"Trumbo": Einer für alle, alle gegen einen

Bryan Cranston als Drehbuch-Genie Dalton Trumbo

Stell dir vor, du gewinnst einen Oscar, aber niemand hat auch nur ein einziges Mal zuvor deinen Namen gehört. Dieses Kunststück schaffte Drehbuchautor Dalton Trumbo (Bryan Cranston) in den 50er-Jahren gleich doppelt. Doch nicht etwa, weil ihn in der Filmindustrie kein Schwein kannte - ganz im Gegenteil. Als bekennender Kommunist und Mitglied der "Hollywood Ten" stand Trumbo quasi täglich auf der Titelseite sämtlicher Zeitungen - aber eben auch auf der schwarzen Liste der USA, durch die ihm und vielen anderen die Arbeitserlaubnis entzogen wurde. Das hielt den Exzentriker aber selbstredend nicht davon ab, unter diversen Pseudonymen einen Blockbuster nach dem anderen herauszuhauen. Nun also die Frage: Taugt seine Lebensgeschichte dazu, ein selbiger zu werden?

Ein Kommunist in den USA

Wenn man etwas über alles liebt, dann muss man es auch kritisieren. Und Dalton Trumbo liebt sein Land, betont dies immer wieder. Als Mitglied der kommunistischen Partei ist dies kurz nach dem Zweiten Weltkrieg im öffentlichen Ansehen auch noch kein Widerspruch. Schließlich hatte die USA gemeinsam mit der Sowjetunion die Welt von Nazi-Deutschland befreit. Nur wenige Jahre später sieht das aber schon ganz anders aus: Die Angst vor der "Roten Gefahr" erreicht Ende der 40er-Jahre ihren Höhepunkt, die Hexenjagd auf die "Commies" und Verräter unter der Schirmherrschaft des radikalen Joseph McCarthy beginnt.

Als sich Trumbo und neun weitere Filmschaffende weigern, vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe die Namen Gleichgesinnter zu verraten, wird der Drehbuchautor für fast ein Jahr hinter Gitter gesteckt, den anderen Mitgliedern der "Hollywood Ten" ergeht es nicht anders. Doch wesentlich heftiger trifft sie die Zeit nach der Haft. Von den einstigen Freunden und Bewunderern in der Filmindustrie ist niemand mehr übrig, der ihnen eine Job geben will, unverhohlener Hass schlägt ihnen entgegen. Nur Trumbo lässt sich davon nicht unterkriegen und beschließt, die McCarthy-Ära auf seine ganz eigene Art zu bekämpfen: Mit Meisterwerken wie "Spartacus".

One-Man-Show

Überraschend ist es nicht, dass sich Regisseur Jay Roach für Dalton Trumbo entschied, um die Geschichte der "Hollywood Ten" zu erzählen. Denn wie kein anderer verkörperte er den augenscheinlichen Widerspruch, als bestbezahlter Drehbuchautor seiner Zeit dank des Kapitalismus in Saus und Braus zu leben, andererseits für kommunistische Werte einzutreten. Trumbos Lebensweg ist ebenso kontrovers, wie spannend - und damit der perfekte Stoff für einen Film.

Obwohl die "Rote Angst" also eine ganze Industrie in ihren Klauen hatte, dreht sich im Film fast alles um Trumbo. Dementsprechend groß liegt die Last auf den Schultern von Darsteller Cranston, den Streifen meist im Alleingang tragen zu müssen. Doch wie seine Nominierung als bester Hauptdarsteller bei der unlängst stattgefundenen Oscar-Verleihung schon vermuten lässt: Cranston gelingt dies mit Bravour. Seine Darbietung als eloquenter, leidenschaftlicher, mitunter aber auch manischer und sozial unverträglicher Eigenbrötler ist absolut sehenswert. Die Tatsache, dass "Trumbo" außer für den "Besten Hauptdarsteller" keinerlei andere Oscar-Nominierung ergattern konnte, zeigt aber auch: Der Film gewährt kaum einem anderen Darsteller, wirklich zu glänzen.

Für Europäer interessant?

Für Zuschauer, die Interesse an der Geschichte der US-Filmindustrie haben, bietet "Trumbo" interessante Einblicke. Ein gewisses Vorwissen wird dafür aber vorausgesetzt. Der Film hält sich nämlich nicht sonderlich lange damit auf, die politischen Gegebenheiten der Ära zu erklären. Hier besteht vielleicht das größte Problem, das "Trumbo" in europäischen Kinos haben könnte. Zwar wird durch (mitunter echten) TV-Ausschnitten immer wieder versucht, dem Zuschauer Hintergründe über die Machenschaften von HUAC (House Un-American Activities Committee) zu vermitteln und dessen berühmteste Vertreter vorzustellen. Was es aber speziell mit Hedda Hopper (Helen Mirren) auf sich hatte und welche Rolle Schauspieler John Wayne in der McCarthy-Ära innehatte, muss die Google-Recherche nach dem Kinogang klären.

Nach einer wahren Geschichte

Oft muss in Hollywood eine wahre Geschichte fleißig gepimpt werden, damit sie auch zu einer spannenden Geschichte wird. "Trumbo" hat dieses Problem nicht. Die zwei gewonnen Oscars unter Pseudonym, sein medienwirksames und im Film teils wortgetreues Verhör vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe, bis hin zu der Tatsache, dass ihm Kirk Douglas einen Papagei schenkte - hin und wieder schreibt das Leben so gute Anekdoten, dass sie sich selbst Dalton Trumbo nicht besser hätte ausdenken können. Einzig die Figur des Arlen Hird (Louis C.K.) wurde für die Handlung erfunden, besser gesagt aus fünf echten Weggefährten zusammengefügt. Dramaturgisch sicherlich die bessere Wahl, wenn auch für die Angehörigen der betreffenden Personen etwas enttäuschend.

Fazit:

Die Geschichte von Dalton Trumbo ist es wert, erzählt zu werden und somit auch außerhalb der USA größere Berühmtheit zu erlangen. Wie gut also, dass mit Bryan Cranston die perfekte Besetzung gefunden wurde. Zwar müssen sich die anderen Darsteller meistens der One-Man-Show von Cranston beugen, doch betrachtet man die Vita der Person, die er so glänzend verkörpert, passt das schon wieder gut ins Bild. Für die Rechte der Menschen, die seine Überzeugungen teilten, legte Trumbo schließlich selbst gerne so manchen Alleingang hin: Einer für alle, alle gegen einen.

Foto(s): Paramount Pictures