Was wurde aus “Eis am Stiel”?

Wenn man heute die Filme der „Eis am Stiel"-Reihe als reine Teenager-Klamotten abheftet, tut man - zumindest den frühen Teilen - Unrecht. Als 1977 die erste Produktion um die sexuellen Nöte der drei Teenager Benny (Jesse Katzur), Johnny (Zachi Noy) und Momo (Jonathan Sagall), die im Tel Aviv der 50er-Jahre aufwachsen, in den Kinos gezeigt wurde, war ein solches Thema durchaus mutig. Vor allem aber war's nicht schlecht: „Laut, frech, entwaffnend offen; ‚American Graffiti' auf israelisch", schrieb etwa das „Lexikon des Internationalen Films" über den ersten Teil, den man durchaus in einem Atemzug mit Genre-Klassikern wie „American Pie" nennen kann.

Doch aus dem Film wurde eine Reihe. Acht Teile wurden über eine Zeitraum von insgesamt elf Jahren gedreht und es liegt in der Natur der Sache, dass irgendwann die Spannung verloren ging: Die Protagonisten, aber auch die Hauptdarsteller wurden älter, der anfangs noch spontan und witzig wirkende Mix aus Soft-Erotik und Coming-of-Age-Komödie zeigte spätestens ab dem vierten Teil deutliche Abnutzungserscheinungen. Aber was wurde aus den Stars von damals?

Zachi Noy
Es ist noch gar nicht lange her, dass Zachi Noy, der bei „Eis am Stiel" den dicken Johnny spielte, im deutschen Fernsehen zu sehen war - und sich anschließend bitterböse beschwerte. Bei „Das Supertalent 2010" kam er für einen fragwürdigen Auftritt auf die Bühne, und es sah durchaus so aus, als würde er an dem Casting-Format als Bewerber teilnehmen. Die Jury winkte ihn weg, das Publikum war irritiert bis amüsiert, Noy kam sich veräppelt vor. Er fühle sich, so sagte er, von RTL reingelegt. In der Tat ist Noy aus seiner Heimat eine etwas bessere Behandlung gewohnt. Hier ist der 57-Jährige immer noch ein Star, der nicht nur mit „Eis am Stiel" in Verbindung gebracht wird. Zachi spielte in Musicals, Theaterstücken für Kinder und TV-Produktionen. Für die Anwalts-Serie „Ramat Aviv Gimmel" bekam er mehrere Auszeichnungen. Von der Reihe, die ihn zum Star machte, bleibt er ein Fan: „Es ist wie bei den Chaplin-Filmen: Du kannst sie immer und immer wieder anschauen, ohne dass sie langweilig werden", sagte er selbstbewusst in einem Interview über "Eis am Stiel".

Jesse Katzur
Katzurs Leben ist im Prinzip das Gegenteil von dem seines Freundes Zachi: Nachdem mit „Summertime Blues" 1988 der letzte Teil von „Eis am Stiel" abgedreht war, verabschiedete er sich fast völlig aus dem Schauspielgeschäft. 1998 zog es ihn mit der Independent-Produktion „Gentila" zurück auf die Leinwand, das Charakterspiel gewann den angesehenen Haifa Film Festival Award. An sich operiert Katzur jedoch inzwischen lieber hinter der Kamera. Der heute 52-Jährige studierte nach dem Ende der „Eis am Stiel"-Reihe Film mit Schwerpunkt Drehbuchschreiben in Tel Aviv, gründete einen Verlag und arbeitet als Produzent.

Jonathan Sagall
Mit 17 Jahren war Jonathan Sagall der jüngste „Eis am Stiel"-Hauptdarsteller. Gleichzeitig war der Sohn einer Theaterdarstellerin, der in den Filmen den schönen und erfolgreichen Momo spielt, vielleicht der beste und vielschichtigste Schauspieler, den die Macher der Reihe für sich gewinnen konnten. So spielte er in einigen anspruchsvollen Independent-Produktionen mit, etwa in „Nagu'a" (1983), wo er einen schwulen Regisseur in einer Identitätskrise gab - den Film drehte sein damaliger Lebensgefährte Amos Guttman. Nach dem Ende von „Eis am Stiel" tat er sich zunächst schwer, geeignete Rollen zu finden und konzentrierte sich auf das Theater. Außerdem arbeitete er als Drehbuchautor bei der israelischen Version der „Sesamstraße". Einem größeren Publikum zeigte er sich nur noch einmal: 1993 spielte der heute 52-Jährige in Steven Spielbergs Drama „Schindlers Liste" den Juden Leopold Pfefferberg. 2011 könnte sein Jahr werden: Sein neuer Spielfilm „Lipstikka" erntete beste Kritiken und war unter anderem bei der Berlinale zu sehen.

