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Tod eines 16-Jährigen: Polizei-Bodycams waren nicht an

Dortmund (dpa) - Bei einem tödlichen Polizeieinsatz in Dortmund waren die Bodycams der beteiligten Beamten nicht eingeschaltet. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Ermittlerkreisen. Der «Kölner Stadt-Anzeiger» hatte zuvor berichtet. Innenminister Herbert Reul (CDU) hat unterdessen Landtagspolitiker in einem Brief über den Vorfall in Dortmund informiert.

Die Kameras an den Westen der Polizisten hätten im Zweifel mehr Erkenntnisse über den Einsatz bringen können, bei dem ein 16-jähriger Senegalese durch fünf Kugeln tödlich verletzt wurde. Laut Ermittlerkreisen war der Einsatz nach Angaben der Polizei Dortmund zunächst aber nicht für eine Bodycam geeignet - da der Jugendliche sich mit dem Messer augenscheinlich umbringen wollte. Als die Situation kippte und der 16-Jährige mit dem Messer auf die Polizisten zuging, wurde die Lage für die Beamten binnen Sekunden demnach so stressig, dass keiner an die Bodycam gedacht habe.

Das NRW-Innenministerium verteidigte die Entscheidung der beteiligten Beamten, ihre Bodycams bei dem Einsatz nicht einzuschalten. Ein Sprecher des Ministeriums sagte dem «Kölner Stadt-Anzeiger», dass eine Dienstanweisung der NRW-Polizei entsprechende Regelungen für den Einsatz von Bodycams enthalte. Demnach sei das Filmen «höchstpersönlicher Lebenssachverhalte» nicht gestattet. «Die höchstpersönliche Entscheidung, sein Leben beenden zu wollen und dabei "gefilmt" zu werden, könnte darunter zu subsummieren sein», sagte der Sprecher der Zeitung.

Rekonstruktion der Ereignisse

Die Staatsanwaltschaft Dortmund und die unbeteiligte Polizei Recklinghausen rekonstruieren zurzeit die Geschehnisse vom Montag vergangener Woche. Nach bisherigem Ermittlungsstand war der 16-Jährige trotz des Einsatzes von Pfefferspray und Tasern mit einem Messer auf die Polizisten zugegangen. Ein zur Sicherung abgestellter Polizist hatte sechs Mal mit seiner Maschinenpistole geschossen, fünf Kugeln trafen den Jugendlichen. Er starb.

Innenminister Reul antwortete unterdessen auf ein Schreiben der stellvertretenden SPD-Fraktionschefin Elisabeth Müller-Witt und fasste die Vorgänge in Dortmund in einem Brief, der der dpa vorliegt, kurz zusammen. Das Schreiben ging in Kopie an die Chefs der übrigen Landtagsfraktionen.

Reul fasste in dem Schreiben die bereits bekannten Details zusammen und betonte die Unschuldsvermutung, die für den Polizisten mit der Maschinenpistole gelte. Das Landeskriminalamt begleite die Ermittlungen der Mordkommission aus Recklinghausen, was eine «zusätzliche neutrale Ermittlungsinstanz» darstelle.

SPD-Politikerin Müller-Witt zeigte sich mit Reuls Schreiben nicht zufrieden. Noch immer seien «viele Fragen offen». Zu den Bodycams habe Reul «kein Wort» gesagt. Daher werde sich der Landtag «mit diesem schrecklichen Fall selbstverständlich weiter befassen müssen.»