Wahlsieger Mitsotakis strebt in Griechenland Neuwahlen und stabile Mehrheit an

Der amtierende griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis strebt nach seinem Sieg bei der Parlamentswahl wie erwartet Neuwahlen an. Der erneute Urnengang sollte "möglicherweise am 25. Juni" stattfinden, erklärte Mitsotakis am Montag.
Der amtierende griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis strebt nach seinem Sieg bei der Parlamentswahl wie erwartet Neuwahlen an. Der erneute Urnengang sollte "möglicherweise am 25. Juni" stattfinden, erklärte Mitsotakis am Montag.

Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis strebt nach seinem Sieg bei der Parlamentswahl baldige Neuwahlen an. Der erneute Urnengang solle "möglicherweise am 25. Juni" stattfinden, erklärte Mitsotakis am Montag gegenüber Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou. Er wolle den Auftrag zur Regierungsbildung ablehnen. Der konservative Regierungschef kann dank einem ab der kommenden Wahl geltenden geänderten Wahlgesetz bei einem erneuten Sieg auf eine absolute Mehrheit hoffen - auch, weil die Linke kaum in der Lage scheint, ihn bedrängen.

Mitsotakis' konservative Partei Nea Dimokratia (ND) war am Sonntag dem Endergebnis zufolge auf 40,8 Prozent der Stimmen gekommen, gut 20 Prozentpunkte mehr als die linksgerichtete Syriza-Partei von Alexis Tsipras. Die gemäßigte linke Partei Pasok-Kinal von Nikos Androulakis kam auf 11,5 Prozent der Stimmen. Für eine absolute Mehrheit reichte es für ND damit nicht. Mitsotakis hatte bereits im Vorfeld deutlich gemacht, dass er für diesen Fall eine Regierungskoalition ablehnen und auf Neuwahlen setzen würde, um allein regieren zu können.

Der griechischen Verfassung gemäß wird Präsidentin Sakellaropoulou nun dennoch zunächst auch Syriza und Pasok-Kinal mit der Bildung einer Regierung beauftragen. Diese Versuche sind aber angesichts des Wahlergebnisses zum Scheitern verurteilt. Daraufhin wird voraussichtlich ein hochrangiger Richter übergangsweise zum Regierungschef ernannt - der dann Neuwahlen ausrufen dürfte.

Bei einem erneuten Urnengang wäre dann erstmals ein bereits verabschiedetes neues Wahlgesetz gültig. Es sichert dem Wahlsieger einen Bonus von bis zu 50 Sitzen zu, für Mitsotakis' ND wäre angesichts des deutlichen Vorsprungs vom Sonntag eine Regierungsmehrheit damit sehr wahrscheinlich.

Bei ihrem Sieg am Sonntag holte die ND das beste Wahlergebnis seit 2007, die regierungsnahe Zeitung "Proto Thema" schrieb vom Sieg mit dem größten Abstand seit 1974. Die scharfe Kritik wegen seines Umgangs mit dem verheerenden Zugunglück mit 57 Toten kostete Mitsotakis offensichtlich keine Zustimmung. Ebenso wenig schadeten ihm Debatten um Polizeigewalt, illegale Pushbacks von Migranten und ein Abhörskandal, in dessen Verlauf unter anderem ans Licht kam, dass der Chef der Oppositionspartei Pasok ausspioniert worden war.

Die Wähler sahen in Mitsotakis stattdessen den Regierungschef, der wirtschaftlichen Aufschwung und Stabilität in das jahrelang von der Finanzkrise gebeutelte Land zurückgebracht hat. Die Arbeitslosigkeit sinkt, das Wirtschaftswachstum lag 2022 bei sechs Prozent, die Investitionsquote wächst und der Tourismus nimmt wieder an Fahrt auf. Nach dem konservativen  Wahlsieg erreichte der griechische Aktienindex am Montag den höchsten Stand seit fast einem Jahrzehnt.

Die Stimmung im linken Lager fasste die linksgerichtete Tageszeitung "Efsyn" am Montag mit dem Titel "Schock und Entsetzen" zusammen. Die linken Parteien Syriza und Pasok-Kinal dürften mit Blick auf einen erneuten Wahltermin versuchen, im Wahlkampf die sozialen Folgen der Inflation für viele Menschen angesichts der weiterhin niedrigen Löhne in Griechenland zum Thema zu machen.

Die wohl entscheidende Hürde für die beiden Parteien bleibt aber, dass sich die Stimmen der Wählerschaft im Mitte-Links-Spektrum auf sie aufteilen - während für Mitte-Rechts eine geeinte ND steht.

Für Ex-Regierungschef Tsipras, der 2015 die Wahl mit dem Versprechen einer Erneuerung des Landes gewonnen hatten, ist das Ergebnis vom Sonntag eine schwere Niederlage. Viele griechische Wähler haben ihm nicht verziehen, dass er damals, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, zunächst auf Konfrontationskurs zur EU ging - dann aber einlenkte und drastische Sparmaßnahmen ergriff, deren Folgen bis heute nachwirken. Sein damaliger Finanzminister Yanis Varoufakis erhielt eine noch schmerzhaftere Quittung: Seine Anti-Austeritätspartei MeRA 25 scheiterte am Sonntag an der Drei-Prozent-Hürde und verpasste so den Einzug ins Parlament.

se/jes