees hochgelobtes Drama “BlacKkKlansman” war ebenfalls in der Kategorie “Bester Film” nominiert, letztendlich ging der Regisseur jedoch nur mit einem Preis für das beste adaptierte Drehbuch nach Hause. Als diese Auszeichnung für “BlacKkKlansman” verlesen wurde, konnte Lee seine Freude kaum im Zaum halten und sprang in die Arme seines langjährigen Freundes Samuel L. Jackson.

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Spike Lee wollte türmen

Die gute Laune hielt jedoch nicht lange an: Wie die Nachrichtenagentur “The Associated Press” berichtet, saß ein “sichtbar wütender” Spike Lee im Publikum, als bekanntgegeben wurde, dass “Green Book” den Preis für den besten Film gewonnen hatte. Er “wedelte angeekelt mit den Händen und versuchte, das Theater zu verlassen”, heißt es. Das Personal habe ihn jedoch an den Türen zurückgehalten, sodass er bald darauf auf seinen Platz zurückkehrte.

Da war noch alles in Ordnung: Spike Lee freut sich mit Samuel L. Jackson über seine Oscar-Auszeichnung. (Bild: Kevin Winter/Getty Images)
Da war noch alles in Ordnung: Spike Lee freut sich mit Samuel L. Jackson über seine Oscar-Auszeichnung. (Bild: Kevin Winter/Getty Images)

Nach der Preisverleihung hatte sich der Regisseur wieder etwas beruhigt, machte aus seinem Frust jedoch keinen Hehl: “Ich bin verflucht”, scherzte er während der anschließenden Pressekonferenz. “Ich meine, jedes Mal, wenn jemand irgendwen fährt, verliere ich. Aber sie haben die Sitzverteilung geändert!”

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Spike Lee musste schon einmal zurückstecken

Damit spielte Lee auf die Oscar-Verleihung 1990 an, bei der sein Film “Do the Right Thing” leer ausging, während “Miss Daisy und ihr Chauffeur” mehrere Preise abräumte. Der Film handelt von einer wohlhabenden weißen Frau und ihrem schwarzen Chauffeur. Nun also hat Lee gegen “Green Book” verloren, in dem ein Weißer den afroamerikanischen Pianisten Don Shirley auf Tour herumfährt. Auf seine Reaktion während der Preisverleihung angesprochen, erwiderte Spike Lee lediglich “Nächste Frage!”

“In einer Welt, in der ‘Green Book’ den Preis für den besten Film gewinnt, sei Spike Lee.”

Auch wenn verletzter Stolz hier sicherlich eine Rolle gespielt haben dürfte, ist der 61-Jährige, der sich seit Jahren gegen Rassismus engagiert, nicht der Einzige, den der Erfolg von “Green Book” verärgert. Nach seiner Veröffentlichung stand das Drama vermehrt wegen seiner unzeitgemäßen und verklärten Darstellung von Rassismus und ethnischen Klischees in der Kritik.

Wie “The Associated Press” berichtet, verweigerten mehrere Anwesende “Green Book” den Applaus, darunter Schauspieler und Regisseur Jordan Peele. Und auch im Netz ist man wenig begeistert:

“Chadwick Boseman, als ‘Green Book’ gewann, LMAO”

“Bei allem Respekt für ‘Green Book’, aber viele von uns in der schwarzen Community hätten bei den Oscars lieber eine höhere Anerkennung von Filmen über die Erfahrungen Schwarzer gesehen als nur Filme, die die Erfahrungen Schwarzer angenehm für ein weißes Publikum machen.”

“Das Lustige an dem ‘Green Book’-Sieg ist, dass ziemlich sicher Hunderte alter weißer Männer in der Academy dafür gestimmt haben, weil sie dachten, dass es eine kraftvolle Botschaft gegen Trump senden würde.”

“Green Book (2018)”

“Zwischen Liebe und Hass”

Spike Lee nutzte seine Dankesrede für den Drehbuch-Oscar gewohnt politisch: Anlässlich des Black History Month schaute er auf die Geschichte der Sklaverei in den USA zurück, um schließlich für die Präsidentschaftswahlen 2020 zu mobilisieren. “Lasst uns auf der richtigen Seite der Geschichte stehen. Trefft die moralische Entscheidung zwischen Liebe und Hass”, erklärte der Filmemacher, der mit stehenden Ovationen empfangen wurde.

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