3 Filme, die Sie gesehen haben sollten: Meryl Streep

Dreißig Jahre ging das immer wieder so bei den Oscars, es wurde schon fast zu einer Tradition: Eine fassungslose junge Frau nimmt einen Academy Award als Beste Darstellerin entgegen und stammelt unter Tränen, dass sie es nicht glauben kann, überhaupt neben Meryl Streep nominiert gewesen zu sein. Die Dauer-Verliererin wiederum sitzt quietschvergnügt im Publikum und winkt geschmeichelt ab. Ganze Generationen von Darstellerinnen huldigten so ihrem Vorbild. Warum die Streep immer so cool blieb? Weil auch sie weiß, was der Rest der kinogehenden Menschheit weiß: SIE ist die allergrößte lebende Schauspielerin, konkurrenzlos. Dieses Jahr war es endlich mal wieder an der Zeit, die Allergrößte auszuzeichnen: Mary Louise Streep, am 22.6. 1949 in New Jersey geboren, darf sich jetzt über drei Oscars freuen: schon 1979 hatte sie als Beste Nebendarstellerin im Scheidungs-Rührstück „Kramer gegen Kramer" gewonnen, 1982 für „Sophies Entscheidung", 2012 für „Die Eiserne Lady".

Meryl Streep und ihr Oscar für "Die Eiserne Lady" (Bild: ddp-images)
Meryl Streep und ihr Oscar für "Die Eiserne Lady" (Bild: ddp-images)

Ganz nebenbei hat sie bis heute auch schon acht Golden Globes eingesammelt. Von Skandalen oder peinlichen Auftritten der Amerikanerin, die seit 1978 mit dem Bildhauer Don Gummer verheiratet ist (die beiden haben vier Kinder), ist nichts bekannt. Berühmt-berüchtigt ist nur ihr frappierendes Talent, sich für Rollen die verschiedensten Akzente anzueignen, von Englisch mit dänischem Einschlag („Jenseits von Afrika") über Deutsch mit polnischem Akzent (in „Sophies Entscheidung") bis zu lupenreinem Oxford English wie in „Die Eiserne Lady". Es lohnt sich also, ihre Filme im Original anzusehen. Hier sind drei ihrer besten:

Sophies Entscheidung (1982)
Horror braucht keine Alptraum-Monster und kreischende Blondinen. Manchmal reichen auch einfach Menschen, die ihre Lebensgeschichten erzählen, um das Blut schockgefrieren zu lassen. „Sophie's Choice" nach dem gleichnamigen Roman von William Styron handelt von Stingo, einem jungen Schriftsteller vom Land (gespielt vom späteren „Ally Mc Beal"-Star Peter MacNicol), der sich im Nachkriegs-New York mit einem jüdischen Pärchen befreundet: der Holocaust-Überlebenden Sophie (Streep) und ihrem schizophrenen Liebhaber Nathan (Kevin Kline). Im Laufe ihrer Freundschaft erzählt Sophie dem unbedarften Stingo immer mehr über ihre Vergangenheit in Polen: Anfangs belügt sie ihn; erst ganz am Ende, die beiden haben inzwischen eine Affäre begonnen, reden von Ehe und Kindern, bricht die ganze Wahrheit aus ihr heraus - schließlich auch über jene titelgebende Entscheidung im KZ Auschwitz. Wer den Film oder das Buch noch nicht kennt, dem sei nicht verraten, worum es dabei ging. Es gibt sowieso keine Worte dafür.

Streeps beängstigend kontrollierte Performance katapultierte sie schon mit Anfang 30 in die Hepburn/Taylor-Liga der ganz großen Hollywood-Ikonen. Auch Newcomer Peter MacNicol und Komödien-Spezialist Kline ganz exzellent. Alan J. Pakula („Die Unbestechlichen", „Die Akte"), sowieso ein Meister der klaustrophobischen Suspense, inszenierte ganz ohne dramatische Effekthascherei mit größtmöglicher Ruhe - gerade das macht den Film so brutal.

