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Softing-CEO Dr. Trier: „Wir müssen positive Fakten schaffen“

Zwei Sondereffekten waren dafür verantwortlich, dass die Softing AG in der vergangenen Woche ihre EBIT-Prognose für das laufende Geschäftsjahr auf 2,0 bis 2,5 Millionen Euro korrigieren musste. In der Folge wurde die Aktie böse abgestraft und büßte mehr als ein Viertel ihres Wertes ein. DER AKTIONÄR traf Softing-CEO und Mehrheitsaktionär Dr. Wolfgang Trier zum Exklusivinterview und sprach mit ihm über die Verschiebung einer Zwei-Millionen-Order, ein „heißes“ Thema in der Automotive Industrie, das traditionell starke Schlussquartal und den optimistischen Ausblick auf 2018: „Zu einigen Punkten können Sie noch dieses Jahr Nachrichten zu erfolgten Abschlüssen erwarten, die Meilensteine für 2018 markieren“, ist der Konzernlenker überzeugt.

Herr Dr. Trier, Softing musste die EBITDA-Prognose für 2017 deutlich senken. Hat sich diese Entwicklung bereits im dritten Quartal abgezeichnet?

Dr. Wolfgang Trier: Nein, das war nicht absehbar, da das dritte Quartal operativ im Wesentlichen planmäßig verlaufen ist. Selbst wenn das dritte Quartal besser als geplant gelaufen wäre, hätten wir diese für das vierte Quartal erwartete Einzelposition über rund 2 Millionen Euro, die als Rechteverkauf für eine nicht aktivierte Entwicklung zu 100 % EBIT darstellt, im Gesamtjahr nicht substituieren können. Das hat uns sehr getroffen, letztlich gab es zur Meldung keine Alternative.

Sie sprechen in Ihrer Ad-hoc-Mitteilung von einer „Verschiebung der Umsatzrealisierung einer bereits abgeschlossenen Produktentwicklung“. Gehen Sie davon aus, diesen ursprünglich noch für 2017 eingeplanten Umsatz- und Ergebnisbeitrag nun im Geschäftsjahr 2018 realisieren zu können?

Ja, wir gehen in der Tat davon aus, dass dieser Betrag ganz überwiegend in 2018 realisiert wird. Der Kunde hat bereits einen hohen sechsstelligen Betrag bezahlt. Das Produkt ist erst nach Zahlung des Restbetrags, im Ganzen oder über mehrere Teilbeträge, frei von unseren IP-Rechten. So sehr uns dies kurzfristig getroffen hat, es ist ganz klar nur eine Verschiebung und wird sich positiv auf unser Zahlenwerk in 2018 auswirken.

Sie berichten zudem von bilanziellen Wechselkurseffekten, die sich ebenfalls negativ auf das Jahresergebnis auswirken. Warum hedgen Sie Ihre Währungsrisiken nicht?

Hierbei handelt es sich in erster Linie um den rein bilanziellen Effekt in der Bewertung der internen Darlehen nach IFRS. Das macht den größten Teil der Effekte aus. Dies abzusichern, ist schlicht nicht möglich. Operativ ist lediglich die Umrechnung des Ergebnisses unserer US-Tochter betroffen. Das könnte man absichern, was aber jedoch mit deutlichen Kosten verbunden wäre. Und auf mittelfristige Sicht gleichen sich bei den Währungsschwankungen positive und negative Effekte weitgehend aus, so dass eine teure Absicherung betriebswirtschaftlich kaum Sinn macht.

Abgesehen von den beiden genannten Sondereffekten, wie zufrieden sind Sie mit dem operativen Abschneiden im bisherigen Jahresverlauf?

Die Ertragslage bei Automotive 2017 ist hinlänglich thematisiert. Die ersten beiden Quartale bei Industrial sind sehr gut verlaufen, wenngleich das Geschäft in der DACH-Region schwächer wuchs. Aber insbesondere das US-Geschäft hat zu alter Stärke zurückgefunden. Unsere Tochter IT Networks hat ebenfalls ein gutes bis sehr gutes Wachstum hingelegt. Schwarze Zahlen vorausgesetzt hatten und haben wir hier in erster Linie das Wachstum im Fokus. Das dritte Quartal ist hinter diesen Zuwächsen abgefallen.

Sie sprechen es an: Während das US-Industrial-Geschäft zu alter Stärke zurückgefunden hat, schwächelt nun die DACH-Region. Mit welchen Maßnahmen haben Sie darauf reagiert?

