Royal-Expertin: "Das Comeback der Queen macht Hoffnung"

Wenn am morgigen Donnerstag (2. Juni) die offiziellen Feierlichkeiten zum 70-jährigen Thronjubiläum der britischen Monarchin Queen Elizabeth II. (96) beginnen, sind die Augen nicht nur auf die Jubilarin gerichtet. Auch ihr Enkel, Prinz Harry (37), und dessen Ehefrau, Herzogin Meghan (40), stehen im Fokus der Öffentlichkeit. Die beiden werden zusammen mit ihren Kindern Archie (3) und Lilibet (wird am Samstag ein Jahr alt) aus den USA anreisen.

Die beiden ausgewanderten Ex-Senior-Royals werden an einigen Programmpunkten wie dem Gottesdienst in der Londoner St.-Pauls-Kathedrale am Freitag teilnehmen. Royal-Expertin Julia Melchior erklärt im Interview mit spot on news unter anderem, was von ihrem Auftritt zu erwarten ist. Gemeinsam mit Christina von Ungern-Sternberg wird Melchior für das ZDF ab 12:10 Uhr vom Dankgottesdienst berichten.

Sie berichten am Freitag für das ZDF vom Gottesdienst in der Londoner St.-Pauls-Kathedrale. Was erwartet die Zuschauerinnen und Zuschauer?

Julia Melchior: Es wird ein ganz würdevoller und feierlicher Gottesdienst voller Rituale in einer gigantischen Kulisse, der der Königin für ihre Lebensleistung als Staatschefin und auch als Oberhaupt der Anglikanischen Kirche huldigt. Trotz des großen Gästeaufgebots aus Politik, Diplomatie und den vielen Institutionen, denen die Queen auch als Schirmherrin verbunden ist, wird es von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern her sehr familiär werden.

Denn am Tag vorher bei der Geburtstagsparade "Trooping the Colour" zu Ehren der Königin und dem anschließenden Auftritt der Queen auf dem Balkon des Buckingham Palasts zeigt sich nur die Kernfamilie mit den sogenannten Working oder Senior Royals, also Prinz Charles und Herzogin Camilla, Prinz William und Herzogin Kate mit ihren Kindern, Prinzessin Anne, Prinz Edward und seine Frau Sophie.

Die gesamte Königsfamilie wird also am Freitag in der Kirche erwartet, auch Harry und Meghan?

Melchior: Ja, sie werden an diesem Tag offiziell zum ersten Mal in Erscheinung treten. Es ist der erste gemeinsame Auftritt der beiden in Großbritannien seit dem Megxit vor über zwei Jahren. Auch die Kinder, Archie und Lilibet, sind auf dieser Reise dabei. Für die Königsfamilie wird es das erste Kennenlernen mit der kleinen Lilibet sein, die am Samstag (4. Juni) auch ihren 1. Geburtstag feiert.

Ob man die beiden Kinder sehen wird, weiß ich allerdings nicht. Es wird sehr darauf geachtet, dass Harry und Meghan der Jubilarin nicht die Show stehlen. Wenn sie die Feierlichkeiten als ihre Plattform nutzen würden, wären viele verärgert. Sie sind sicherlich geschickt genug, das zu vermeiden.

Glauben Sie wirklich, dass Harry und Meghan sich zurückhalten werden?

Melchior: Ich glaube ja, denn England ist kein Heimspiel mehr für die beiden. Harry und Meghan haben ihre Unterstützer im Königreich verloren. In Amerika können sie sich mehr erlauben als in England. Die Eigenvermarktung in Amerika auf Kosten der Monarchie in Großbritannien kommt in der Heimat nicht gut an. Berechtigt ist allerdings die Sorge, die das Königshaus umtreibt, dass sie weiterhin die Familiengeschichte für eigene Zwecke nutzen. Harry ist bereit, über Familieninterna zu plaudern, wie man es eigentlich von Mitgliedern der britischen Königsfamilie nicht kennt und wünscht. Das hat das Paar in den Fernsehinterviews, die sie in den letzten zwei Jahren gegeben haben, ja schon gezeigt.

