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Vita 34 im Gespräch: Großaktionär, Kampfpreise, Übernahmen, Zahlen und Ziele - das sagt der Vorstand

Vita 34 hat das Geschäftsjahr 2017 erfolgreich abgeschlossen und die gesteckten Ziele in der oberen Bandbreite erreicht. Das Highlight im letzten Jahr war mit Sicherheit die erfolgreiche Übernahme von Seracell Pharma, die auch in den kommenden Jahren für Wachstum sorgen soll. DER AKTIONÄR fragte nach bei Vita-34-CEO Dr. Wolfgang Knirsch.

Herr Dr. Knirsch, Vita 34 hat seine Jahresbilanz 2017 vorgelegt. Ein Kernthema dabei war der Ergebnisbeitrag des im vergangenen Jahr übernommenen Wettbewerbers Seracell aus Rostock. Nach dem ersten Halbjahr seit Übernahme – wie zufrieden sind Sie mit den vorgelegten Ergebnissen?

Dr. Wolfgang Knirsch: Als aktiver Konsolidierer hat Vita 34 aus den bisherigen Übernahmen viel Erfahrung bei der Integration von Unternehmen. Trotzdem war dieses Projekt wegen des Volumens und der Tatsache, dass der Wettbewerber im gleichen Markt tätig war und hier zwei Standorte betrieben hat eine Herausforderung. Das verantwortliche Team hat die Übernahme dank hervorragender Vorbereitung in sehr guter Kooperation mit den verbliebenen Mitarbeitern der Seracell am Standort Rostock in kürzester Zeit erfolgreich umgesetzt.

Seracell hatte Vita 34 als Hauptkonkurrent in Deutschland lange das Leben mit Kampfpreisen schwer gemacht. Nach der Übernahme wurden diese prompt abgeschafft. Wie hat sich Seracell nun produktseitig in das Vita34-Geschäftsmodell integriert?

Diese Kampfpreise, wie Sie es zu Recht nennen, können ein nachhaltiges Geschäftsmodell nicht sicherstellen. Das Produktportfolio der Vita 34 bietet mit den Spendenprodukten und der gleichzeitigen Möglichkeit zur Gewebeeinlagerung den werdenden Eltern ein ungleich breiteres Angebot. Wir können für unseren Heimatmarkt Deutschland schon jetzt eine monatliche Steigerung von rund 60 Prozent bei den monatlichen Aufträgen feststellen. Erfreulicherweise nutzen auch die neuen Kunden das gesamte Angebot der Vita 34. Für die besonders preissensitiven Kunden, die wir bisher noch nicht erreicht haben, werden wir, wie bereits angekündigt, noch in diesem Jahr eine passende Produktvariante anbieten.

Nachdem die EBITDA-Marge im vergangenen Jahr durch die angefallenen Akquisitionskosten für Seracell rückläufig war, soll es nun im neuen Jahr wieder deutlich aufwärts gehen. Welche Ziele peilen Sie hier konkret für das laufende Jahr an?

Nach den positiven Signalen der letzten Quartale des abgelaufenen Jahres sind wir optimistisch für 2018 und erwarten ein Umsatzwachstum von bis zu 20 Prozent auf 21 bis 23 Millionen Euro und einen überproportionalen Ergebniszuwachs auf 4,0 bis 4,6 Millionen Euro.

Mit der „Vision 2021“ hatten Sie bereits das Ziel ausgegeben, das EBITDA von 2,3 Mio. Euro in 2016 auf rund zehn Millionen Euro in 2021 zu steigern. Nach dem Rücksetzer im vergangenen Jahr – mit welchen Wachstumskomponenten wollen Sie hier wieder auf den angepeilten Pfad zurück?

Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass wir uns unverändert auf dem eingeschlagenen Pfad befinden. Das Ergebnis des Jahres 2017 war von Restrukturierungskosten im Management und von Investitionen in unseren wichtigsten Markt Deutschland geprägt und waren damit unabdingbare Voraussetzungen, um das angestrebte Ziel in den nächsten Jahren zu erreichen. Diese einmaligen Kosten beliefen sich auf insgesamt 1,7 Millionen Euro, ohne die unser Ergebnis entsprechend höher ausgefallen wäre. Für das angestrebte EBITDA-Ziel von zehn Millionen Euro bis zum Jahr 2021 sind organisches Wachstum im In- und Ausland, das Heben von Einsparpotenzialen und Synergien sowie Beiträge von neuen Produkten aus unserer Forschung die wesentlichen Komponenten. In 2018 wird uns zunächst das Wachstum in unserem Heimatmarkt Deutschland sowie die Performance der neuen Vertriebspartner in Serbien, Rumänien und Italien umsatz- und ergebnisseitig voranbringen. In den darauf folgenden Jahren erwarten wir uns zusätzliche Beiträge von neuen Produkten, wie z. B. AdipoVita.

In der Umsatzentwicklung 2017 konnte bereits der positive Einfluss der Seracell-Übernahme abgelesen werden. In welcher Größenordnung sehen Sie hier das mittelfristige Wachstumspotenzial?

In den vergangenen Jahren haben Vita 34 und Seracell insgesamt regelmäßig ca. 8.000 Verträge in Deutschland abgeschlossen. Davon erreichen wir im Moment bereits rund 70 Prozent mit unserem Produktportfolio. Dies führt zu der deutlichen Umsatzsteigerung, die wir in den aktuellen Zahlen bereits sehen. Unser Ziel ist es, mittelfristig mindestens die gleiche Marktabdeckung zu erreichen, die in der Vergangenheit die beiden einzelnen Unternehmen realisiert haben. Allerdings sehen wir das Marktpotenzial damit nicht ausgeschöpft. Die Einlagerungsquote liegt in Deutschland mit ca. 1,5 Prozent noch unter dem europäischen Durchschnitt von 2 Prozent und dieser wiederum liegt deutlich unter dem amerikanischen von ca. 5 Prozent. Obwohl jede private Einlagerung, zumal wenn sie mit einer Spendenoption verbunden ist, zur Verbesserung der Gesundheitsvorsorge beiträgt, können wir in Europa von Marktabdeckungsquoten von 25 Prozent wie in Singapur nur träumen.

Die wiederkehrenden Umsätze aus Vertragsverlängerungen dürften eine immer größere Rolle spielen. In welchem Größenverhältnis stehen diese Umsätze zu den Neueinlagerungen und welche Zielgrößen im Umsatzmix peilen Sie mittelfristig an?

Als wachstumsorientiertes Unternehmen sehen wir auch in Zukunft die Neuverträge als wichtigsten Baustein für unsere langfristigen Umsatz- und Ergebnisziele. Die Vertragsverlängerungen und jährlichen Lagergebühren unterstützen dabei zunehmend das gesunde Wachstum.

Externes Wachstum ist für Vita 34 der wohl wichtigste Bestandteil der Wachstumsstrategie. Seit 2012 haben Sie insgesamt sieben Übernahmen in Europa getätigt. Worin liegt für Sie der Wert einer solch aktiven Akquisitionsstrategie und haben Sie schon weitere mögliche Übernahmekandidaten im Visier?

Akquisitionen waren und bleiben ein wichtiger Teil unserer Wachstumsstrategie. Die Profitabilität des Geschäftsmodells der Nabelschnurbluteinlagerung ist von deutlichen Skaleneffekten geprägt. Daher sind wir weiterhin an opportunistischen und strategischen Akquisitionen interessiert. Die Gesellschaft ist nach der erfolgreichen Seracell-Integration für weitere Akquisitionen strukturell und organisatorisch bereits wieder gut aufgestellt.

Im internationalen Vergleich hinken Deutschland bzw. ganz Europa bei den Einlagerungen von Nabelschnurblut noch weit hinter den führenden Märkten wie den USA, China und Indien hinterher. Sind diese Märkte auch für Sie interessant und sehen Sie dort besondere Chancen oder Risiken? Gibt es Eintrittsbarrieren?

