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Wirtschaftsnobelpreis geht an Verhaltensökonomen

Der diesjährige Wirtschaftsnobelpreis geht an Richard H. Thaler. Der Amerikaner erhält den Preis für seine Beiträge zur Wirtschaftspsychologie. Er integriere Ökonomie und Psychologie, heißt es in der Begründung des Nobelkomitees. Er habe „bahnbrechende Forschung“ im Bereich der Wirtschaftspsychologie betrieben. „Analysen, wie wir Menschen denken und handeln, wenn wir ökonomische Beschlüsse fassen, werden realistischer mit einer Verhaltensperspektive“, schreibt das Komitee.

„Durch ihn wird die Ökonomie menschlicher“, erklärte ein Sprecher der Nobeljury. Wirtschaftliche Entscheidungen würden häufig von psychologischen Faktoren beeinflusst. Wie diese Beeinflussungen funktionieren, habe der Amerikaner erforscht. Thaler sei „ein Pionier der Verhaltensökonomie“, erklärte der Ständige Sekretär des Nobelkomitees, Göran Hansson.

Thaler wurde 1945 in East Orange, New Jersey geboren. Er ist heute Professor für Wirtschaftspsychologie an der Universität von Chicago. Er war einer der Berater des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama. Auch einen Ausflug in die Filmwelt unternahm Thaler: In dem US-Film „The Big Short“ von 2015 über die Blase am Immobilienmarkt in den USA und die darauf folgende Finanzkrise spielte er eine kleine Rolle.

Der 72-jährige Amerikaner hat in seinen Arbeiten beispielsweise das begrenzte rationale Verhalten von Verbrauchern erforscht. Ein Verbraucher, der eine Uhr für hundert Euro kaufen möchte, würde sie in dem Geschäft erwerben, in dem sie für zehn Euro weniger angeboten wird. Bei einer Uhr für 1000 Euro würde er diesen Umweg vermutlich nicht machen, obwohl die Ersparnis gleich groß wäre. Die Erklärung für dieses Verhalten ist, dass der Uhrenliebhaber seinen Beschluss auf die prozentuale Ersparnis beziehe und weniger auf die absolute.

Ob er mit dem Preisgeld von umgerechnet 933.000 Euro sehr rational umgehen werde, konnte Thaler noch nicht sagen. „Ob ich mir den Ökonomenhut aufsetze, weiß ich noch nicht“, erklärte er am Telefon. „Ich werde wohl das Geld so irrational wie möglich ausgeben.“
Im vergangenen Jahr erhielten Oliver Hart (Großbritannien) und Bengt Holmström (Schweden) den Wirtschaftspreis für ihre Forschungen zu Vertragskonditionen. Nur ein deutscher Wissenschaftler erhielt bislang die Auszeichnung: 1994 wurde der Bonner Spieltheoretiker Reinhard Selten mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Er bekam die Auszeichnung zusammen mit zwei Amerikanern für die Weiterentwicklung der Spieltheorie.

Der Wirtschaftspreis wurde erst 1968 von der Schwedischen Zentralbank gestiftet und wird seit 1969 vergeben. Sein offizieller Name lautet „Preis der Schwedischen Reichsbank im Gedenken an Alfred Nobel“. Der Wirtschaftspreis hat unter allen Nobelpreisen eine Sonderstellung, denn der Preisstifter, der schwedische Industrielle und Erfinder des Dynamits, Alfred Nobel, hatte in seinem Testament keinen Wirtschaftspreis vorgesehen und war auch äußerst negativ gegenüber Ökonomen eingestellt. In den vergangenen Jahren hatten deshalb mehrfach einige Nachfahren von Alfred Nobel versucht, die Preisvergabe unter Hinweis auf das Testament zu stoppen.

Amerikanische Forscher dominieren die Liste der Wirtschaftsnobelpreisträger: Von den bislang ausgezeichneten 75 Preisträgern besaßen 51 einen amerikanischen Pass. Und erst ein einziges Mal wurde eine Frau mit dem Preis ausgezeichnet. Alle in diesem Jahr mit neun Millionen Kronen (933.000 Euro) dotierten Preise werden am Todestag des Stifters, am 10. Dezember, in Oslo und Stockholm überreicht.

KONTEXT

Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft

Historie

Streng genommen ist der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft gar kein Nobelpreis. Er geht zumindest nicht auf den letzten Willen von Dynamit-Erfinder Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Der Schwede hatte in seinem Testament nur Preise für Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Frieden genannt. Den Wirtschaftspreis stiftete die schwedische Reichsbank in Erinnerung an ihn 1968.

Preisträger

Bisher wurden vor allem Ökonomen aus den Vereinigten Staaten ausgezeichnet - 2016 ging der Preis an einen US-Amerikaner und einen Finnen. Nur ein Deutscher hat die Auszeichnung bisher bekommen: Der Bonner Spieltheoretiker Reinhard Selten im Jahr 1994.

Preisgeld

Der Wirtschaftspreis ist wie die traditionellen Nobelpreise auch mit neun Millionen schwedischen Kronen (rund 940 000 Euro) dotiert. Er wird am 10. Dezember - Nobels Todestag - in Stockholm überreicht.