Viel Lindner, viel Text

Christian Lindner im weißen Hemd, ohne Krawatte und ohne Jackett. Christian Lindner, ernst in die Kamera schauend, an eine Wand gelehnt, fertig zum Absprung – das alles in Schwarz-Weiß festgehalten von Fotograf Olaf Heine, der schon Popsänger Sting und die Rockband Rammstein abgelichtet hat. Dazu in große Lettern kurze Sätze wie „Ungeduld ist auch eine Tugend“. Daneben – kleiner – viel, viel Text: Das ist die Kampagne der FDP für die Bundestagswahl 2017, die die Partei am Montag in Berlin im Brandenburger Tor Museum vorgestellt hat.

„Die Kampagne soll eine Haltung ausdrücken“, erklärt FDP-Chef Christian Linder. Die Liberalen wollen keine Status-quo-Verliebtheit, sondern fragen, wo der Gestaltungsehrgeiz sei, wie das mit Funklöchern und Schlaglöchern weitergeht. „Mit der Kampagne meldet die FDP sich zurück als eine Partei der Mitte für die Mitte“, sagt Lindner.

Wahlplakate mit üppigem Kleingedruckten auszustatten, ist ungewöhnlich. Experten schätzen die durchschnittliche Verweildauer auf einem Wahlplakat auf unter zehn Sekunden. Das sei ganz bewusst ein Gegenentwurf zu den Wettbewerbern, sagt FDP-Generalsekretärin Nicola Beer. „Wir wollen über Inhalte ins Gespräch kommen.“

Die FDP setzt auf den Überraschungseffekt. „Es ist der Versuch, die Leute neugierig zu machen“, sagt Bundesgeschäftsführer Marco Buschmann. „Wir wollen das Interesse wecken. Wir wollen, dass die Leute dahin gehen und auch mal lesen.“

Die Konzentration auf Spitzenkandidat Lindner als einziges Motiv hat schon bei der Kampagne in Nordrhein-Westfalen funktioniert. Die Partei erzielte dort bei der Landtagswahl ihr bisher bestes Ergebnis. Derzeit liegt die FDP in bundesweiten Umfragen zwischen acht und zehn Prozent. Trotzdem sieht Lindner seine Liberalen nicht in einer möglichen Regierung.

Eine Große Koalition ist der wahrscheinlichste Wahlausgang, das sei seine persönliche Einschätzung, sagt Lindner. Ob das nur Taktik oder tatsächlich seine ehrliche Meinung ist, weiß man nicht. Laut manchen Umfragen ist eine schwarz-gelbe Koalition, so wie seit neuestem in Nordrhein-Westfalen, durchaus möglich.

Programmatisch sieht Lindner zwar eine größere Nähe zur CDU. Aber: „Wir werden ohne Koalitionsaussage in den Bundestagswahlkampf gehen“, bekräftigt er. Die Kampagne soll durch viele digitale Werbeformen begleitet werden. Unter anderem sind Podcasts geplant, in denen die Kandidaten der FDP das Wahlprogramm vorlesen. Das könnten die Leute dann im Auto hören, sagt Lindner. Auf 6.000 Großflächen sind bisher schon Plakate geplant, „Ich gehe davon aus, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist“, sagt Bundesgeschäftsführer Buschmann.