"Das Schöne ist doch, wenn sich der Job nicht wie Arbeit anfühlt"

Vom 11. bis 21. August verwandelt sich München ins Zentrum des Europäischen Spitzensports: Die European Championships 2022 stehen an, und Anchorwoman Esther Sedlaczek übernimmt die Moderation im Ersten. Zuvor kannte man die 36-Jährige hauptsächlich aus der Fußballberichterstattung, nun muss sie sich in neun Sportarten auskennen. (Bild: BR / Markus Konvalin)

Neun Europameisterschaften unter dem Dach eines einzigen Multisport-Events: Esther Sedlaczek präsentiert die European Championships in München in der ARD. Im Interview spricht die Moderatorin über die Besonderheiten des Standorts München, lange Sendestrecken und den Reiz von Randsportarten.

Mal im Studio, mal am Spielfeldrand, aber immer ganz nah dran am Geschehen: Seit Moderatorin Esther Sedlaczek 2011 bei Sky ihre Fernsehkarriere startete, ist sie aus der Fußballberichterstattung in Deutschland nicht wegzudenken, zehn Jahre später übernahm sie mit der ARD-"Sportschau" eine echte Institution. Für die European Championships 2022, die vom Donnerstag, 11., bis Sonntag, 21. August, in München stattfinden, richtet die 36-Jährige den Blick über den Fußball hinaus - das Event deckt von der Leichtathletik über Tischtennis bis zum Bahnradsport viele beliebte TV-Sportarten, aber auch einige Randsportarten ab. 50 Jahre nach den Olympischen Spielen findet wieder ein großes Multisport-Event in München statt: Sedlaczek moderiert für die ARD - die Federführung übernimmt der BR - die Europameisterschaften in nicht weniger als neun Disziplinen.

teleschau: Frau Sedlaczek, kribbelt es schon so kurz vor den European Championships?

Esther Sedlaczek: Ja, ich freue mich auf so viel Neues und finde mich auch in einer neuen Rolle als Moderatorin wieder: Bisher war ich vor allem beim Fußball im Einsatz, nun darf ich erstmals ein großes Multisport-Event präsentieren. Neun Europameisterschaften und 4.700 Top-Sportler: Für mich ist das ein richtiges Klein-Olympia. Es sind viele spannende Wettkämpfe und internationale Topstars dabei, mit denen ich persönlich noch keine Bekanntschaft machen durfte. Es gibt ganz viel, auf das ich mich freue - natürlich auch auf viele Erfolge aus deutscher Sicht.

teleschau: In welchen Sportarten haben deutsche Athletinnen und Athleten gute Chancen auf den Sieg?

Sedlaczek: Da gibt es so einige Disziplinen, in denen ich mir aus deutscher Sicht etwas ausrechne. Ich denke da etwa an die frischgebackene Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo oder Timo Boll und Dimitri Ovtcharov im Tischtennis. Sie alle haben das Zeug, zu Gesichtern dieser Spiele zu werden, und Überraschungen sind ohnehin immer drin. Aber ich finde auch Geschichten wie die von Ruderer und Lokalmatador Oliver Zeidler besonders: Sein Opa ist 1972 bei den Olympischen Spielen in München angetreten und hat Gold geholt, 50 Jahre später geht er selbst an dieser historischen Stelle auf Medaillenjagd.

teleschau: Was ist Ihr persönliches Highlight?

Sedlaczek: Sehr schwere Wahl, aber womöglich tatsächlich die Leichtathletik. Wir alle schauen auf Malaika Mihambo - ihr Wettkampf am 18. August ist bei mir rot im Kalender markiert und fällt zum Glück auch auf einen ARD-Sendetag. Aber ich habe früher bei Sky auch jahrelang die deutsche Beachvolleyball-Tour begleitet und liebe diesen Sport. Da freue ich mich auf viele bekannte Gesichter und auf die besondere Location am Königsplatz.

Im Münchner Olympiastadion fühlt sich Esther Sedlaczek schon wie zu Hause: Hier werden die Leichtathletik-Events der European Championships stattfinden. Seit einigen Jahren lebt die gebürtige Berlinerin bereits in der bayerischen Landeshauptstadt.  (Bild: BR / Markus Konvalin)
Im Münchner Olympiastadion fühlt sich Esther Sedlaczek schon wie zu Hause: Hier werden die Leichtathletik-Events der European Championships stattfinden. Seit einigen Jahren lebt die gebürtige Berlinerin bereits in der bayerischen Landeshauptstadt. (Bild: BR / Markus Konvalin)

"Neues kennenzulernen macht den Reiz doch aus"

teleschau: Was macht München zur perfekten Bühne für die European Championships?

