„Melancholia” – Psychoanalyse und Untergang
Worum es geht
Über die seelischen Abgründe der Menschen und das Ende der Welt: Während Justine (Kirsten Dunst) und Michael (Alexander Skarsgard) ihre Hochzeit mit einem rauschenden Fest feiern, nähert sich der bedrohliche Planet Melancholia der Erde. Ein letztes Mal tanzt die Hochzeitsgesellschaft auf dem Landsitz von Claire (Charlotte Gainsbourg) und John (Kiefer Sutherland) — Schwester und Schwager der Braut. Kurze Zeit später wird die Erde untergehen. Während des Wartens auf den unvermeidbaren Untergang werden die zwei unterschiedlichen Schwestern porträtiert. Justine hat Probleme damit ihren Platz in der Welt zu finden, ihre Schwester hingegen hat mit ihrer kleinen Familie alles, was sie sich wünscht. Diese Unterschiedlichkeit spiegelt sich auch in den Ansichten über das Sterben der Erde und somit der Menschen wieder…
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Emotional schonungsloses Drama
Der umstrittene Regisseur Lars von Trier zeigt in seinem emotional schonungslosen Drama „Melancholia" eine Variante, wie die Welt untergehen könnte und blickt gleichzeitig tief in die Abgründe der Menschen. Mit einer bildgewaltigen Szene — einer Art Prolepse in einzelnen kurzen Sequenzen — wird der dramatische Film eröffnet und der Zuschauer auf das Ende eingestimmt. Daran angeschlossen folgen zwei große Teile mit den Titeln „Justine" und „Claire". Psychoanalytisch werden beide Schwestern tiefgründig porträtiert. Die Melancholikerin Justine fühlt sich in der Welt verloren, findet ihren Platz nicht. Ihre Hochzeit mit Michael scheint ein letzter Rettungsanker zu sein. Doch auch dieser bindet sie nicht an die Gesellschaft. Der riesige Planet Melancholia scheint für Justine die Erlösung zu bringen: Das Verschwinden der Erde.
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Kirsten Dunst brilliert in der Rolle der manischen Schwester, sie lebt geradezu diese Person vor unseren Augen und erspielt dem Zuschauer einen Zugang ins Innerste der Figur: Ängste und Leiden werden erleb- und spürbar. Im Kontrast steht ihre Schwester, die ihren Platz in der Welt gefunden hat. Das Sterben der Gesellschaft ist ihre größte Angst, ihre Ordnung soll bestehen bleiben. „Ich denke, dass Justine sehr mir selbst entspricht. Sie basiert zu weiten Teilen auf meiner Person und meinen eigenen Erfahrungen mit Prophezeiungen vom Jüngsten Tag und Depression. Claire dagegen sehe ich eher als… ganz normalen Menschen", so Lars von Trier über die Hauptfiguren seines neuen Films.
Apollinisch-Dionysisches Prinzip
„Melancholia" ist ein vielschichtiges Meisterwerk: Basierend auf dem Apollinisch-Dionysischen Prinzip beschreibt Lars von Trier das Ende der Welt. Die Ordnung der Gesellschaft — widergespiegelt in der Figur und den gesitteten Lebensumständen von Claire — wird durch die Rauschhaftigkeit auf den Kopf gestellt. Am Ende steht der Untergang des lasterhaften Lebens, das alles mit sich zieht. Auf der Hochzeitsfeier treffen die apollinischen und dionysischen Eigenschaften aufeinander: Der Rausch, die Lust und das Wilde stehen dem Maß und der Ordnung gegenüber. Justine steht für die Sünde. Noch in der Hochzeitsnacht liebt sie einen fremden Mann im Freien, während ihre Schwester Claire versucht den Schein einer heilen Familie auf der Feier zu wahren. Die Szene der feiernden Hochzeitsgesellschaft erinnert stark an den dänischen Kultfilm „Das Fest" der Gruppe Dogma 95. Auch Lars von Trier bringt das Gute und Böse einer Familie zusammen, dargestellt durch Handkameras, Schärfenverlagerungen und amateurhaften Bildern.
Prädikat besonders sehenswert!
Lars von Trier ist ein Meister seines Fachs und ein erneuter Beweis dafür ist in nun in den Kinos zu sehen: „Melancholia" — Psychoanalyse, Melancholie, Liebe: Ein intimes Drama über den Untergang der Welt, das berührt und bewegt. Dieser Film lässt keinen so schnell los. Prädikat besonders sehenswert!
Bilder: Concorde