Wenn die Shitstorms der Fans wirklich heftig werden

Es ist nicht schlimm, ein leidenschaftlicher Fan von etwas zu sein.

Es ist okay (und sogar recht nett) eine tiefe Verbindung zu etwas zu spüren, das einem hilft, durch den Alltag zu kommen.

Allerdings ist es nicht in Ordnung, wenn dieses Gefühl der Verbundenheit vergiftet wird und Fans dazu veranlasst, Regisseure, Autoren oder Darsteller ihrer Lieblingsserie oder ihres Lieblingsfilms anzugreifen.

Wie das aktuelle Geständnis des „Star Wars“-Schauspielers Ahmed Best beweist, kann ein vergiftetes virtuelles Umfeld Konsequenzen in der realen Welt haben, die Leben und Lebensgrundlagen bedrohen können.

Es ist nächstes Jahr 20 Jahre her, dass ich eine Medienkampagne gegen mich erlebte, die bis heute Auswirkungen auf meine Karriere hat. Das war der Punkt an dem ich beinahe mein Leben beendet hätte. Es fällt mir noch immer schwer, darüber zu sprechen. Ich überstand es und jetzt ist dieser kleine Kerl mein Überlebensgeschenk. Wäre dies eine gute Geschichte für meine Solo-Show? Lasst es mich wissen.

Hier ist eine Sammlung der schlimmsten Fan-Reaktionen in der Unterhaltungsbranche. Wir sollten klarstellen, dass es in allen folgenden Gruppen durchaus auch nette Menschen gibt – aber es braucht nur einen Einzigen, um eine Hasskampagne zu starten und das Leben eines völlig unschuldigen Menschen zu zerstören.

Star Wars

„Star Wars“-Fans machten Jake Lloyd das Leben (nach eigener Aussage des Schauspielers) in der High-School und am College zur Hölle, weil er das Verbrechen begangen hatte, in „Die dunkle Bedrohung“ im Alter von nur zehn Jahren Anakin Skywalker zu spielen. Das Mobbing führte dazu, dass er die Schauspielerei aufgab. Der ganze Stress könnte durchaus die Diagnose Schizophrenie im Jahr 2015 gefördert haben.

Auf die Frage, ob er die Macht gegen seine Gegner einsetzen würde, antwortete er: „Ich würde nicht, denn ich weiß, dass das Leben dieses Arschlochs schlimmer ist, als ich es machen kann.“

Und da die aktuellen Hasskampagnen gegen Rian Johnson, Daisy Ridley und Kelly Marie Tran (Tran verließ Instagram, um sich ihren Hatern zu entziehen) sich auch Monate nach der Veröffentlichung von „Die letzten Jedi“ weiter fortsetzen, hoffen wir, dass keine weiteren schwerwiegenden Folgen aufgrund von Fanaktionen gibt. „Star Wars“ soll eine Familien-Filmreihe über den Kampf zwischen Gut und Böse sein, kein Kampf zwischen Schöpfern und Fans.

Jeder, der jetzt denkt, dies sei ein neues Phänomen, sollte sich erinnern, was George Lucas widerfuhr. Nachdem er Lucasfilm an Disney verkauft hatte, erklärte er: „Man macht einen Film und dann wird man nur dafür kritisiert. Und das macht nicht besonders viel Spaß. Man kann nicht experimentieren.“

The Dark Knight Rises

Tom Hardy, Mitte, als Bane, in einer Szene aus dem Warner Bros. Pictures and Legendary Pictures Actionthriller „The Dark Knight Rises“, einem Film von Warner Bros. Pictures. TM & © DC Comics. (AP Photo/Warner Bros. Pictures, Ron Phillips)
Tom Hardy, Mitte, als Bane, in einer Szene aus dem Warner Bros. Pictures and Legendary Pictures Actionthriller „The Dark Knight Rises“, einem Film von Warner Bros. Pictures. TM & © DC Comics. (AP Photo/Warner Bros. Pictures, Ron Phillips)

Christopher Nolans Fortsetzung zu „Batman Begins“, die 2008 in die Kinos kam, war ein großer Erfolg bei den Kritikern und Fans gleichermaßen und erhielt eine beeindruckende Bewertung von 94% auf Rotten Tomatoes.

Als 2012 der dritte Teil der Trilogie, „The Dark Knight Rises“veröffentlicht wurde, hofften die Fans, er würde eine Bewertung von 100% erhalten.

Aber als der anerkannte Filmkritiker Marshall Fine seine negative Rezension zu Nolans Superheldenfilm auf seinem Blog „Hollywood and Fine“ veröffentlichte, war er der erste Kritiker, der die Chance des Films auf eine perfekte Bewertung ankratzte.

