Willkommen in der Opposition!

Noch am Wahlabend fanden führende Genossen, allen voran Parteichef Martin Schulz, klare Worte. Das Wahlergebnis, so die einhellige Auffassung, führe die SPD geradewegs in die Opposition. Rein rechnerisch trifft das ja nicht zu. Eine Koalition aus Union und SPD, die man dann allerdings mangels Masse nicht mehr als „Große Koalition“ bezeichnen könnte, ist neben einem schwarz-gelb-grünen Bündnis sehr wohl noch möglich.

Doch die Genossen scheinen die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Die beiden Koalitionen zwischen Union und SPD der jüngeren Vergangenheit haben den Genossen nicht geholfen, sondern den fortschreitenden Niedergang eher beschleunigt. All die Verweise auf die Punktsiege in der jetzt endenden Großen Koalition verfingen beim Wähler nicht. Ob Mindestlohn oder Rente mit 63 – auf das Konto der SPD haben diese Erfolge nicht eingezahlt.

Nun will man es der Kanzlerin heimzahlen: Indem die Sozialdemokraten eine Neuauflage des schwarz-roten Bündnisses ausschließen, zwingen sie Merkel in das schwarz-gelb-grüne Projekt. Der Erfolgsdruck für die Kanzlerin steigt. Es bedürfte einer großen Charmeoffensive Merkels, die SPD für den Fall des Scheiterns der Koalitionsgespräche mit FDP und Grünen doch noch an Bord zu holen.

Allerdings nimmt man den Genossen ab, dass sie sich nicht aus taktischen Erwägungen einer Koalition mit der Union verweigern und so nur die Preise hoch treiben wollen. Es ist wohl eher ganz einfach so, dass sie es satt haben, als Gehilfen der ewigen Kanzlerin in die Geschichtsbücher einzugehen.

Die Absage an eine Große Koalition entspringt allerdings auch noch einer anderen Erwägung: Es ist der Parteispitze klar, dass es ihr diesmal kaum gelingen dürfte, die Basis dazu zu bewegen, einem Bündnis mit der Union per Mitgliederbefragung ihren Segen zu geben.

Und so dürfte die SPD künftig eine andere Rolle spielen als in den vergangenen vier Jahren: nämlich die der größten Oppositionspartei. Das kann auch dabei helfen, die AfD im Zaum zu halten. Denn damit wird ihr die Führung der Opposition versagt. Ein angenehmer Nebeneffekt.