Eine Frau als James Bond 007? Das wäre eine falsche Entscheidung!

Daniel Craig im Jahr 2015 bei einer Pressekonferenz zu “James Bond 007: Spectre” in Peking (Bild: AP Photo/Mark Schiefelbein)
Daniel Craig im Jahr 2015 bei einer Pressekonferenz zu “James Bond 007: Spectre” in Peking (Bild: AP Photo/Mark Schiefelbein)

Die Ära Daniel Craig als James Bond neigt sich bald dem Ende zu. Schon fordern verschiedene Lager von den Produzenten mehr Wagemut bei der Suche nach dem Nachfolger. Einige wollen endlich einen dunkelhäutigen James Bond sehen, andere plädieren für eine weibliche Agentin 007. Ich meine: Eine Frau in der Rolle James Bonds wäre der falsche Weg.

Ein Kommentar von Willy Flemmer

Es ist mal wieder an der Zeit für eine James-Bond-Debatte. Anlässe für Diskussionen gibt es ja viele. Man kann sich zum Beispiel darüber auslassen, wie chaotisch es schon im Vorfeld und wohl auch während der vorgestern in Jamaika gestarteten Dreharbeiten von “Bond 25” zuging bzw. zugeht. Wie diverse Filmemacher, darunter der Regisseur Danny Boyle, aufgrund kreativer Differenzen ihren Posten räumen mussten. Wie dem Hauptdarsteller Daniel Craig die Rolle des 007 ganz offenbar zum Halse raushängt. Oder man greift einmal mehr die größte Kontroverse um die Filmreihe auf, die zuletzt fast zum Erliegen gekommen war, nämlich die Frage: Mit welchem Schauspieler soll James Bond nach der Ära Craig besetzt werden?

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Öl ins Feuer war diesbezüglich zuletzt im Zuge der Me-Too-Bewegung und des Hashtag-Feminismus’ mit dem Vorschlag gegossen worden, die Rolle vielleicht doch endlich mit einer Frau zu besetzen. Auch in dieser Frage dürfte es so viele Befürworter geben wie Gegner. Wie sinnvoll oder sinnlos dieser Schritt wäre, darüber wird derzeit offensichtlich auch lebhaft hinter den Kulissen der Bond-Schmiede, also in den Etagen von MGM debattiert. Wie und wo dort ungefähr die Frontlinie verläuft, konnten wir die Tage recht deutlich sehen. Das eine Lager wird offenbar von Daniel Craig angeführt, das sich in seiner Haltung gegen den Produzentenstab um Barbara Broccoli und Michael G. Wilson positioniert hat.

Daniel Craig hätte nichts gegen eine weibliche Agentin 007 (Bild: AP Photo/Leo Hudson)
Daniel Craig hätte nichts gegen eine weibliche Agentin 007 (Bild: AP Photo/Leo Hudson)

Daniel Craig gegen die “James Bond”-Produzenten

Dass Craig für eine progressive Besetzungspolitik im Fall der “James Bond”-Reihe ist, brachte der britische Schauspieler zuletzt in einem Interview klar zum Ausdruck. Er sei sowohl für einen dunkelhäutigen Bond als auch einen weiblichen, verriet er dem britischen Boulevardblatt Mirror. Sein Argument: “Jeder sollte dafür in Betracht gezogen werden. Auch für Frauen und Afroamerikaner sollte es große Rollen geben, generell.”

Für einen Wandel hin Richtung aufgeschlossenere Gesinnung im Allgemeinen und eine mutigere Besetzungspolitik in der Filmbranche im Besonderen sind die “James Bond”-Produzenten sicher auch. Selbst für eine Weiterentwicklung der Bond-Reihe plädieren Broccoli und Wilson. Sie können sich sogar einen dunkelhäutigen 007 vorstellen. Die rote Linie sehen sie aber mit einer Jane Bond überschritten. “Bond ist als Mann konzipiert, das wollen wir nicht ändern”, sagt Wilson im Interview mit dem Spiegel. Außerdem sei Bond ein Brite, ansonsten würde es “keine Festlegungen” geben. Hautfarbe spiele “in jedem Fall keine Rolle”, so der Produzent.

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Seine Kollegin Broccoli pflichtet ihm nicht nur bei, sie stellt gleich auch noch den aktuellen Trend in Frage, bei Remakes, Neuauflagen und Neuverfilmungen die Männerrollen eines Originals in Fraucharaktere zu verwandeln. “Mir ist es lieber, wenn Frauen originelle Figuren für Frauen schreiben”, sagt sie in demselben Gespräch.

