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Wie wird Netflix auf die Streaming-Konkurrenz von Disney und Apple reagieren?

Wird Netflix-Chef Reed Hastings das Lachen bald vergehen? (AP Photo/Manu Fernandez)
Wird Netflix-Chef Reed Hastings das Lachen bald vergehen? (AP Photo/Manu Fernandez)

Disney, Apple und so manch anderer Konzern wollen Netflix mit eigenen Streaming-Plattformen angreifen. Das Unternehmen hat aber schon längst zum Gegenangriff geblasen. Wir zeigen, mit welchen Mitteln Netflix, sich gegen seine alten und neuen Rivalen zur Wehr setzen will.

Dass es für Netflix künftig schwieriger wird zu wirtschaften, haben die letzten Wochen eindrücklich gezeigt. Schließlich haben Disney mit Disney+ und Apple mit Apple TV Plus sowie WarnerMedia angekündigt, den Platzhirsch auf dem Streaming-Markt mit seinen eigenen Waffen anzugreifen. Und auch die bisherigen Rivalen des Streaming-Riesen, Amazon Prime Video, Hulu und Sky, werden nicht schlafen. Noch aber zeigt sich Netflix wenig beeindruckt. Im Gegenteil: Er hat der Konkurrenz just nicht nur verbal den Kampf angesagt. Auch Anzeichen neuer Strategien zeigen: Der Konzern will und wird auf die neuesten Entwicklungen reagieren.

Ein letztes Aufbäumen?

Als Netflix am Dienstag seine Quartalszahlen vorlegte, sah und klang alles noch recht optimistisch. In den letzten drei Monaten konnte der Streaming-Dienst die Anzahl seiner weltweiten Abonnenten um 9,6 Millionen auf 149,9 Millionen steigern. Der Umsatz stieg in dem Zeitraum um 22 Prozent auf 4,5 Milliarden Dollar, und der Gewinn kletterte um 19 Prozent auf 344 Millionen Dollar. Netflix steht also noch gut da – und auch im letzten Brief an die Aktionäre gibt sich der Konzern zuversichtlich. Man erwarte nicht, dass die neuen Konkurrenten das Wachstum beeinträchtigen würden, heißt es dort. Erstens würden sich die einzelnen Angebote voneinander unterscheiden. Und zweitens: Der Kuchen ist groß genug für alle, die daran naschen wollen, so das Unternehmen im übertragenen Sinne.

Und doch: Spätestens wenn Disney+, Apple TV Plus und Co. auf dem Markt sind, droht Netflix eine Wachstumsbremse. Schon jetzt blickt das Unternehmen verhalten auf die nähere Zukunft. Für das laufende Quartal erwartet Netflix nur fünf Millionen neue Kunden. Dabei ist in den USA – auch das weiß der Konzern – das Wachstumslimit fast erreicht. Hier rechnet man in den nächsten drei Monaten mit nur 300.000 neuen Abonnementen. Das heißt: die meisten Neukunden wird Netflix in Zukunft außerhalb seiner Heimat anwerben müssen.

“The Magic Order” ist eine von mehreren Comicserien, mit denen Netflix den Wegfall von Disneys Marvel-Produktionen kompensieren will. (Bild: Netflix)
“The Magic Order” ist eine von mehreren Comicserien, mit denen Netflix den Wegfall von Disneys Marvel-Produktionen kompensieren will. (Bild: Netflix)

Mit neuen Comicserien die Lücken füllen

Netflix muss also handeln – und wenn man genau hinschaut, dann erkannt man: Der Konzern ist schon längst dabei, sich auf die neue Situation einzustellen. Als Disney zum Beispiel im August 2017 seine Pläne für einen eigenen Streaming-Dienst bekanntgab, reagierte Netflix prompt auf das drohende Auslaufen des Lizenzvertrags mit dem Unterhaltungsgiganten. Der Streaming-Dienst erwarb den Comicverlag Millarworld, der künftig die Lücke wieder schließen soll, die Disney durch das Abziehen seiner Marvel-Inhalte in die Plattform gerissen hat. Erste Comicserien befinden sich bereits in der Mache, darunter “The Magic Order” über fünf Magier-Familien, die im Geheimen die Welt vor dunklen Mächten beschützen.

