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Ein simple Mehrwertsteuer-Rechnung zeigt, wie teuer der Mangel an Arbeitskräften für die junge Generation werden kann

Eine junge Tischlerin bei der Arbeit (Symbolbild).
Eine junge Tischlerin bei der Arbeit (Symbolbild).

Weniger Konkurrenz, bessere Löhne und mehr Jobmöglichkeiten: Für junge Menschen bringt der Fachkräftemangel Vorteile. Sie profitieren davon, dass mit der Generation der Babyboomer mehr Menschen in Rente gehen als junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten. Laut Statistischem Bundesamt wird die Zahl der Menschen über 67 Jahre bis 2035 von heute 16 Millionen auf mehr als 20 Millionen steigen – fast jeder vierte Deutsche ist dann im Rentenalter.

Doch der Arbeitskräftemangel hat nicht nur angenehme Folgen für die Jüngeren. Berechnungen des Ökonoms Holger Schäfer vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen, dass damit auch die Kosten für künftige Generationen steigen: Schon 2022 gehen demnach über 300.000 Personen mehr in den Ruhestand als in den Arbeitsmarkt eintreten, bis 2030 sogar mehr als fünf Millionen. Demnach kommen viel zu wenige junge Menschen nach, wenn sich nichts verändert, zum Beispiel durch Zuwanderung.

Schäfer sieht das größte Problem für die umlagefinanzierten Sozialversicherungen in Deutschland: "Eine kleinere Zahl an Erwerbstätigen wird eine größere Zahl an Rentnern finanzieren müssen", erklärt er. Für nachkommende Generationen heißt das: Sie werden einen größeren Teil ihres Gehalts für die Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung abgeben müssen – außer die Rentenleistungen für Ältere sinken.

Was kommt mit dem Fachkräftemangel auf jüngere Generationen zu?

In der neuen Bundesregierung ist man sich einig, dass Sozialbeiträge stabilisiert werden sollen: "Wir wollen, dass die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbelastungen nicht weiter steigen“, sagte der neue FDP-Fraktionschef Christian Dürr kürzlich dem Handelsblatt. „Und daran können Sie die Ampelregierung messen." Dabei orientiert sich die Ampel auch an der Großen Koalition: Noch für 2021 hatte sie beschlossen, dass die Sozialbeiträge die Marke von 40 Prozent des Bruttolohns nicht übersteigen sollen.

Ein Blick in den Koalitionsvertrag der Ampel zeigt: In der Pflege haben SPD, Grüne und FDP bereits einen höheren Beitragssatz angekündigt. Und auch bei den Rentenbeiträgen lassen sich steigende Ausgaben erwarten: Ohne Reformen in den sozialen Sicherungssystemen drohe ein Anstieg der Beitragsbelastung auf 43,2 Prozent zum Ende dieser Legislaturperiode und auf 45 Prozent bis 2030, warnen Ökonomen wie Martin Werding.

Bis 2050 müsste die Mehrwertsteuer auf 27 Prozent ansteigen, um die Rentenversicherung zu finanzieren

Gemeinsam mit dem Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo Dresden, Marcel Thum, hat Ökonom Werding in einem Gutachten für die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung am Beispiel der Mehrwertsteuer berechnet, wie viel jüngere Generationen zusätzlich bis 2050 an Rentenleistungen zahlen müssten.

Dabei gehen die Forscher davon aus, dass die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung von neun Prozent (Stand: 2021) auf fast zwölf Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung im Jahr 2050 steigen. Um die steigenden Kosten für die jüngeren Generationen zu verdeutlichen, rechneten die Ökonomen diese Kosten auf die Mehrwertsteuer um: Würde man alle bereits heute absehbaren zusätzlichen Ausgaben der Rentenversicherung über die Mehrwertsteuer finanzieren wollen, müsste der Steuersatz von heute 19 Prozent auf 23,7 Prozent im Jahr 2030 steigen – bis 2050 sogar auf 27 Prozent.

Für einen Kaffee, der heute 3,50 Euro kostet, würden dies 20 Cent zusätzlich bedeuten. Jeder Einkauf und jede Investition würde teurer werden. Cent-Beträge könnten schnell zu mehreren hundert Euro werden. Noch höher wäre der Steuersatz, wenn das Rentenniveau bis 2025 stabil bei 48 Prozent bleiben und der Beitragssatz für Rente nicht über 20 Prozent steigen soll. Dann müsste die Lücke mit zusätzlichen Zuschüssen des Bundes und damit aus Steuern gedeckt werden. In diesem Fall würde der Mehrwertsteuersatz rechnerisch sogar auf 30 Prozent steigen. Die Befürchtung von Ökonom Thum: "Gerade Menschen mit mittlerem oder geringem Einkommen müssten dann Abstriche beim Kauf mancher Produkte machen, weil sie einen größeren Teil ihres Lohns für die Mehrausgaben der Rente abgeben müssten."