Meryl Streep mit Kevin Kline (l.) und Peter MacNicol in "Sophies Entscheidung"
Meryl Streep mit Kevin Kline (l.) und Peter MacNicol in "Sophies Entscheidung"

Ihre größten Rollen:Meryl Streeps Karriere in Bildern

Grüße aus Hollywood (1990)

Dass die hin und wieder etwas unterkühlt wirkende Super-Schauspielerin auch einfach mal Vollgas geben kann vor der Kamera — und dabei richtig Spaß hat! — das zeigte sie in einer Reihe von Komödien in den späten 80ern und frühen 90ern: „Die Teufelin", „Der Tod steht ihr gut" oder auch: „Grüße aus Hollywood". Die fulminante Showbiz-Abrechnung stammt aus der Feder von Schauspielerin Carrie Fisher („Star Wars"), die als Tochter der Hollywood-Legenden Eddie Fisher und Debbie Reynolds ihre Erfahrungen gemacht hat mit Über-Eltern und der Sucht nach Ruhm, Drogen und Anerkennung. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist in dieser Story also absolut beabsichtigt.

Die kokain- und pillenabhängige Aktrice Suzanne Vale bekommt von der Produktionsfirma ihres nächsten Films eine besonders harte Kontrollmaßnahme aufgebrummt: Sie muss während der Dreharbeiten bei ihrer Mutter leben — Doris Mann (Shirley MacLaine), früherer Kino-Star, passionierte Egozentrikerin und Trinkerin. Streep und MacLaine im wortgewaltigen Mutter-Tochter-Krieg zu erleben ist natürlich das größte Vergnügen an diesem Film, aber nicht das einzige: Regisseur Mike Nichols („Die Reifeprüfung") zerlegt quasi im Vorbeigehen diverse Hollywood-Mythen, verrät die alltäglichen Zauber-Tricks der Traumfabrik — und lässt seine Darsteller, darunter auch ein fantastischer Gene Hackman als mitfühlender Regisseur, strahlen. So locker und aufgedreht wie hier war die Streep nie wieder. Okay, zumindest bis „Mamma Mia".

Mutter-Tochter-Duell: Streep (l.) und Shirley MacLaine (Bild: ddp-images)
Mutter-Tochter-Duell: Streep (l.) und Shirley MacLaine (Bild: ddp-images)


The Hours (2002)

Schnelldurchlauf für jeden, der diesen Film noch nicht kennt — inklusive der Aufforderung, dies baldmöglichst zu ändern: Die schwer depressive Virginia Woolf (Nicole Kidman) schreibt in einem Londoner Vorort der 1920er ihren Roman „Mrs. Dalloway", den Jahrzehnte später eine nur scheinbar perfekte Bilderbuch-Hausfrau (Julianne Moore) im Nachkriegs-Los Angeles liest, deren Sohn (Ed Harris) schließlich fünfzig Jahre später in New York HIV-krank dahinsiecht und von seiner besten Freundin (Streep) gepflegt wird. Lustiges Popcorn-Kino also.

Natürlich ist „The Hours" Nicole Kidmans großer Moment. Ihre Oscar-prämierte Darstellung wäre auch ohne die komische aufgeklebte Nase unvergesslich. Aber im Kopf hängen bleibt genauso Meryl Streep als Mrs.Dalloway-Inkarnation im heutigen New York. Eine wohlhabende Lektorin, die man mit ständigem Frosch im Hals dabei beobachtet, wie sie eine Party organisiert; DIE Party - als könne als das Organisieren, Planen, Einkaufen und Putzen den Tod ihres geliebten Freundes fernhalten, die zerfasernde Beziehung mit ihrer untreuen Lebensgefährtin (Alison Janney) vergessen machen, ihr die entfremdete Tochter (Claire Danes) näher bringen. Bewegend. Außerdem hat kein Mensch jemals mit soviel Klasse und Style Gummi-Putzhandschuhe getragen wie Meryl Streep in „The Hours".

Auch in Nebenrollen unvergesslich: Streep mit Jeff Daniels in "The Hours" (Bild: ddp-images)
Auch in Nebenrollen unvergesslich: Streep mit Jeff Daniels in "The Hours" (Bild: ddp-images)


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