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Wotan Wilke Möhring gewinnt vorletztes "Tatort"-Voting

Das vorletzte "Tatort"-Voting bringt den ersten Sieg für Wotan Wilke Möhring und Ex-Partnerin Petra Schmidt-Schaller. Ihre Urlaubs-Ermittlung aus dem Jahr 2013 zeigt zwar - passend zum Sommer - den Strand. Gute Laune verbreitet der Fall aber nicht. Und das nicht nur, weil der Plot im Winter spielt.

Offenbar wirken Filmtitel, die mit "Meer" zu tun haben, momentan ziemlich gut beim Wahlvolk. Das könnte durchaus der großen Hitze in den vergangenen Tagen und Wochen geschuldet sein. Jedenfalls siegte nach "Borowski und das Meer" in der Vorwoche nun schon wieder ein nordischer "Tatort" beim sonntäglichen Voting, der die See (fast) schon im Titel trägt. "Mord auf Langeoog" bedeutete 2013 Einsatz Nummer zwei für das eigentlich in Hamburg eingeführte "Tatort-Team Wotan Wilke Möhring und Petra Schmidt-Schaller. Doch weil mit Til Schweiger ein zweiter Hamburg-Ermittler den Dienst aufgenommen hatte, musste Kommissar Falke ausweichen.

Im Plot sieht das wie folgt aus: Thorsten Falke (Möhring) braucht Urlaub. So schreit er es in sein von Nordseewinden umtostes Handy Richtung Hamburg. Nach Langeoog hat es den Milchtrinker Falke verschlagen, weil er seinem alten Kumpel Jan Katz (Sebastian Schipper) einen Besuch abstatten wollte. Der ist mit Frau Mimi (Laura Tonke) und dem gemeinsamen Baby hierhergezogen - für Mimi war es die Rückkehr in ihre Heimat. Doch ehe sich Falke entspannen kann, wird eine bestialisch ermordete Frau in den Dünen gefunden. Hauptverdächtiger ist ausgerechnet Mimis Teenagerbruder Florian (Leonard Carow). Kommissar Falke und seine aus Hamburg nachrückende Kollegin Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) beginnen gegen den Widerstand der zuständigen Behörde inoffiziell zu ermitteln.

Wotan singt zur Schrammelgitarre ...

Ein bisschen Spätpubertät gehört dazu bei den beiden besten Kumpels Thorsten und Jan. Wotan Wilke Möhring hat die Beziehung der Buddys mal als Liebe zweier Männer "im heterosexuellen Milieu" definiert. Diesmal besaufen sie sich mit familiärem Anhang, wozu zwei laut geschrammelte Akustikgitarren und Grölgesang der Herren Möhring und Schipper zu hören sind. Dazu wird heftig an der Zigarette gesogen, denn auch mit vierzig plus muss ein Mann schließlich den großen Jungen in sich ausleben dürfen. Immerhin - eine schöne Szene!

Die Tote in den Dünen, eine Hamburger Fotografin und Galeristin, lebte zeitweilig auf der Insel - man kannte die Frau hier. Offenbar war auch der verstörte Florian mit ihr bekannt, der blutverschmiert neben der Leiche gefunden wurde. Um die Inselpolizei bei der Aufklärung des Kapitalverbrechens zu unterstützen, reist aus Aurich die unterkühlte Kommissarin Christine Brandner (bärenstark: Nina Kunzendorf) an. Der Fall scheint zwar klar, aber Falke hat trotzdem Zweifel an der Schuld Florians. Dieser kann sich an nichts erinnern, was in der fraglichen Nacht geschehen sein könnte. Unter den argwöhnischen Blicken der Insulaner beginnt der Hamburger Polizist auf Urlaub mit eigenen Ermittlungen ...

Mit Nordsee-Klischees gespickte Figuren

Als Coup dieses "Tatorts" kann man die Verpflichtung von Nina Kunzendorf als Episoden-Ermittlerin bezeichnen. Es war der erste Auftritt der Schauspielerin als Kommissarin nach ihrem Ausstieg als Frankfurter "Tatort"-Ermittlerin an der Seite von Joachim Król. Und das in einem megastrengen Outfit - schwarze Kurzhaarfrisur zur Hornbrille - das man schon ein bisschen als ironischen Gruß eines größstmöglichen Gegensatzes zu Kunzendorfs sexy Frankfurter Kommissarin Conny Mey sehen darf. Leider erscheint das sonstige Personal - so wie es von den Autoren Max Eipp und Stefan Kornatz erdacht wurde - ein wenig von der Stange: der kauzige Wattführer, zwielichtige Kneipenwirt oder böse Insel-Dealer beispielsweise. Die mit Nordsee-Klischees gespickten Figuren bleiben insgesamt ziemlich blass. Auch der traumatisierte Florian stellt mit seinem - von der Rolle vorgegeben - zittrigen Gestammel über beinahe 90 Minuten die Geduld des Zuschauers durchaus auf eine Probe.

Stefan Kornatz ("Tatort: Es ist böse"), der diesen Krimi inszenierte, ist eigentlich ein Könner seines Fachs. Unter anderem für den Hessischen Rundfunk drehte der 1968 geborene Filmemacher und Autor eine Reihe herausragender, verstörender Krimis. Auch Kornatz' Drehbuch-Co-Autor Max Eipp, der unter anderem das vielfach preisgekrönte TV-Drama "Wut" schrieb, hat seine Klasse schon öfter bewiesen. Umso erstaunlicher, dass den beiden hier ein sich dröge dahinschleichender Fall ohne Tempo, Thema und wirkliche Spannung aus dem Ärmel gerutscht ist.