Time’s Up: Emma Thompson erklärt ihren Ausstieg aus dem Animationsfilm "Luck"

Emma Thompson wurde im November 2018 zum Dame Commander des Order Of The British Empire ernannt. (Bild: Steve Parsons/AFP/Getty Images)
Emma Thompson wurde im November 2018 zum Dame Commander des Order Of The British Empire ernannt. (Bild: Steve Parsons/AFP/Getty Images)

Die Einstellung des früheren Pixar-Chefs John Lasseter bei Produktionsfirma Skydance sorgte für viel Kritik und Unverständnis. Schauspielerin Emma Thompson ließ ihrer Empörung Taten folgen.

Lasseters lange Karriere bei Pixar endete unrühmlich: 2017 berichteten mehrere Mitarbeiterinnen aus Disneys Animationsabteilung von wiederholten unangemessenen Berührungen am Arbeitsplatz sowie einer Arbeitsatmosphäre, in der weibliche Angestellte nicht ausreichend respektiert werden. Der 62-Jährige, der als Regisseur und Produzent für Kinoerfolge wie “Toy Story” und “Cars” verantwortlich war, entschuldigte sich öffentlich und legte eine sechsmonatige Auszeit ein, bevor er den Konzern im Juni 2018 endgültig verließ.

John Lasseter war über 30 Jahre bei Disney beschäftigt. (Bild: Chris Delmas/AFP/Getty Images)
John Lasseter war über 30 Jahre bei Disney beschäftigt. (Bild: Chris Delmas/AFP/Getty Images)

Doch John Lasseter fand trotz aller Kritik schnell einen neuen Arbeitgeber in Skydance, der Produktionsfirma, die unter anderem die letzten “Star Trek”- und “Mission: Impossible”-Filme umgesetzt hat. Im Januar wurde der Oscar-Gewinner als neuer Leiter von Skydance Animation vorgestellt – und kurz darauf kündigte Schauspielerin Emma Thompson ihre Mitarbeit an dem Skydance-Animationsfilm “Luck”.

Thompsons Brief an Skydance

Erst einen Monat später werden die genauen Hintergründe für den Ausstieg der Britin bekannt. In einem detaillierten Brief an das Skydance-Management, den Thompson nun unter anderem durch die Zeitungen “Guardian” und “Los Angeles Times” veröffentlichen ließ, zeigt sie sich empört über die Einstellung Lasseters, dessen Eingeständnisse und Entschuldigungen für sie nicht ausreichen.

“Ich finde es sehr seltsam, dass Sie und Ihre Firma jemanden mit Herrn Lasseters Muster an Fehlverhalten engagieren – vor allem angesichts des aktuellen Klimas, in dem wohl erwartet werden kann, dass sich Menschen mit dem Einfluss, den Sie haben, den Herausforderungen stellen”, eröffnet die Oscar-Preisträgerin ihr Schreiben im Geiste der Bewegungen #MeToo und Time’s Up.

“Bitte bitte bitte lest das. Das waren die Fragen, die jede Frau sofort hatte, als sie von seiner Einstellung hörte. Danke an Emma Thompson, dafür, dass sie die Stimme für diejenigen ist, die fühlen, dass sie nicht gehört werden.”

Skydance hat mehrere Schritte eingeleitet, um die Anheuerung von John Lasseter vor den eigenen Angestellten zu verteidigen: Konzerngründer David Ellison versicherte seinen Mitarbeitern laut der “Los Angeles Times” in einer internen Mail, dass Lasseter vertraglich verpflichtet sei, sich am Arbeitsplatz professionell zu verhalten. In Mitarbeiterversammlungen bekam der neue Animationsleiter außerdem die Gelegenheit, sich für seine vorherigen Fehltritte zu entschuldigen und um eine zweite Chance zu bitten.

Zweite Chance für Lasseter?

Emma Thompson reagiert, wie vermutlich viele Skydance-Mitarbeiter, mit Unverständnis. “Wenn ein Mann Frauen jahrzehntelang unangemessen berührt hat und der einzige Grund, warum er das jetzt nicht mehr tut, ist, dass sein Vertrag vorgibt, dass er sich ‘professionell’ verhalten muss, warum sollte eine Frau für ihn arbeiten wollen?”, fragt die Schauspielerin in ihrem Brief. “Es wurde viel darüber geredet, John Lasseter eine ‘zweite Chance’ zu geben. Aber ihm werden vermutlich Millionen Dollar gezahlt, damit er diese zweite Chance bekommt. Wie viel Geld bekommen die Mitarbeiter von Skydance, um ihm diese zweite Chance zu geben?”

“So sieht es aus, wenn man seinen Worten Taten folgen lässt. Danke, Emma Thompson.”

Thompson erklärt weiter, dass sie es bedaure, aus der “Luck”-Produktion austreten zu müssen, doch die aktuelle Situation sei für sie nicht vertretbar. Sie sei sich bewusst, dass “ein jahrhundertelanger Anspruch auf Körper der Frauen, ob sie es wollen oder nicht” sich nicht über Nacht ändern würde. “Doch wenn Leute wie ich, die sich zu Wort gemeldet haben, nicht derart Stellung beziehen, dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich die Dinge in dem Tempo ändern werden, das erforderlich ist, um die Generation meiner Tochter zu schützen”, schließt sie ihr Schreiben ab.

Angetrieben durch den Weinstein-Skandal setzt sich die Time’s-Up-Bewegung seit 2018 gegen sexuelle Belästigung und für Gleichberechtigung von Frauen in und jenseits von Hollywood ein. “Ich glaube, dass ich nicht übertreibe, wenn ich sage, dass dieser Brief von Emma Thompson zu ihrem Ausstieg bei ‘Luck’ einer der bedeutendsten Momente in dieser Bewegung ist”, schreibt Melissa Silverstein, die Gründerin der Plattform “Women And Hollywood” auf Twitter.