Wir haben in der DACH-Region bisher zwei Geschäfte zusammengebunden, die ganz unterschiedliche Ausprägungen im Markt haben. Zum einen sind dies klassische Basisgeschäfte überwiegend mit Hardware-Produkten für die Fertigungs- und Prozessindustrie. Zu anderen haben wir mit Data Intelligence eine neue, fast ausschließlich auf Software basierte Produktfamilie aufgebaut. Diese entwickelt sich weit schneller und muss sich in einem völlig anderen Wettbewerbsumfeld behaupten. Damit beide erfolgreich ihren Weg gehen, werden wir zwei unabhängige Gruppen bilden, die sich in allen Aufgaben und Funktionen nur noch an ihren jeweiligen Zielen orientieren werden.

Das Segment Automotive belastet das Konzernergebnis mit einem operativen Verlust. Wann erwarten Sie hier wieder schwarze Zahlen und welche Neuheiten haben Sie in der Pipeline?

Wie bereits kommuniziert, haben wir damit begonnen, die Kosten bis Jahresende deutlich zu reduzieren. Damit reduziert sich auch die Kostenbasis für 2018. In Verbindung mit den erwarteten Geschäften planen wir mit schwarzen Zahlen. Im nächsten Jahr werden wir mindestens zwei neue Produkte mit „Over the Air“ Eigenschaften auf den Markt bringen. Zusammen mit einem Partner wollen wir Dienste anbieten, mit denen man kostengünstig Daten aus Fahrzeugflotten abrufen kann – derzeit eines der heißesten Themen in der Automotive Industrie. Hier können wir mit unserem Diagnose-Know-how punkten.

Sie berichten zudem von potenziellen Aufträgen über mehrere Millionen Euro, die unter Verhandlung stehen. Geht es dabei nur noch um den Preis? Welche Bedeutung hätten diese Orders für Softing?

Wir stehen mit Produkten und Dienstleitungen rund um unser Kern-Know-how in der Diagnose in Verhandlungen bei strategisch und wirtschaftlich sehr interessanten Projekten. Zunächst einmal müssen wir eines nach dem anderen gewinnen, dann werden wir die großen Projekte auch kommunizieren. Vorher riskieren wir sowohl die Projekte als auch unsere Glaubwürdigkeit.

Welche Erwartungen haben Sie an das laufende Schlussquartal?

Das vierte Quartal ist bei Softing traditionell das stärkste Einzelquartal. Dies wird auch 2017 der Fall sein. Dadurch und durch die stufenweise Reduktion externer Kosten wird das nunmehr prognostizierte Jahresergebnis erreicht werden. Bisher sieht alles nach einem guten Schlussquartal aus.

Bei einer Investorenveranstaltung im September hatten Sie einen sehr optimistischen Ausblick auf 2018 gegeben. Können Sie diesen noch aufrechterhalten?

Ja, absolut. Zu einigen Punkten können Sie noch dieses Jahr Nachrichten zu erfolgten Abschlüssen erwarten, die Meilensteine für 2018 markieren. Wir werden damit auch im Ergebnis wieder in Richtung unserer grundsätzlichen Erwartungen steuern, wenngleich wir unser Kernziel einer nachhaltig zweistelligen EBIT-Marge über alles nicht in einem Schritt erreichbar sehen. Das liegt zum einen am Wiederaufbau der Profitabilität der Automotive-Sparte wie auch an der Änderung unserer Geschäftsmodelle von Einmalerlösen hin zu jährlich wiederkehrenden, stärker service-bezogenen Umsätzen. Dies bedeutet in den ersten Schritten zwangsläufig eine Verlagerung vom ersten auf mehrere Folgejahre.

Sehr ruhig ist es um potenzielle Zukäufe geworden. Finden Sie keine passenden Objekte oder benötigen Sie die vorhandenen liquiden Mittel für Investitionen und Produktentwicklung?

Uns konnten einige bis hin zur Due Dilligence getriebene Akquisitionsobjekte schlussendlich nicht überzeugen. Einige Themenbereiche haben wir zurückgestellt. Eine der größten Chancen im Bereich mobiler Daten nehmen wir selbst in die Hand. Sobald die Voraussetzungen erfüllt sind, werden wir hierzu noch konkret kommunizieren.

Mit der Gewinnwarnung hat das Vertrauen der Investoren gelitten. Wie wollen Sie dies in den nächsten Monaten wieder zurückgewinnen?

Wir müssen und werden uns das Vertrauen Stück für Stück mit der Realisierung der genannten Chancen wieder zurückkämpfen. Es macht keinen Sinn zu spekulieren, wir müssen liefern und so positive Fakten schaffen. Auch wird es wichtig sein, über eine regelmäßige IR-Arbeit deutlich intensivier zu kommunizieren. Genau das werden wir tun.

Herr Dr. Trier, besten Dank für das Interview.

Aktie technisch angeschlagen

Die Softing-Aktie ist nach der Gewinnwarnung technisch angeschlagen. Kann Trier mit seiner Mannschaft die avisierten Fakten schaffen, könnte sich das aktuelle Kursniveau als Einstiegschance entpuppen. Allerdings sollten nur risikobereite Anleger zugreifen.