Die Zuschauerinnen und Zuschauer interessiert das natürlich, und das wiederum steigert den Marktwert der Sussexes. Den Royals missfällt das massiv. Sie sind eben nicht die Darsteller einer Seifenoper, sondern Menschen, die einen öffentlichen Dienst tun. Aber auch sie brauchen einen Raum, in den kein Außenstehender einen Einblick hat. Indiskretionen preiszugeben, ist Verrat an der eigenen Familie. Das tut weh und zerstört das Vertrauensverhältnis.

Könnten das Vertrauen wiederhergestellt und die Wunden geheilt werden?

Melchior: Es ist ein gutes Zeichen, dass Harry und Meghan am Thronjubiläum teilnehmen. Aber die Queen hat ja auch in allen Stellungnahmen zum sogenannten Megxit stets betont, dass die beiden und ihre Kinder "immer geliebte Mitglieder der Familie sein werden, auch wenn sie keine Mitglieder des Königshauses mehr sind". Dass sie nun bei den Feierlichkeiten dabei sind, obwohl so viel Porzellan zerschlagen worden ist, zeigt, dass die Queen meint, was sie sagt. Und es zeigt die Größe der Queen: ihr stoischer Umgang mit den Familienkrisen - Harry und Meghan sind da ja nur ein kleines Puzzleteil.

Was wissen Sie über das Konzert und die Party am Samstag im Buckingham Palast?

Melchior: Die teilnehmenden Künstler von Queen und Diana Ross zu Elbow und Duran Duran, die Bühnenaufbauten und Lichtinstallationen vor dem Buckingham Palast versprechen ein bombastisches Jubiläumskonzert. Mit dem gewaltigen Konzert vor dem Palast im Jahr 2012 anlässlich des diamantenen Thronjubiläums der Queen hat das Königshaus einen Maßstab gesetzt, an dem es sich jetzt messen lässt und nicht enttäuschen wird. Die Engländer können sich einfach inszenieren. Dass sie sich selbst so gut in Szene setzen können, ist einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren dieses Königshauses.

Hat die Queen bei der Auswahl der Künstler mitgesprochen?

Melchior: Nein, das glaube ich nicht. Aber jeder Künstler hat eine besondere Beziehung zum Königshaus wie Elton John, der mit Prinzessin Diana sehr eng befreundet war. Andere wurden von der Queen schon gewürdigt oder ausgezeichnet.

Am Sonntag stehen neben dem Festumzug in London auch die sogenannten Big Lunches im gesamten Königreich an. Was darf man sich darunter vorstellen?

Melchior: Bei den Big Lunches sind die Leute aufgefordert, zusammen zu feiern. Es gibt 60.000 angemeldete Veranstaltungen. Das reicht von kleinen Grillpartys im Garten bis zum Weltrekordversuch, das längste Straßenfest der Welt zu veranstalten. Die Nachbarschaften schmücken alles, setzen sich zusammen und feiern ein Volksfest. Da wird man die Königin selber gar nicht erleben. Aber diese Art zu feiern, ist auch ein Ausdruck ihres Amtsverständnisses. Sie will die Gesellschaft verbinden.

Das wird sie hoffentlich noch sehr lange machen. Welchen Eindruck haben Sie vom Gesundheitszustand der Queen?

Melchior: Ich persönlich habe ehrlich gesagt schon auch damit gerechnet, dass wir vielleicht eine Trauerfeier statt eines Thronjubiläums übertragen werden müssen. Das hohe Alter und die schwindenden Kräfte gaben in den letzten Monaten oft Grund zur Sorge. Die Queen hat sich in der letzten Zeit auch bei so wichtigen Ereignissen wie der Parlamentseröffnung vertreten lassen. Da war das nicht ganz abwegig.

Doch vor einer Woche feierte sie mit der Auftaktveranstaltung zu ihrem Thronjubiläum, dem Pferdefest in Windsor, das Comeback einer strahlenden Königin. Das war sehr erfreulich. In diesen schwierigen Zeiten haucht sie den Menschen mit ihrem Comeback wieder so ein bisschen Hoffnung ein.