So wird der neue "Polizeiruf" aus Frankfurt/Oder

Olga Lenski (Maria Simon) würde gerne mal die Ehefrau von Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) kennenlernen: "Ich finde, es ist Zeit." Jedenfalls fanden die Macher dieses "Polizeiruf 110", dass es an der Zeit für den Zuschauer ist, sie kennenzulernen - und lagen damit falsch. Denn neben den Familientragödien in "Das Beste für mein Kind" wird sein privater Konflikt derart nichtig, dass er komplett untergeht.

Darum geht es

Nur einige Stunden nach seiner Entführung wird der sechs Monate alte Leon Heilmann im polnischen Gorzów Wielkopolski ausgesetzt und der Entführer tot aufgefunden. Lenski und Raczek stoßen bei ihren Ermittlungen auf ein kompliziertes Beziehungsgeflecht. Der kleine Leon wurde adoptiert. Seine leibliche Mutter ist Anna Kowalska, die zwar Mann und Tochter zuhause hat, Leon aber dennoch weggab, da er angeblich aus einer Affäre mit Heilmann entstand. Doch ein Vaterschaftstest zeigt: Weder Heilmann noch Annas Ehemann sind mit dem Kleinen blutsverwandt.

Lohnt sich das Einschalten?

Jein. Der Film gibt seinen Figuren viel Raum, ihre Gefühle auszuleben und hat dafür die richtigen Darsteller gewählt - insbesondere Agnieszka Grochowska trifft als still leidende Mutter zu jedem Zeitpunkt die richtigen Töne. Doch ist die Geschichte dahinter fast zu dünn, um einen 90-Minüter auszufüllen. Die Fronten in der verkorksten Familienkonstellation sind schnell geklärt, ebenso die Motivationen, und gegen Ende zieht sich die Story arg in die Länge.

Es wäre also eigentlich genug Zeit geblieben, Raczeks eigene Eheprobleme weiterzuerzählen. Doch seine Frau Lydia (Julia-Maria Köhler) taucht nach einer Viertelstunde nicht mehr auf, nachdem im Schnelldurchlauf zunächst eine Picknick-Idylle am See und dann ein Ehestreit etabliert wurde, aufgrund dessen Lydia ihren Mann kurzerhand vor die Tür setzt. Fortsetzung folgt. Möglicherweise haben die Filmemacher erkannt, dass sie sich nicht die beste Folge ausgesucht haben, um tiefer in das Privatleben des Ermittlers einzutauchen.

Denn so gerne wir mehr über ihn erfahren wollen, ist sein kurz angerissener Ehestreit hier völlig fehl am Platz. Neben leidenden Müttern, wütenden Vätern und einem Kind, das dem Gezerre der Erwachsenen und der Bürokratie hilflos ausgeliefert ist, interessiert kaum noch, ob Raczek nun im Ehebett oder auf der Couch eines Kollegen schläft. Auch zu seiner Motivation, am Ende beinahe das Gesetz zu brechen, trägt der Konflikt nichts bei - die dürfte auch so verständlich sein. Denn in diesem "Polizeiruf" dominiert das Herz, nicht der Kopf.

Foto(s): rbb/Andrea Hansen, rbb/Andrea Hansen, rbb/Andrea Hansen