Wir begreifen die Markterschließung, die wir zum Beispiel in den USA sehen, als Ansporn und als Potenzial. Wir planen zurzeit keine cross-regionalen Aktivitäten, da wir die Synergien als äußerst gering einschätzen. Aufbau und Zertifizierung von Reinräumen und Beantragung und Erhalt der notwendigen Genehmigungen sowie Aufbau der Logistik sind Zeit- und kostenintensiv. Wir bringen zwar unser Know-how und unsere Technologie mit, würden uns aber denselben Herausforderungen gegenübersehen, wie jemand, der in Deutschland oder Europa das Geschäft neu aufbauen wollte. Wir sehen für unser Wachstum in den nächsten Jahren in Europa und den angrenzenden Ländern das größere Potenzial.

Erst vor kurzem konnten Sie dem Markt mitteilen, dass Sie eine Akkreditierung nach dem dem international wichtigen NetCord-FACT-Standard erreicht haben. Dabei handelt es sich um die Zertifizierung Ihrer Einlagerungsprozesse von Nabelschnurblut. Welche Bedingungen mussten Sie für das Zertifikat erfüllen und welche Bedeutung hat diese Zertifizierung für Ihr künftiges Geschäft?

Wir messen uns seit jeher an den höchsten verfügbaren Standards. Bei der NetCord-Fact-Akkreditierung wurden unsere Prozesse extern validiert und die hohe Qualität unseres Herstellungsprozesses offiziell bestätigt. Damit ist dieser Qualitätsstandard auch von außen für unsere Kunden und Partner unmittelbar erkennbar. Von besonderer Bedeutung ist diese Akkreditierung im Bereich der öffentlichen Einlagerung im Regierungsauftrag, die wir zukünftig als zusätzliches Geschäft erschließen wollen. Der Bedarf an Stammzellpräparaten übersteigt nach wie vor die Verfügbarkeit und wir haben die Technologie und Logistik, um diese Lücke zu schließen.

Die Zertifizierung dürfte Ihnen auch die Suche nach weiteren Kooperationspartnern bei der Grundlagenforschung erleichtern. Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen wie der Berliner Charité, mit der Sie ja seit letztem Jahr im Rahmen einer Studie zur Entnahme von Nabelschnurblut unter schwierigen Geburtsbedingungen zusammenarbeiten?

Leider sind die USA nicht nur in den Einlagerungen, sondern auch in den Anwendungen von Nabelschnurblutpräparaten Europa voraus. Wir freuen uns, dass wir mit der Charité in Berlin den idealen Partner gefunden haben, wichtige Grundlagenergebnisse für die Anwendung von Stammzellen aus der Nabelschnur bei z. B. frühkindlichen Hirnschäden zu generieren.

Nach den überraschenden Veränderungen im Management im vergangenen Jahr scheint wieder Ruhe ins Unternehmen eingekehrt zu sein. Dennoch blickt der Markt weiterhin auf die zukünftige Rolle Ihres neuen Großaktionär Michael Köhler, der über seine Beteiligungsfirma MKBV inzwischen 11,64 Prozent an Vita 34 hält. Wie gestaltet sich bislang die Zusammenarbeit?

Wir haben die Kommunikation mit unseren Investoren intensiviert und werden diese auch weiterhin auf hohem Niveau halten. Herr Köhler hat großes Interesse an der positiven Entwicklung der Vita 34 und unterstützt umfänglich die strategischen Entscheidungen des Managements.

DER AKTIONÄR hält an seinem Fazit fest: FAZIT: Auf die Jahreszahlen reagiert die Aktie lediglich mit einem kleinen Kursplus. Dennoch befindet sich das Papier in einer spannenden charttechnischen Situation. Gelingt der Ausbruch aus dem ausgebildeten Dreieck nach oben, dürfte der AKTIONÄR-Hot-Stock das Jahreshoch bei 17,00 Euro wieder ansteuern. Investierte Anleger geben kein Stück aus der Hand und sichern ihre Position mit einem großzügig gesetzten Stopp bei 9,90 Euro ab.