Außerdem will Netflix offenbar – ähnlich wie Amazon übrigens – künftig stärker mit regionalen Serien auf Abonnentenjagd gehen. Die Zeit der monumentalen US-Serien, die Zuschauer weltweit begeistern, mag zwar nicht vorbei sein. Doch die neuen “Breaking Bads” und “Game of Thrones” könnten Netflix und Amazon in Zukunft Disney oder Apple drehen lassen. Sie selbst könnten sich dagegen noch stärker auf nationale, also beispielsweise deutsche, französische, spanische und dergleichen Produktionen konzentrieren. Für wie vielversprechend die beiden Anbieter diese Strategie halten, zeigen nicht nur die deutschen Serien “Dark” und “Dogs of Berlin” (beide Netflix) sowie Amazons “Beat” und die Fortsetzungen von “Der Lack ist ab”, “Pastewka” und der “Deutschland”-Serie.

Mit der deutschen Serie “Dark” hat Netflix einen Hit gelandet. (Bild: Netflix)
Mit der deutschen Serie “Dark” hat Netflix einen Hit gelandet. (Bild: Netflix)

Die Kritiker streicheln

Zur neuen Strategie Netflix’ gehört anscheinend auch das Zugehen auf seine Kritiker. Wegen seiner Verschleierungstaktik war der Anbieter in den letzten Jahren immer wieder angefeindet worden. Vor allem die Tatsache, dass Netflix sich weigerte, die Click-Zahlen pro Film publik zu machen, war Anlass für Unmutsbekundungen. Zumindest hinsichtlich dieses Punktes scheint sich eine Trendwende abzuzeichnen. Denn Netflix hatte zuletzt zu diversen Eigenproduktionen die Zuschauerzahlen bekanntgegeben. Heute wissen wir also: Im ersten Monat nach Veröffentlichung haben angeblich 80 Millionen Kunden den Horrorfilm “Bird Box – Schließe deine Augen” gesehen. Den Thriller “Triple Frontier” streamten laut Netflix 52 Millionen Zuschauer. Und selbst die Doku “Fyre: The Greatest Party That Never Happened” lockte wohl 20 Millionen Kunden auf die Plattform. Netflix produziert also lauter Hits? Wohl kaum, aber das ist es, was das Unternehmen suggerieren will. Die Flops und abgesetzten Serien werden dagegen gerne unter den Teppich gekehrt.

Ähnlich ambivalent verhält sich Netflix hinsichtlich des wohl umstrittensten Themas. Um Kunden für einen Abo-Abschluss zu animieren, dreht der Konzern auch immer mehr Filme, die er allerdings den Kinos vorenthält. Das verärgert nicht nur die Kinobetreiber und so manches Filmfestival. Auch die Kreativen würden ihre Filme nur zu gerne auch in den Kinos aufgeführt wissen. Zuletzt war Netflix daher zu kleinen Kompromissen bereit. Filme wie “Roma” und “Triple Frontier” liefen in einigen wenigen Kinos. Und auch Martin Scorseses grade entstehendes Gangster-Epos “The Irishman” soll im Kino gezeigt werden – das konnte der Meisterregisseur nach zähem Ringen durchsetzen.

Wird Netflix nach “Roma” auch weitere Filme im Kino zeigen? (Bild: Netflix)
Wird Netflix nach “Roma” auch weitere Filme im Kino zeigen? (Bild: Netflix)

Die Schlacht tobt schon längst

Dass das Anzeichen einer Trendwende sind, darüber sollte man sich jedoch keine Illusionen machen. Oftmals steckt dahinter Berechnung und Kalkül. Es sind Lockmittel für die Filmemacher und Vorwände, um den einen oder anderen Preis – allen voran: der Oscar – einzuheimsen. Über allem steht das Ziel der Abonnentengewinnung. Den Kinos wird wohl auch künftig nichts geschenkt werden. Im Gegenteil: Netflix und Amazon planen, in Zukunft sich eigene Lichtspielhäuser zuzulegen. Hier können dann die eigenen Produktionen gezeigt und gebührend vermarktet werden. Genauso wie es die traditionellen Filmstudios seit je her tun. Das aber droht nicht nur, den Kinos noch mehr Zuschauer abspenstig zu machen. Der Schritt wäre auch eine weitere Kampfansage an Disney, Apple und WarnerMedia.