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WAHL/ROUNDUP 2: Scholz strebt dauerhafte Regierung an

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BERLIN (dpa-AFX) - Die SPD und ihr Kanzlerkandidat Olaf Scholz setzen nach ihrem Wahlsieg auf eine schnelle Verständigung mit Grünen und FDP auf ein Regierungsbündnis. "Es ist eine Fortschrittserzählung", sagte Scholz am Montag nach einer SPD-Präsidiumssitzung in Berlin. "Wenn drei Parteien, die den Fortschritt am Beginn der 20er Jahre im Blick haben, zusammenarbeiten, kann das etwas Gutes werden, selbst wenn sie dafür unterschiedliche Ausgangslagen haben."

Das Ziel von Scholz ist, dass die neue Regierung auch über eine Wahlperiode hinaus bestehen kann. Die Partner müssten so miteinander regieren, "dass sie sich auch zutraut, wiedergewählt zu werden", sagte Scholz. Als "völlig ok" bezeichnete er es, dass FDP und Grüne nun zunächst miteinander reden wollten. "Ich möchte eine Regierung bilden, die auf Vertrauen beruht." Ein "abschreckendes Beispiel" sei die schwarz-gelbe Koalition 2009 bis 2013 gewesen. Die FDP werde sich erinnern, wie schlecht dies für sie gelaufen sei.

Langes Gezerre wollen Scholz und die SPD vermeiden. "Wir werden sehr schnell mit den anderen Parteien, mit denen wir eine Regierung bilden wollen, uns abstimmen über Gesprächsverläufe", sagte er. Die Sondierungen sollten nicht zu lange dauern. Für die SPD sollen sechs Politikerinnen und Politiker diese Gespräche führen: Scholz, die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, Generalsekretär Lars Klingbeil, Fraktionschef Rolf Mützenich und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Klar ist für Scholz: SPD, FDP und Grüne hätten als Wahlgewinner den "sichtbaren Auftrag". Inhaltlich gebe es "genügend Schnittmengen". Respekt, die Modernisierung des Landes und der Kampf gegen den Klimawandel seien die Kernaufgaben. Der Vizekanzler erinnerte an die "sehr erfolgreiche sozialliberale Koalition" unter den SPD-Kanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt. Scholz mahnte: "Klar ist auch, dass niemand an dem Votum der Wählerinnen und Wähler ohne Schaden vorbeigehen kann."

Scholz setzt auf ruhige Koalitionsgespräche. Verhandlungen würden nicht in der Öffentlichkeit geführt. "Das machen wir mit den Freunden, mit denen wir regieren wollen." Keine Hektik, keine undurchsichtigen Manöver - bereits bei der Wahlparty im Willy-Brandt-Haus am Sonntag gaben Vertreterinnen und Vertreter der Parteiführung die Parole aus, nun solle alles in geordneten Bahnen verlaufen. Gefeiert worden war bei der SPD bis 4.30 Uhr am Morgen.

Jahrelang herrschte in der SPD-Zentrale gedrückte Stimmung und oft schnell gähnende Leere nach Wahlen. Von echten Wahlpartys konnte lange keine Rede mehr sein. Diesmal ein anderes Bild - auch am Montag wurden Scholz und die Wahlsiegerinnen der Landtagswahlen von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, und Berlin, Franziska Giffey, noch einmal mit minutenlangem Applaus begrüßt. Schwesig sprach von einem "wunderbaren Tag", Giffey erinnerte an die "beispiellose Aufholjagd" der SPD auch in der Hauptstadt.

Der Name von Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) kam am Tag nach der Wahl bei der SPD nur am Rande vor. Wenn er nun den Kanzler stellen wolle, sei das ein "Witz", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Scholz sagte, die Union solle nicht mehr regieren, "sondern in die Opposition gehen."

Mützenich kündigte eine "sehr selbstbewusste" SPD-Fraktion an. Im neuen Bundestag ist die SPD mit 206 Abgeordneten vertreten - 153 Sitze hatte sie 2017 errungen. "Wir haben einen Gestaltungs- und auch einen Regierungsanspruch", sagte Mützenich dem ZDF. "Die FDP muss sich gut überlegen, ob sie die Republik in eine Warteschleife schicken will."

Am Mittwoch wählt die neue SPD-Fraktion ihren Fraktionschef. Mützenich dürfte für zwei Jahre in seinem Amt bestätigt werden. Die Fraktion sei jünger, diverser und femininer als bisher, hieß es. Knapp 50 neue Abgeordnete kämen vom Parteinachwuchs, den Jusos.