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Tabu-Thema Seitensprung: "Es war ein natürlicher Reflex"

Nahezu jeder zweite Deutsche gibt laut Umfragen zu, schon einmal untreu gewesen zu sein. Doch was bewegt so viele Männer und Frauen dazu, fremdzugehen und eine Trennung in Kauf zu nehmen? "37°" ließ Menschen zu Wort kommen, die mal mehr, mal weniger freiwillig mit dem Thema Untreue konfrontiert wurden.

Wer hätte das gedacht: Laut einer Statistik aus dem Jahr 2015 zählt Deutschland zu den untreusten Nationen weltweit. Ganze 45 Prozent aller verheirateten Menschen hierzulande gaben zu, ihren Ehepartner schon einmal betrogen zu haben. Damit liegt Deutschland im internationalen Fremdgeh-Ranking auf Platz drei. Doch was treibt Menschen zum Seitensprung? Dieser Frage ging die Filmemacherin Petra Cyrus im Rahmen der ZDF-Reihe "37°" unter dem Titel "Abenteuer Affäre - Leben mit dem Seitensprung" auf den Grund. Sie sprach mit vier Männern und Frauen über Erfahrungen, die kaum privater sein könnten. Deutlich wurde in der eindringlichen Reportage vor allem eines: Jeder Vertrauensbruch hinterlässt Spuren - sei es bei dem, der betrügt, oder bei dem, der betrogen wurde.

So berichteten es auch die Berliner Mina und Arndt. Das Paar ist seit 14 Jahren zusammen und lebt gemeinsam mit seinen zwei Kindern in Wien. Dreimal schon hat Mina ihren Partner betrogen, auch Arndt selbst ging während der Beziehung einmal fremd. Und obwohl die beiden die Seitensprünge zum Anlass nahmen, an ihrer Beziehung zu arbeiten, wirkte die Stimmung zwischen ihnen angespannt.

Dadurch hatte man als Zuschauer fast das Gefühl, zu tief in die Privatsphäre eines Paares einzudringen, das seinen größten Konflikt eben doch noch nicht überwunden hat. Zum Beispiel dann, wenn Arndt hinter Minas geplantem Treffen mit einem Mann namens Berni "andere Intentionen" vermutet, zumindest "von seiner Seite aus" - und man am liebsten weghören wollte, als seine Partnerin ihn mit "Wir können ja noch mal eine Nacht darüber schlafen" abfertigte.

Von der Betrügerin zur Betrogenen

Und trotzdem: Dieses Paar machte im Film einen außergewöhnlich reflektierten Eindruck. Sowohl Mina, die auch in Zukunft nicht darauf verzichten möchte, hin und wieder mit anderen Männern auszugehen und das offen kommuniziert, als auch Arndt, der seine persönliche Schmerzgrenze mittlerweile nachjustiert hat, nähern sich dem Thema inzwischen offenbar mit erstaunlicher Sachlichkeit: "Wenn Sexualität nur noch außen stattfindet, dann ist das ein No-Go", erklärt er.

Auch Christiane aus Wiesbaden kennt die Probleme, vor denen eine Beziehung nach einem Betrug steht. Ihre heile Welt, bestehend aus Ehemann, zwei Kindern und einem Einfamilienhaus, geriet ins Wanken, als sie sich nach zwölf Jahren Beziehung auf eine Affäre einließ. Es war vor allem der Wunsch, wieder als Frau wahrgenommen und begehrt zu werden, der Christiane in die Arme des anderen Mannes trieb, wie sie in dem Beitrag verriet. Als sie ihrem Ehemann vom Seitensprung erzählte, versuchten die beiden, ihre Ehe mit professioneller Hilfe zu kitten - und scheiterten: "Da ist das Grundvertrauen einfach zerstört worden."

Als Christiane einige Jahre nach ihrer Scheidung ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann einging und von diesem letztendlich selbst betrogen wurde, traf es die 53-Jährige hart. "Ich konnte dann nachvollziehen, wie es meinem Ehemann damals gegangen ist", bekannte sie. Sie wirkte noch immer verletzt, wie sie so allein im gemeinsamen Stammlokal sitzt und sich alte E-Mails durchliest. Es scheint so, als könne Christiane ihr altes Leben - mit Affäre, wohlgemerkt - nur schwer loslassen.

"Be careful what you ask for"

Im Gegensatz zu Christiane und Mina hatte Michael nicht vor, seinen Seitensprung zu beichten. Die Affäre des Hamburgers mit einer Arbeitskollegin flog auf, als seine Ehefrau einen Chatverlauf zwischen ihrem Mann und seiner Geliebten entdeckte. Schuldig fühlte er sich nicht, für Christian war der Betrug ein "natürlicher Reflex". Das Problem sieht der 50-Jährige eher im Blick ins Handy als im Fremdgehen. Ganz nach dem Motto "Be careful what you ask for" riet er, nicht nach Dingen zu suchen, die man nicht sehen möchte. Mittlerweile leben er und seine Frau getrennt.