Die Produzenten der “James Bond”-Reihe: Barbara Broccoli und Michael G. Wilson (Bild: Joel Ryan/Invision/AP)
Die Produzenten der “James Bond”-Reihe: Barbara Broccoli und Michael G. Wilson (Bild: Joel Ryan/Invision/AP)

Nun sind Aussagen von Filmproduzenten zu ihren Projekten durchaus mit Vorsicht zu betrachten. Weil ihr Idealismus, den ihnen niemand absprechen wird, schon mal gerne ihren Pragmatismus verschleiern kann. Produzenten dürfen schließlich nicht nur künstlerisch denken, sondern auch das Geschäft im Blick haben. Wenn Broccoli und Wilson also gegen eine Frau als 007 plädieren, dann sicher auch mit dem Hintergedanken, dass eine Jane nicht so viele Zuschauer in die Kinos locken würde wie ein James. Die “James Bond”-Filme sind eben auch Actionfilme, und das Genre ist ein Terrain, auf dem sich noch immer mehr männliche Kinobesucher aufhalten.

Respekt vor dem geistigen Schöpfer

Wo Broccoli und Wilson aber Recht haben, da haben sie Recht. Die Produzenten haben in dem genannten Interview Argumente angeführt, die schwer zu widerlegen sind. Tatsächlich darf und sollte das James-Bond-Konzept interpretatorisch aufgekratzt werden. Zu welch interessanten Ergebnissen kreative Freiheit im Fall der Agenten-Reihe führen kann, zeigte seinerzeit schon die Neubesetzung der Hauptrolle mit Daniel Craig, dessen rauer und kerniger Bond sich von den charmant-eleganten und Süßholz raspelnden Agenten von Sean Connery und Roger Moore abgrenzt. Auch ist Wilson zur Frage der Hautfarbe zuzustimmen, die im Fall von James Bond “keine Rolle” spielen sollte. Bond aber als Frau – dieser kreativer Eingriff wäre doch ein zu großer, der sich gegenüber dem originalen künstlerischen Konzept des Bond-Schöpfers Ian Fleming fast schon als ignorant ausnehmen würde.

Léa Seydoux und Ana de Armas sind die Bond-Girls im 25. “James Bond”-Abenteuer. Würde es im Falle eines weiblichen Agenten 007 einen oder mehrere Bond-Boys geben? (Bild: AP Photo/Leo Hudson)
Léa Seydoux und Ana de Armas sind die Bond-Girls im 25. “James Bond”-Abenteuer. Würde es im Falle eines weiblichen Agenten 007 einen oder mehrere Bond-Boys geben? (Bild: AP Photo/Leo Hudson)

Auch ist es fraglich, ob mit einem weiblichen Bond für die Gleichberechtigung der Geschlechter in der Filmbranche etwas gewonnen wäre. Hier ist Broccoli zuzustimmen, die zu Recht lieber “originelle Figuren für Frauen” fordert, gerne auch geschrieben von Drehbuchautorinnen, anstatt Schauspielerinnen in Second-Hand-Rollen zu stecken. Das gilt auch für den hoffentlich bald überwundenen Trend, in Remakes die männlichen Rollen eines Originals durch weibliche zu ersetzen, hinter dem eh weniger der Wille steckt, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, als der Wunsch der Filmstudios, einen erfolgserprobten Stoff noch einmal gewinnbringend zu vermarkten.

Frauen können auch anders als Action

Und überhaupt: Starke Frauenfiguren müssen doch nicht zwangsläufig Action-Heldinnen sein. Auch um der Glaubwürdigkeit willen nicht. Wollen wir wirklich noch mehr Actionspektakel sehen über geistig zwar brillante, körperlich aber – vergleichsweise – schmächtige Frau wie, sagen wir: eine Lisbeth Salander aus einem Film namens “Verschwörung”, die selbst die brutalsten Schergen-Schränke vermöbelt? Oder sollten wir vielleicht doch von den Filmemachern lieber Frauencharaktere einfordern, die die Fähigkeiten und die Möglichkeiten einer Frau auf originelle, respektvolle und glaubwürdige Wiese repräsentieren? In den Fragen stecken bereits die Antworten.