Wagner-Chef wirft russischer Armee "Flucht" aus Gebiet von Bachmut vor

Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat der russischen Armee vorgeworfen, nach monatelangen Kämpfen um Bachmut die "Flucht" ergriffen zu haben.
Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat der russischen Armee vorgeworfen, nach monatelangen Kämpfen um Bachmut die "Flucht" ergriffen zu haben.

Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat der russischen Armee vorgeworfen, nach monatelangen Kämpfen um Bachmut die "Flucht" ergriffen zu haben. Die Verteidigungslinien der Armee in der Gegend "kollabieren", während die russische Militärführung die Lage "verharmlost", sagte Prigoschin am Freitag in einem Video. Bereits zuvor hatte der Kreml Berichte des Wagner-Chefs und pro-russischer Militär-Blogger über einen Durchbruch der Ukraine in Bachmut dementiert.

Es habe aus den Stellungen der russischen Armee nahe der seit Monaten heftig umkämpften ostukrainischen Stadt "ganz einfach eine Flucht der Verbände gegeben", sagte Prigoschin. In der Gegend von Bachmut "fallen die Flanken, die Front kollabiert", konstatierte der Wagner-Chef in dem in Onlinenetzwerken verbreiteten Video.

Die Versuche der militärischen Führung, die Situation in Bachmut zu verharmlosen, würden zu einer "globalen Tragödie für Russland" führen, warnte Prigoschin. Deswegen müsse sofort damit aufgehört werden, über die Lage in Bachmut zu "lügen".

Russland hatte zuvor Berichte mehrerer pro-russischer Militär-Blogger sowie Priogschins über einen Durchbruch der ukrainischen Armee in Bachmut zurückgewiesen. "Die einzelnen Erklärungen auf Telegram über einen 'Durchbruch' an mehreren Stellen der Frontlinie entsprechen nicht der Realität", erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau am Donnerstagabend.

Die ostukrainische Industriestadt ist seit Monaten heftig umkämpft, die Wagner-Söldner nahmen auf russischer Seite eine zentrale Rolle in diesem Kampf ein. Prigoschin beklagte allerdings immer wieder fehlende Unterstützung durch das russische Verteidigungsministerium sowie den Armee-Generalstab. Zuletzt prangerte er insbesondere einen Mangel an Munition für seine Kämpfer an und drohte dabei auch mit dem Abzug der Wagner-Gruppe aus Bachmut.

Die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Malijar teilte mit, die ukrainische Armee habe zwei Kilometer Gebiet in Bachmut zurückerobert. Die russische Seite habe "erhebliche Verluste" erlitten, erklärte Malijar in Onlinenetzwerken. Die Ukraine habe hingegen in Bachmut seit Wochenbeginn "keine einzige Stellung aufgegeben".

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will unterdessen nach italienischen Angaben seine Reisediplomatie fortsetzen und Rom besuchen. Am Samstag werde Selenskyj dort zu einem Treffen mit Staatschef Sergio Mattarella erwartet, wie ein italienischer Präsidentensprecher mitteilte. Aus Kreisen des Vatikans hieß es, auch ein Treffen Selenskyjs mit Papst Franziskus sei "möglich".

Erwartet wird zudem ein Treffen des ukrainischen Präsidenten mit Regierungschefin Giorgia Meloni, eine Bestätigung dazu stand jedoch zunächst aus. Meloni hatte im Februar Kiew besucht und Selenskyj die Unterstützung ihres Landes zugesichert. Italien unterstützt Kiew trotz traditionell guter Beziehungen zu Russland bei der Verteidigung gegen die russische Invasion militärisch wie finanziell.

Es wäre Selenskyjs erster Besuch in Italien seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022. Für eine Visite des ukrainischen Präsidenten in Deutschland gab es hingegen am Freitag weiterhin keine offizielle Bestätigung.

Anfang Mai hatte es aus Berliner Polizeikreisen geheißen, Selenskyj werde nach Berlin kommen. Am Sonntag soll ihm der Aachener Karlspreis verliehen werden. Ob er dabei vor Ort sein wird, war am Freitag aber ebenfalls weiterhin unklar.

China kündigte unterdessen die erstmalige Entsendung eines Sonderbeauftragten in die Ukraine zur Vermittlung in dem Konflikt an. Der Gesandte Li Hui solle auch nach Russland, Deutschland, Polen und Frankreich reisen, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. Ziel der ab Montag beginnenden Reise sei es, "mit allen Parteien über eine politische Lösung" im Ukraine-Krieg zu sprechen.

China bemüht sich nach eigenen Angaben im Ukraine-Krieg um eine neutrale Position, die vom Westen allerdings in Zweifel gezogen wird. Peking hat den russischen Angriff auf die Ukraine nie offiziell verurteilt.

kbh/dja