ROUNDUP: Ringen um Rügener LNG-Terminal - Habeck kommt erneut auf die Insel
SASSNITZ (dpa-AFX) -Der Bund bemüht sich weiter um Unterstützung für das umstrittene Terminal für Flüssigerdgas (LNG) am Standort Rügen. Am Freitag wird Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erneut auf der Insel erwartet. Geplant sei ein Treffen mit der Landesregierung in Mukran im Osten der Insel, teilte eine Ministeriumssprecherin am Mittwoch auf Anfrage mit. Es solle zudem für die LNG-Pläne geworben und die Notwendigkeit erläutert werden. Dies solle gemeinsam passieren, wie sie betonte. Zuvor hatte die "Ostsee-Zeitung" berichtet.
Vor rund drei Wochen waren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Habeck nach Binz auf Rügen gekommen und hatten die Pläne für ein LNG-Terminal am Standort Rügen verteidigt. Nach Monaten des Widerstands gegen die LNG-Pläne besonders von der Insel haben sich die Verantwortlichen in der Kommunikation zuletzt schwer getan. Aus einem am Dienstag bekannt gewordenen Antwortschreiben des Schweriner Wirtschaftsministers Reinhard Meyer (SPD) auf einen Brief von Habeck geht hervor, dass sich der Bund für den bereits industriell genutzten Hafen von Mukran als Standort für das geplante Terminal entschieden hat. Meyer hatte in seiner Antwort auf ein Treffen vor Ort gedrängt.
Laut Meyer hat der Bund in dem Schreiben von Freitag den Bedarf dargelegt und auch die besondere Stellung der Anbindung eines solchen Gasterminals im Nordosten. Demnach ist vor zu knappen Kapazitäten gewarnt und auch auf die Verantwortung für die Versorgung anderer Länder in Europa verwiesen worden. Nach seiner Darstellung sollen im Hafen von Mukran zwei Spezialschiffe (FSRU) als schwimmende Terminals festmachen, die das verflüssigte Gas wieder in den gasförmigen Zustand versetzen und ins Netz einspeisen. Dazu soll eine etwa 50 Kilometer lange Unterwasser-Leitung nach Lubmin gebaut werden. Hier landen die nicht betriebenen deutsch-russischen Pipelines Nord Stream 1 und 2 an und treffen sich mehrere Leitungen mit großer Kapazität zur Weiterverteilung.
Als eine der beiden FSRU soll das derzeit im Hafen von Lubmin betriebene Terminal, das Spezialschiff "Neptune", nach Mukran verlegt werden. Dem Vernehmen nach soll sich das in Lubmin zuständige Unternehmen Deutsche Regas künftig um den Betrieb der Anlagen in Mukran kümmern. Durch die Verlegung der "Neptune" soll für dieses Terminal die Einspeisekapazität steigen und der bislang notwendige Pendelverkehr kleinerer Tanker durch den Greifswalder Bodden überflüssig werden. Eine Anlage mit zwei FSRU wäre zumindest im Vergleich zu Plänen von Anfang des Jahres eine Reduzierung. Damals sahen Pläne den Bau von Anlegern vor Rügens Küste für bis zu vier FSRU vor.
Meyer hatte am Dienstag gesagt, dass die Bauanträge im Juni bei den Genehmigungsbehörden im Land vorliegen sollen und die Pipeline möglichst bis zum nächsten Winter fertiggestellt sein soll. "Das ist extrem ambitioniert." Entscheidend sei außerdem die Aufnahme Rügens als Standort in das LNG-Beschleunigungsgesetz (LNGG). Die Aufnahme würde ein dort geplantes Terminal als priorisiertes Vorhaben einstufen und den Weg für ein schnelleres Genehmigungsverfahren ebnen. Dem Vernehmen nach soll noch im Mai über eine Anpassung des LNGG beraten werden, damit sie der Bundestag noch vor der Sommerpause beschließen kann. Ziel ist es demnach, noch im kommenden Winter LNG in Mukran anzulanden. Mittelfristig ist in Mukran auch ein festes Terminal zum Umschlag von Wasserstoff und Wasserstoff-Derivaten angedacht.
Mehrere Gemeinden auf Rügen und Verbände wollen gar kein Terminal an oder vor der Küste der Insel. Sie fürchten um die Umwelt und den für Rügen wichtigen Tourismus. Sie kritisieren, es würden nicht benötigte Überkapazitäten geschaffen. Die Gegner laufen seit Monaten Sturm gegen die Pläne - mit Demonstrationen, Petitionen, Umfragen und Erklärungen. Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linken im Bundestag und Abgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern, warf dem Bund am Mittwoch vor, nicht mit offenen Karten zu spielen. Der dpa sagte er: "Es gibt keinen Nachweis für den Bedarf, zudem starke Auswirkungen auf Umwelt und Tourismus. Die zukünftige Nutzbarkeit ist nicht geklärt."