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RBB-Krise: Aufarbeitung und neue Details zu Boni-Zahlungen

Potsdam (dpa) - Nach der Abberufung von Patricia Schlesinger als RBB-Intendantin arbeitet der Verwaltungsrat jetzt an der Vertragsauflösung.

Das Online-Medium «Business Insider» veröffentlichte am Dienstagabend einen Bericht zur Höhe von Bonuszahlungen an die Führungsriege des öffentlich-rechtlichen ARD-Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), die dieser nicht kommentierte. Am Mittwoch trifft sich der Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks (WDR) erstmals, seitdem Intendant Tom Buhrow nach Schlesingers Rücktritt den ARD-Vorsitz übernommen hat.

«Business Insider» rollt den ganzen Fall rund um Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen Schlesinger seit Ende Juni auf. Die zurückgetretene Intendantin Schlesinger selbst weist die Vorwürfe bislang zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt, es gibt zudem eine unabhängige Untersuchung einer Anwaltskanzlei. Ergebnisse liegen noch nicht vor. Am Montag hatte das Kontrollgremium RBB-Rundfunkrat Schlesinger abberufen.

Gehaltserhöhung und Bonus

In der Kritik steht unter anderem eine kräftige Gehaltserhöhung Schlesingers von 16 Prozent auf 303.000 Euro sowie ein in Medienberichten genanntes Bonus-System für die obere Führungsetage des Senders. Bislang hält der RBB die genauen Zahlen unter Verschluss. Im brandenburgischen Landtag sagte am Dienstag der derzeit geschäftsführende Intendant Hagen Brandstäter, dass es ein Bonus-System nicht gebe. Es handele sich vielmehr um außertarifliche Arbeitsverträge - 27 davon werden demnach variabel vergütet samt Zielvereinbarungen. Kosteneinsparungen im Programm spielten demnach dabei auch eine Rolle.

«Business Insider» berichtete nun, dass es in der Vergangenheit insgesamt einen sechsstelligen Prämienbetrag jährlich für Intendantin und die Direktoren des Senders gegeben haben soll. Ein RBB-Sprecher teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur dazu mit: «Mit Rücksicht auf die laufenden Untersuchungen der Generalstaatsanwaltschaft geben wir derzeit keine Auskunft zu Details der Amtsführung von Patricia Schlesinger, das schließt die Frage der variablen Gehaltsanteile ein.»

Indes arbeitet der Verwaltungsrat weiter an der Auflösung von Schlesingers Vertrag. Die amtierende Verwaltungsratschefin Dorette König sagte im Landtag: «Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir auch eine fristlose Kündigung nicht ausschließen.»

Mögliche Schritte des RBB

Zuvor war über eine Abfindung für Schlesinger spekuliert worden, weil sie in einem Schreiben an die RBB-Gremien ihren Anwalt ins Spiel gebracht hatte. König sagte auch: Man werde alles dafür tun, dass für den RBB die Möglichkeiten bestehen blieben, «Ansprüche gegen Frau Schlesinger geltend zu machen».

Sie selbst habe das Gehalt Schlesingers von 303.000 Euro - es gab eine kräftige Erhöhung um 16 Prozent - nicht als kritisch eingestuft, sagte König. Das könne man unterschiedlich sehen im Nachhinein. Sie verwies auch darauf, dass das letzte Gehalt, das Schlesingers Vorgängerin Dagmar Reim bezogen habe, bei 280.000 Euro gelegen habe.

Wegen zahlreicher Vorwürfe des Filzes und der Vetternwirtschaft gegen Schlesinger und den zurückgetretenen RBB-Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf hatte der Landtag erneut eine Sondersitzung angesetzt, im Juli hatte die 61-Jährige die Einladung ausgeschlagen. Auf viele Fragen der Abgeordneten gab es keine abschließenden Antworten. Es wurde auf die laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue und Vorteilsannahme gegen Schlesinger und ihren Ehemann, den Ex-«Spiegel»-Journalisten Gerhard Spörl, verwiesen und auch auf die externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei.

Die Vorwürfe

Am Mittwoch wird sich in Köln der Rundfunkrat des ARD-Senders Westdeutscher Rundfunk (WDR) zum ersten Mal treffen, seit Intendant Tom Buhrow den ARD-Vorsitz mit dem Abgang Schlesingers übernommen hatte. Auch die Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD liegt jetzt wieder beim WDR. Der ganze Fall rund um die Vorwürfe beim RBB hat den ARD-Sender in eine beispiellose Krise gestürzt, die auch auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland abfärbt.

Wolf und Schlesinger hatten gegen sie gerichtete Vorwürfe zurückgewiesen. Es geht dabei auch um fragwürdige Aufträge für Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl bei der Messe Berlin, wo Wolf ebenfalls bis zu seinem dortigen Rücktritt Aufsichtsratschef war. In dem Fall geht es auch um Vorwürfe wie umstrittene Beraterverträge für ein inzwischen auf Eis gelegtes RBB-Bauprojekt, einen teuren Dienstwagen für Schlesinger mit Massagesitzen, die Verköstigung von Gästen in ihrer Privatwohnung auf RBB-Kosten mit angeblich falschen Rechnungen. Auch die Renovierung der Chefetage mit schicken Möbeln für 1,4 Millionen Euro sorgte für Unmut, zudem wird ein London-Trip Schlesingers hinterfragt.