Sedlaczek: München hat schon oft bewiesen, dass es ein großartiger Austragungsort für Sportevents ist. Es ist aber ein besonderer Glücksfall, dass die European Championships 50 Jahre nach den Olympischen Spielen hierher vergeben wurden. Die Sportanlagen von damals, die ihren Glanz nicht verloren haben, geben dem ganzen eine besondere Atmosphäre und sind natürlich auch ein Paradebeispiel für Nachhaltigkeit. Wir werden auch bei uns im Programm immer wieder die Brücke schlagen zu Olympia 72 - etwa mit Beiträgen aus Archivschätzen und besonderen Gästen.

teleschau: Als gebürtige Berlinerin wohnen Sie nun schon länger in München.

Sedlaczek: Richtig, es ist ein Heimspiel! Für mich als Wahl-Münchnerin hat auch die Kulisse des Olympiaparks ein besonderes Flair. Es ist das erste Mal, dass ich ein Sportevent von dort begleite. Für Pressefotos stand ich kürzlich auch das erste Mal auf dem Dach des Olympiastadions. Dort hat man diesen Überblick über den Park und denkt sich nur: Wow!

teleschau: Ist die Vorfreude in der Stadt zu spüren?

Sedlaczek: Ich merke das in meinem Freundes- und Bekanntenkreis. Auch mein Mann und meine Tochter freuen sich darauf. Sie ist ja noch ganz jung und kann jetzt erstmals zu meiner Arbeit kommen. Gleichzeitig ist es auch ein gesellschaftliches und kulturelles Ereignis mit entsprechendem Begleitprogramm. Wenn so ein großes Sportevent stattfindet - ich denke da an die WM 2006 - dann macht das immer etwas mit der Atmosphäre in einer Stadt.

teleschau: Besteht die Gefahr, dass nun mehr das Event als der Sport im Vordergrund steht?

Sedlaczek: Das glaube ich nicht. Die Faszination der European Championships besteht für mich darin, dass sie das Spotlight auf Sportarten richten, mit denen man vorher kaum in Berührung gekommen ist - und das nicht nur im Olympiapark, sondern auch an anderen Schauplätzen in der ganzen Stadt. BMX-Freestyle ist beispielsweise eine Disziplin, mit der ich noch nie etwas zu tun hatte, aber auf die ich mich sehr freue. Neues kennenzulernen macht den Reiz doch aus. In meinem Umfeld bemerke ich gerade an diesen Randsportarten großes Interesse.

teleschau: Vor allem sind die Wettkämpfe vielfältig.

Sedlaczek: Ich finde diese großen Multi-Sportevents grundsätzlich total interessant. Mein Hauptfokus lag stets auf dem Fußball, aber der Blick über den sportlichen Tellerrand hinaus ist immer spannend. Als Zuschauerin macht mir das Spaß, egal ob es die European Championships 2018 in Berlin und Glasgow waren oder Olympia in Peking oder Tokio.

Einfach Wow: Für Esther Sedlaczek war das Erklimmen des Dachs des Olympiastadions ein besonderer Moment. Von hier hat man den perfekten Blick über den Olympiapark, der im Zuge der European Championships Erinnerungen an die Olympischen Spiele 72 weckt. (Bild: BR / Markus Konvalin)
Einfach Wow: Für Esther Sedlaczek war das Erklimmen des Dachs des Olympiastadions ein besonderer Moment. Von hier hat man den perfekten Blick über den Olympiapark, der im Zuge der European Championships Erinnerungen an die Olympischen Spiele 72 weckt. (Bild: BR / Markus Konvalin)

"Blickpunkt Sport": "Das Studio ist schonmal direkt um die Ecke"

teleschau: Dafür liegen teils zehnstündige Sendetage vor Ihnen.

Sedlaczek: Mit langen Sendestrecken bin ich ja schon zuvor in Berührung gekommen, ich habe schon ähnlich lange Pokal-Samstage moderiert. Natürlich habe ich auch Respekt davor. Doch wie bei jeder TV-Übertragung ist es Teamarbeit, und es gilt, diese Herausforderung gemeinsam zu meistern. Außerdem ist da so viel Tempo und Abwechslung drin, dass einem garantiert nicht langweilig wird. Ich freue mich auch darauf, mit vielen tollen Gesprächspartnern vor der Kamera zu stehen, etwa unseren Experten Frank Busemann und Julius Brink oder Fabian Hambüchen, der beim Turnen regelmäßig zu Gast sein wird.

teleschau: Klingt dennoch anstrengend ...

Sedlaczek: Das Schöne ist doch, wenn sich der Job nicht wie Arbeit anfühlt. Ich liebe meinen Job, das ist eine ganz große Leidenschaft. Was ich an dieser Stelle aber auch hervorheben möchte: Neben den spannenden, emotionalen Sportübertragungen werden wir den Blick natürlich auch über den sportlichen Tellerrand werfen und auch kritische, hintergründige Themen beleuchten, etwa mit unserem Experten Hajo Seppelt.

teleschau: In das Mehrsport-Event sind - anders als etwa bei Olympia - auch Para-Disziplinen integriert.

