Sofia Coppola: "Es ist schade, dass ich zur Zielscheibe werde"

Regisseurin Sofia Coppola (46, "Lost in Translation") meldet sich zurück - und wie! Ihr neuer Film "Die Verführten" beeindruckt nicht nur mit Starbesetzung (Nicole Kidman, Colin Farrell, Kirsten Dunst, Elle Fanning), sondern wurde beim Festival von Cannes direkt mit dem Preis für die beste Regie geehrt. Eine Auszeichnung, die zuletzt vor 50 Jahren an eine Frau ging. Da passt es gut, dass sich auch der Film um Frauen dreht.

"Die Verführten" ist eine Adaption des Romans "The Beguiled", der im Jahr 1864 während des amerikanischen Bürgerkriegs in einem Südstaat der USA spielt. Martha Farnsworth (Nicole Kidman) leitet dort eine Mädchenschule, die zwar nur noch einige Schülerinnen hat, diese aber so gut es geht von dem Grauen der Außenwelt abschirmen soll. Das gelingt auch ganz gut, bis der verwundete Soldat John McBurney (Collin Farell) auftaucht. Die unterdrückten Gelüste der Frauen leben auf, Eifersucht und Verführung spielen sich bis zur Katastrophe auf.

Doch neben all dem Lob gibt es schon jetzt Kritik. Coppola wird "Whitewashing" vorgeworfen, weil sie die Rolle einer schwarzen Sklavin strich. Im Interview mit spot on news nahm Coppola dazu Stellung. Die Regisseurin erklärte ihre Version des Films, sprach über Sexismus in Hollywood und darüber, warum sie ihre eigenen Kinder nicht ins Rampenlicht stellen will.

"Die Verführten" ist ihr erstes Remake. Was hat Sie an der Geschichte besonders gereizt?

Sofia Coppola: Vor allem die Faszination zwischen Mann und Frau, die dem Ganzen zu Grunde liegt. Dann die Konstellation an Frauen, die unterschiedlich alt sind und sich an verschiedenen Punkten im Leben befinden. Im Original wurde die Geschichte aus der Sicht des Mannes erzählt, dabei ging es eigentlich um eine Gruppe von Frauen. Deswegen wollte ich es aus deren Perspektive erzählen.

Gibt es noch andere Geschichten, die sie gerne aus der weiblichen Perspektive erzählen würden?

Coppola: Nein, ich will das nicht zu meiner Karriere machen.

Finden Sie, dass Hollywood sexistisch ist?

Coppola: Sexismus existiert definitiv. Es ist eine Herausforderung. Die meisten Leute, die in den Studios arbeiten, sind eben heterosexuelle Männer und um diese geht es dann eben auch in den meisten Storys. Aber mittlerweile kommen immer mehr Sichtweisen dazu.

Sie arbeiten gerne mit den gleichen Schauspielerinnen zusammen. Kirsten Dunst und Elle Fanning sind auch in diesem Film wieder dabei. Warum?

Coppola: Ich bin der Meinung, Ellen und Kirsten sind beide einzigartig und sehr talentiert. Mit manchen Schauspielerinnen hat man einfach eine besondere Verbindung. Wir haben dieselbe Sensibilität, denselben Humor. Sie verstehen sofort, worauf ich hinaus will.

Haben Sie, als Sie das Drehbuch geschrieben haben, schon im Kopf gehabt, wer die Rollen spielen soll?

Coppola: Für die Rolle des Mannes hatte ich mir niemanden vorgenommen. Er sollte maskulin und sexy aber gleichzeitig smart sein. Eine charmante und eine dunkle Seite haben. Abgesehen davon habe ich mir Kirsten und Elle vorgestellt und hatte auch Nicole Kidman schon im Kopf. Das hilft mir beim Schreiben.

Es spielen auch mehrere junge Mädchen mit. Sie haben selbst zwei Töchter, Romy (10) und Cosima (7). Könnten Sie sich vorstellen, dass auch sie eines Tages in ihren Filmen auftauchen? Schließlich standen Sie selbst als Kind auch für die Filme ihres Vaters Francis Ford Coppola vor der Kamera.

Coppola: Nein. Ich will meine Töchter nicht einfach in einen meiner Filme stecken. Wenn Sie das später einmal studieren möchten, gerne, aber jetzt nicht.

Dafür haben Sie mit ihrem Mann Thomas Mars zusammengearbeitet. Er und seine Band Phoenix schrieben den Soundtrack. Wie lief das ab?

Coppola: Ich habe ihnen erzählt, was ich mir vorstelle und ihnen Videos vom Set geschickt. Sie schickten mir dann Musik zurück. Es ist ein Dialog und es hat Spaß gemacht zusammen zu arbeiten.

Im Original kommt eine schwarze Sklavin vor, die sie aus ihrer Version gestrichen haben. Viele Kritiker werfen Ihnen diese Entscheidung vor. Was sagen Sie dazu?

Coppola: Ich wollte eine Geschichte, die sich um die isolierten Frauen dreht und nicht um den Horror des Bürgerkriegs oder um Rassismus. Die Geschichte der Sklavin ist alleine schon so ein wichtiges Thema, das ich das nicht einfach nebenbei abhandeln wollte. Hier einen Stereotypen einzusetzen, hätte ich viel respektloser gefunden. Es war also eine bewusste Entscheidung, sie auszulassen. Es ist schade, dass ich deswegen zur Zielscheibe werde.

Foto(s): Invision, © Focus Features, © Focus Features