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Top bei den Oscars, ein Flop im Kino

Nicht jeder Film, der bei den Academy Awards absahnt, ist auch zwingend ein kommerzieller Erfolg. So schön es ist, den kleinen Goldjungen zu gewinnen, ein Kinokassengarant ist das noch lange nicht. Hier einige Beispiele aus der jüngeren Oscar-Geschichte.

Von Thomas Lassonczyk

Obwohl es bis zur Oscar-Verleihung 2017 noch eine Weile hin ist, steht der Sieger im Prinzip schon fest. Es ist “La La Land”, der mit 14 Nominierungen den Fabel-Rekord von “Alles über Eva” und “Titanic” eingestellt hat. Das hinreißend romantische Musical mit Emma Stone und Ryan Gosling in den Hauptrollen, das schon bei den Golden Globes siebenfach triumphierte, wird auch an der Kinokasse ordentlich absahnen.

In Deutschland ist “La La Land” schon seit dem 12. Januar in den Kinos und natürlich bis noch bis weit nach den Oscars auch dort bleiben. Ein Millionenpublikum ist ihm fast schon sicher. Das kann bei weitem nicht jeder Academy-Award-Gewinner von sich behaupten. Denn der Erhalt der kleinen goldenen Statuetten bedeutet keinesfalls, dass dann auch die Kinokassen klingeln.

Bestes Beispiel: “Tödliches Kommando - The Hurt Locker”. Das packende Irakkriegsdrama von Kathryn Bigelow bekam 2010 sechs Oscars, darunter auch die wichtigen Kategorien Bester Film und Beste Regie. Doch hierzulande wollten nur knapp 70.000 Besucher den Film sehen, so viele Menschen zeigt der FC Bayern allein bei einem stinknormalen Bundesligaheimspiel.

Sechs Jahre später erging es “Spotlight" nicht viel besser. Der hervorragende Thriller im Stile des Klassikers “Die Unbestechlichen” wurde als bester Film und für das beste Drehbuch ausgezeichnet, schaffte dann aber in Deutschland mit Mühe die 300.000-Zuschauer-Hürde. Vielleicht lag es am brisanten Thema: es geht um Kindesmissbrauchsfälle in der katholischen Kirche.

Ein Jahr zuvor riss auch “Birdman, oder (die unverhoffte macht der Ahnungslosigkeit)“ die Kritik zu Begeisterungsstürmen hin. Obendrein gab es für die raffinierte Satire des mexikanischen Regie-Enfant-terribles Alejandro González Iñárritu vier Oscars (Film, Drehbuch, Kamera und Regie). Trotz Starbesetzung mit Michael Keaton, Edward Norton und Naomi Watts löste gerade mal eine halbe Million Menschen ein Kinoticket. Auch großartige schauspielerische Einzelleistungen, die mit dem Academy Award belohnt wurden, interessieren den Durchschnitts-Kinogänger wenig. So lockte Julianne Moore 2015 mit ihrem bewegenden Alzheimer-Porträt "Still Alice - Mein Leben ohne gestern” ebenso nur ein paar Hunderttausend vor die Leinwand wie

Matthew McConaughey, der 2014 für seine grandiose Performance als aidskranker Redneck in “Dallas Buyers Club" den Sieg davon trug. Noch schlechter erging es gar Jessica Lange. Sie wurde 1995 für “Blue Sky” erst mit dem Golden Globe und dann mit dem Oscar als beste Hauptdarstellerin geehrt. Aber das in den 1960er Jahren angesiedelte Familiendrama schaffte es bei uns nicht einmal in die Kinos, wurde nur auf Video ausgewertet. Natürlich gibt es auch viele Filme, die auf beiden Fronten abräumten:

Der bereits erwähnte “Titanic" gewann sagenhafte elf Academy Awards und brachte es auf astronomische 18 Millionen Zuschauer. Ähnlich gut lief es auch für “Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs” (elf Oscars/zehn Millionen) und “Forrest Gump” (sechs Oscars/sieben Mio.). Übrigens: Sollte der deutsche Beitrag “Toni Erdmann" dieses Jahr den kleinen Goldjungen bekommen, dann könnte das auch seinen kommerziellen Erfolg noch mal ankurbeln. Momentan liegt er bei rund 800.000 Zuschauern, was für einen Arthausfilm wirklich hervorragend ist. Spätestens im März ist die Besuchermillion geschafft.

Bilder: ddpImages (6)