Sedlaczek: Das finde ich persönlich großartig! Ich würde mich freuen, dies auch in Zukunft bei solchen Events zu erleben. Aber diese Entscheidung liegt bei den Verbänden. Wichtig finde ich in allererster Linie, dass der Para-Sport in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit erfahren hat. Das sehen wir ja auch durch die Resonanz auf die Übertragung der Paralympischen Spiele.

teleschau: Welche Termine stehen für Sie nach den European Championships an?

Sedlaczek: Ich werde schon bald zum Moderatoren-Team von "Blickpunkt Sport" im BR Fernsehen stoßen. Das ist eine tolle Sache für mich. Ich freue mich darauf, in Zukunft noch intensiver mit dem BR zusammenzuarbeiten. Das ist ja quasi auch mein Heimatsender und das Studio ist schon mal direkt um die Ecke. Darüber hinaus ist "Blickpunkt Sport" für mich eine Top-Sportsendung und es ist schön, dass der Blick auch hier über den Fußball hinausgeht. Meine Premierensendung ist am Sonntag, 11. September.

Als vierte Frau überhaupt - nach Anne Will, Monica Lierhaus und Jessy Wellmer - moderiert Esther Sedlaczek die ARD-"Sportschau". Ab September präsentiert sie zusätzlich die BR-Kultsendung "Blickpunkt Sport". Mit dem "Quizduell Olymp" wartet bereits im August eine Aufgabe abseits des Sports. (Bild: BR / Markus Konvalin)
Als vierte Frau überhaupt - nach Anne Will, Monica Lierhaus und Jessy Wellmer - moderiert Esther Sedlaczek die ARD-"Sportschau". Ab September präsentiert sie zusätzlich die BR-Kultsendung "Blickpunkt Sport". Mit dem "Quizduell Olymp" wartet bereits im August eine Aufgabe abseits des Sports. (Bild: BR / Markus Konvalin)

"Wir sind nicht da, um die Situation in Katar zu ignorieren"

teleschau: Bereits im August wartet mit dem "Quizduell-Olymp" eine weitere neue Aufgabe. Was hat Sie an der Moderation gereizt?

Sedlaczek: Ich habe in den letzten Jahren immer mal wieder neue Dinge ausprobiert, der Hauptfokus liegt natürlich weiter auf dem Sport. Aber: Wenn sich eine Tür öffnet - und mir etwas sehr viel Spaß bereitet - stellt sich mir die Frage, warum ich nicht durchgehen sollte. Ich freue mich, eine neue Seite an mir als Moderatorin kennenzulernen. Und vielleicht lerne ich auch ein bisschen was an Allgemeinwissen (lacht). Ich habe Lust auf die neue Herausforderung, und man wächst ja bekanntlich auch mit seinen Aufgaben.

teleschau: Haben Sie fleißig die App genutzt?

Sedlaczek: Total! Seit die App vor acht oder neun Jahren rauskam habe ich sie sehr viel genutzt und mich mit allen möglichen Leuten duelliert. Ich bin sozusagen Quizduell-erfahren.

teleschau: Ihre Lieblingskategorie? Sport gilt natürlich nicht!

Sedlaczek: Schade ... In Sport bin ich natürlich besonders gut (lacht). Aber, wenn Sport nicht zur Auswahl steht würde ich sagen Medien & Unterhaltung und Musik & Hits. Da bin ich auch noch echt gut dabei.

teleschau: Im Winter steht mit der Fußball-WM das nächste Großereignis für Sie an. Wird die Menschenrechtslage in Katar auch Einfluss auf die Moderation nehmen?

Sedlaczek: Natürlich. Ich denke, dass wir auch als Moderatorinnen und Moderatoren die politische Situation und die Menschenrechtslage nicht außer Acht lassen dürfen. Für mich wird es das erste Mal in Katar sein, und ich finde es auch wichtig, den Zuschauern zu zeigen, was ich dort persönlich erlebe. Wir sind nicht da, um die Situation von Ort zu ignorieren. Das darf und wird nicht passieren.

Im Jahr 2011 startete Esther Sedlaczek ihre Karriere als Sportmoderatorin im Fernsehen beim Pay-TV-Anbieter Sky. Hier war sie für das runde Leder zuständig und stand unter anderem bei den Partien der Fußball-Bundesliga am Spielfeldrand. (Bild: Jan Woitas / Pool via Getty Images)
Im Jahr 2011 startete Esther Sedlaczek ihre Karriere als Sportmoderatorin im Fernsehen beim Pay-TV-Anbieter Sky. Hier war sie für das runde Leder zuständig und stand unter anderem bei den Partien der Fußball-Bundesliga am Spielfeldrand. (Bild: Jan Woitas / Pool via Getty Images)