Die Fans belagerten Fines Blog, brachten seine Server zum Absturz, weshalb er Rotten Tomatoes bitten musste, seine Bewertung aus der Filmkritik-Sammlung zu nehmen, während er seine Seite reparierte. Er wurde auch mit bissigen Kommentaren bombardiert, darunter auch viele Morddrohungen, was dazu führte, dass RT die Kommentare für die Filme sperrte. Der Film erhielt letztendlich eine respektable Bewertung von 87% auf Rotten Tomatoes.

Ghostbusters

Darstellerin Leslie Jones posiert bei der Premiere des Films „Ghostbusters“ in Hollywood, Kalifornien, USA, 9. Juli, 2016. REUTERS/Mario Anzuoni/File Photo
Darstellerin Leslie Jones posiert bei der Premiere des Films „Ghostbusters“ in Hollywood, Kalifornien, USA, 9. Juli, 2016. REUTERS/Mario Anzuoni/File Photo

25 Jahre nach der Veröffentlichung von „Ghostbusters II“ und nach jahrzehntelanger Entwickler-Hölle bekam 2014 endlich ein neuer „Ghostbusters“-Film grünes Licht. Tolle Nachrichten für die Fans des Franchise, richtig? FALSCH.

Ein gewisser Teil der Fangemeinde war außer sich über Sony Pictures’ Entschluss, die Reihe mit einer rein weiblichen Besetzung zu rebooten. Sie griffen alle an, die mit dem Film zu tun hatten, darunter auch den Autor und Regisseur des Films, Paul Feig. Die Darstellerin, die jedoch die Hauptlast des Zornes abzubekommen schien, war „SNL“-Star Leslie Jones, die Patty Tolan spielte.

Jones verabschiedete sich kurzzeitig von Twitter, als der Film im Juli 2016 veröffentlicht wurde, nachdem sie abscheulich rassistische Kommentare erhalten hatte, aber ihre Angreifer gingen im September desselben Jahres einen Schritt weiter. Trolle hackten ihren iCloud Account und dann ihre persönliche Webseite, wo sie Nacktfotos des Stars und Fotos ihres Führerscheins und Reisepasses veröffentlichten. Später reagierte sie auf diesen Angriff auf bestmögliche Art und Weise: mit lustigen SNL-Sketchen.

Sherlock

Manchmal werden Fans so wütend, dass sie aus Versehen die Serie stoppen, die sie eigentlich so sehr lieben. Das könnte auch bei „Sherlock“ passiert sein: Martin Freeman äußerte Verärgerung über die Erwartungen der Fans, die ihn davon abhalten, zur Serie zurückzukehren, denn sie „mache keinen Spaß mehr“.

Benedict Cumberbatch antwortete: „Es ist die Verantwortung der Storyteller, dies umzusetzen“, sagte er.

„Und ich denke, es ist ziemlich feige, den Fans die Schuld dafür zu geben. Entweder ist man dabei oder nicht und jetzt zu buckeln könnte meiner Meinung nach in manchen Fällen Fans enttäuschen – deshalb glaube ich nicht, dass das alles darauf beruhen kann.“

„Ich glaube, da sind mehr Leute verantwortlich, als diejenigen, die das Ergebnis von dem erhalten, an dem man arbeitet.“

In der Baker Street 221b ist es gerade ziemlich seltsam geworden.

Rick and Morty

Wenn man bedenkt, dass es sich hier um eine ziemlich schlaue TV-Serie handelt, deren alberne und witzige Folgen über einen nervösen Jungen und seinen verrückten/betrunkenen Onkel richtige Wissenschaft als Grundlage nutzen, dann sind „Rick und Morty“-Fans definitiv gemein.

Während der aktuellsten Staffel griffen Fans ein paar der Autorinnen der Serie an, weil sie ihre Folgen nicht mochten (und auf einer tiefergreifenden Ebene mochten sie die „aufgezwungene Viefalt“ nicht, die Frauen der Serie ganz generell verpassten). Dazu griffen sie zum sogenannten „doxxing“: sie enthüllten also persönliche Informationen der Autorinnen (inklusive ihrer Privatadresse) online.

Schöpfer Dan Harmon war nicht glücklich über die Situation.

„Diese Knalltüten, die den Inhalt schützen wollen, von dem sie denken, er würde ihnen gehören – und das Ganze irgendwie mit ihrem Bedürfnis vereinen, auf etwas stolz zu sein, das sie haben, was häufig lediglich ihre Rasse oder ihr Geschlecht ist“, sagte Harmon.

