Europäischer Filmpreis: “Melancholia” ist bester Film

Lars von Trier gewinnt, kommt aber lieber nicht. Anke Engelke verkleidet sich als Braut. Gastgeber Wim Wenders ist ahnungslos. Eindrücke vom 24. Europäischen Filmpreis in Berlin:

Das Festival von Cannes hat ihm wegen seiner missglückten Hitler-Witze Hausverbot erteilt. Aber für die Filmwelt bleibt der skandalumwitterte dänische Regisseur Lars von Trier ein Genie. Sein Endzeitdrama "Melancholia" gewann beim 24. Europäischen Filmpreis in Berlin drei Trophäen: als bester Film, für die Kamera und das Szenenbild. "Pina" von Wim Wenders setzte sich in der Kategorie Dokumentarfilm durch - ein Trostpflaster für die Deutschen. Diese waren bei der Gala am Samstag im Berliner Tempodrom zwar auf dem roten Teppich stark vertreten, aber nicht auf der Leinwand.


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Ähnlich wie bei Vorjahressieger Roman Polanski fehlte auch diesmal mit von Trier die Hauptperson des Abends. Der 55-Jährige hält sich seit Cannes mit solchen Auftritten zurück. Mit gleich acht Nominierungen war "Melancholia" der große Favorit. Es blieb aber eine zweieinhalb Stunden lange Zitterpartie, bis von Triers Frau Bente Frøge stellvertretend den Hauptpreis annehmen durfte.

Sie sagte, ihr Mann habe keine Nachricht für die Gäste der Gala: "Weil er beschlossen hat, keine Statements mehr abzugeben." Aber sie solle dem Publikum freundlich zuwinken. "Er ist sehr glücklich", erzählte Frøge nach der Show.

Aber der Reihe nach. Zum Auftakt schwebte Moderatorin Anke Engelke als Braut verkleidet auf die Bühne, eine Anspielung auf Kirsten Dunst in "Melancholia". Passend zu den düsteren Filmen des Jahres stellte Engelke fest, man sollte diese Saison seinen Therapeuten mit ins Kino nehmen.

Von Triers Hauptdarstellerinnen wurden später von Arthouse-Königin Tilda Swinton ausgestochen. Die Schottin ("We need to talk about Kevin") bekam den Preis für ihre Rolle einer Mutter, die damit klarkommen muss, dass ihr Junge Amok gelaufen ist. Der Regiepreis ging an die starke dänische Filmfraktion: Susanne Bier holte für ihr Sozialdrama "In einer besseren Welt" bereits den Auslands-Oscar.

Der 85 Jahre alte Franzose Michel Piccoli war für Nanni Morettis "Habemus Papam" nominiert. Die Europäische Filmakademie wollte einen ihrer großen Stars anscheinend auf keinen Fall leer ausgehen lassen, holte ihn auf die Bühne und verneigte sich mit einem spontanen Sonderpreis.

Bester Schauspieler wurde Oscarpreisträger Colin Firth, der stotternde König aus "The King's Speech". Der Brite ließ ausrichten: "Innerlich tanze ich gerade!" Sein Landsmann Stephen Frears ("The Queen") gab philosophische Einblicke, als er für sein Lebenswerk geehrt wurde. "Ich mache fröhliche Filme, weil ich das Elend nicht mehr aushalte."

Wenders war als Präsident der Filmakademie nicht nur Gastgeber, sondern fieberte auch mit. Er sei ahnungslos wie alle anderen Nominierten, versicherte er. Als Wenders schließlich den Preis gewann, raufte er sich aufgeregt die grauen Künstlerlocken. "Ich bin Pina Bausch sehr, sehr, sehr dankbar."

Vielleicht war es für ihn eine Einstimmung auf die Oscar-Verleihung, wo die 3D-Hommage an die 2009 gestorbene Choreografin Pina Bausch gleich in zwei Kategorien starten könnte. Eine Tänzerin aus Bauschs Wuppertaler Ensemble sagte, der Film sei ein großer Trost gewesen. "Pina, du fehlst uns!"

Die Mehrheit der 2500 Mitglieder der Filmakademie hielt "Melancholia" für den besten Film des Jahres. Seine Bühnenpatin Nina Hoss nannte ihn ein "Meisterwerk". Schon 1996 und 2000 hatte von Trier mit "Breaking The Waves" und "Dancer In The Dark" seine europäischen Kollegen überzeugt. Den Wirbel um von Triers Äußerungen in Cannes ("Ich bin ein Nazi") scheinen viele überzogen zu finden. Regisseur Volker Schlöndorff sagte: "Das ist, glaube ich, ganz anders gemeint gewesen."

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