Anat Atzmon
Eines der Ur-Girls aus „Eis am Stiel" - und gleichzeitig eine der wenigen Darstellerinnen aus Israel. Die meisten ihrer Kolleginnen bzw. Nachfolgerinnen kamen aus Deutschland oder Österreich. Für das Kind einer Schauspieler-Familie war die Rolle der kessen Nili im ersten „Eis am Stiel"-Film das Debüt, es folgten eine Reihe weiterer Produktionen, meist fürs Fernsehen. Nebenher zeigte die 52-Jährige Talent als Sängerin: Dreimal nahm sie am israelischen Vorentscheid zum „Eurovision Song Contest" teil.

Sibylle Rauch
Die heute 50-jährige Sibylle Rauch ist die wohl tragischste Figur des „Eis am Stiel"-Ensembles. Allerdings war sie schon, als sie im dritten „Eis am Stiel"-Film „Liebeleien" debütierte, eher Erotik-Darstellerin als Schauspielerin. Mitte der 80er-Jahre hatte man sie in vielen Hardcore-Pornofilmen gesehen. Teresa Orlowski, damals eine der Schlüsselfiguren der Szene, kaufte sie 1987 für den Porno-Zweiteiler „Born For Love" ein, angeblich für 100.000 Mark Gage. TV- oder Kino-Rollen bekam sie danach kaum mehr angeboten, stattdessen rutschte sie ab. Schlagzeilen machte sie immer wieder - Ende der 90er-Jahre mit einem Selbstmordversuch und Berichten über Drogensucht, später durch ihre angebliche Arbeit in Bordellen, zunächst im österreichischen Klagenfurt, später in Wien.

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Bild: wikipedia/fotofuxx

Bea Fiedler
Auch in Bea Fiedlers Leben lief in den letzten Jahren einiges schief. Das ehemalige Playboy-Model, das in „Eis am Stiel"-Filmen wie „Hasenjagd" (1982) und „Ferienliebe" (1985) sowie in eher seichten Klamotten wie „Sunshine Reggae auf Ibiza" zu sehen war, sorgte zuletzt 1993 für Schlagzeilen, als sie behauptete, der damalige Kronprinz Albert von Monaco sei der Vater ihres Kindes. Der Vaterschaftstest war allerdings negativ. Unlängst feierte sie bei „RTL Explosiv" ein fragwürdiges Comeback: „Ich bin grottenallein. Wenn ich meinen Kater nicht hätte - keine Ahnung", sagte die 53-Jährige über ihr Leben in einer Einzimmerwohnung im fränkischen Erlangen. Mit den Worten „Ich habe mich für euch jahrelang nackig gemacht. Jetzt seid ihr dran!" bat sie ihre Fans von früher um finanzielle Unterstützung. Fiedler ist arbeitslos und lebt von Sozialhilfe.

Christine Zierl (Dolly Dollar)
Auch Christine Zierl war trotz ihrer Ausbildung an Ballett- und Schauspielschule zunächst in einigen Erotik- und Softporno-Produktionen zu sehen. Eine davon war 1984 „Die große Liebe", der fünfte Teil der „Eis am Stiel"-Saga. Ihr Künstlername „Dolly Dollar" erwies sich irgendwann als Fluch - so ist Christine Zierl heute wieder unter ihrem echten Namen unterwegs. Damit fährt die 48-jährige gebürtige Münchnerin, die ihren Nachnamen aus der vergangenen Ehe mit Schauspieler Helmut Zierl behalten hat, durchaus gut, ist immer wieder in TV-Rollen, vor allem aber bei Promi-Events zu sehen. Momentan versucht sie sich an einem zweiten Standbein, arbeitet an verschiedenen Drehbüchern für ARD und ZDF.

Leonard Lansink
Eine genauer Blick auf die männliche Besetzungsliste von "Eis am Stiel" lohnt sich. So findet sich in „Verliebte Jungs", dem siebten Teil der „Eis am Stiel"-Reihe, der Name Leonard Lansink. Der war 1987, als der Streifen abgedreht wurde, noch ein leidlich erfolgreicher Theaterschauspieler, der, was Fernsehen und Kino anging, vor allem Nebenrollen auf der Uhr hatte. Heute ist Lansink, 55, ein profilierter TV-Darsteller. In der ZDF-Krimireihe „Wilsberg" spielt er den gleichnamigen Antiquar und Privatermittler und fährt regelmäßig gute Quoten ein.

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