„Als jemand der männlich und weiß geboren wurde und trotzdem schwerer arbeitet, als die, ist es einfach nur beleidigend, dass es da einen weißen männlichen [Fan] gibt, der eine gruselige Agenda durchzusetzen will, indem er meine Arbeit ‚beschützt‘“.

„Ich habe keinen Hehl daraus gemacht, dass ich diese Leute hasse. Es ist scheiße. Ich kann lediglich sagen, wenn man das Glück hat, eine Serie zu machen, die wirklich gut ist, die die Leute mögen, dann bedeutet das, dass einige schlechte Leute sie auch mögen werden. Du kannst nicht einfach darauf bestehen, dass jeder, der deine Serie sieht, normal im Kopf ist.“

Breaking Bad

„Breaking Bad“-Star Anna Gunn beschreibt „heftigen“, sexistische Reaktionen auf Skyler.
„Breaking Bad“-Star Anna Gunn beschreibt „heftigen“, sexistische Reaktionen auf Skyler.

Sowohl die Macher als auch die Besetzung von „Breaking Bad” waren schockiert von den Reaktionen der Fans auf Anna Gunns Darstellung von Skyler in der Serie: Die Schauspielerin wurde online und bei Fragestunden bestchimpft. Die häufigsten Vorwürfen waren, sie sei eine „Schlampe“, weil sie Walter, kritisiert hatte, dass er für seine Familie sorgen will und weil sich dem Meth-Handel und Morden in den Weg stellte.

„Es war für uns alle sehr bizarr und verwirrend“, sagte Gunn. „Es war eine Kombination aus Sexismus, Vorstellungen über Geschlechterrollen und dann, ganz ehrlich, war es die Brillanz des Konstrukts der Serie. Die Leute haben mit Walt einen Helden gefunden, aber sie wollten sich so sehr mit ihm verbinden, dass sie das Gefühl hatten, die Person, die seine Antagonistin war – also die Antagonistin der Serie –, stehe ihm und seinen Handlungen im Wege und er sollte tun dürfen, was immer er wolle.“

Die Fan-Empörung hatte sogar Auswirkungen auf die letzte Unterhaltung zwischen Walter und Skyler in der Serie. Skylers Aussage „Wenn ich noch einmal hören muss, dass du es für die Familie getan hast“, hätte auch an die Fans gerichtet sein können.

Walter unterbrach sie und gestand: „Ich habe es für mich getan. Ich mochte es. Ich war gut darin“, was sehr deutlich machte, wer der tatsächliche Bad Boy der Serie war.

Steven Universe

„Steven Universe” ist eine Kinderserie über einen kleinen Jungen, der mit einer Reihe magischer Außerirdischer lebt. Sie wurde für ihre Charakterenvielfalt gelobt, zu der auch starke LGBT-Darstellungen in Form von zwei lesbischen Hauptfiguren gehört. Im Grunde genommen geht es um Liebe.

Traurigerweise finden das nicht alle Fans der Serie toll und einer gehässigen Minderheit verdankt „Steven Universe“ einen ziemlich abscheulichen Ruf. 2015 mobbte eine Gruppe Fans einer jungen Fan-Art-Künstlerin (Tumblr-User Zamii070) so sehr, dass sie versuchte, Selbstmord zu begehen.

Verärgerte Fans bezeichneten ihre Werke als „rassistisch” und „Fat-Shaming“ an und schickten der jungen Künstlerin mehrere Vergewaltigungs- und Todesdrohungen. Zum Glück wurden die Eltern aufmerksam, als Zamii070 auf Twitter verkündete, dass sie „für immer schlafen“ gehen werde und schafften es, sie rechtzeitig ins Krankenhaus zu bringen und ihr das Leben zu retten.

Die Macher von „Steven Universe” haben sich im Versuch, Frieden zu bewahren, wiederholt an die negativen Fanstimmen gewandt und Statements auf Twitter veröffentlicht.

Fankünstler können jegliche Kunstwerke erstellen, die sie wollen & jeder hat die Freiheit, diese aus irgendeinem Grund zu kritisieren. Aber Mobbing ist keine Kritik.

Aber selbst die Mitarbeiter der Serie sind nicht davor gefeiht – eine Storyboard-Künstlerin (Lauren Zuke) verabschiedete sich von Twitter, nachdem die Fankritik zu heftig wurde.

Ich erfahre gerade was mit Lauren Zuke passiert ist und das ist ganz ehrlich einfach traurig und verstörend.