ROUNDUP: Justizminister einig gegen Internet-Hass - Streit beim Schwarzfahren

SCHWANGAU (dpa-AFX) - SchÀrfere Regeln fÃŒr Betreiber sozialer Netzwerke, Strafen bei fahrlÀssigem Umgang mit Missbrauch und ein neues Namensrecht: 39 Themen haben die Justizminister von Bund und LÀndern in Schwangau im AllgÀu besprochen - und bei 29 AntrÀgen eine gemeinsame Linie unter den LÀndern gefunden. Nur drei AntrÀge seien abgelehnt worden, sagte der Vorsitzende der Konferenz, Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU), am Donnerstag nach dem Ende des FrÃŒhjahrstreffens. Bei manchen Themen gingen die Ansichten aber weit auseinander. Ein Überblick:

Hass im Netz: Die Justizminister der LÀnder wollen Betreiber großer sozialer Netzwerke bestrafen, wenn diese HassbeitrÀge nicht zeitnah löschen. Der Bund solle prÃŒfen, inwieweit dies rechtlich möglich ist. Es gehe um strafbare Inhalte, die den Unternehmen zum Beispiel durch Beschwerden bekannt sind, aber trotzdem nicht rasch gelöscht werden. Bisher liege der Fokus des Strafrechts auf den Verfassern, die Betreiber der Netzwerke mÃŒssten höchstens Bußgelder zahlen.

"Das zahlen die alles aus der Portokasse", sagte Eisenreich. Es sei nicht in Ordnung, dass die Unternehmen von den Gewinnen profitierten und die Probleme Demokratie und Rechtsstaat ÃŒberließen.

Auf die Forderung nach einer bundesweiten Meldestelle fÌr Hasskommentare, wie von Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (GrÌne) vorgeschlagen, konnten sich die LÀnderminister dagegen nicht einigen. Stattdessen sollen vorhandene Angebote der LÀnder verbessert und in einem leicht auffindbaren Online-Portal aufgelistet werden. Der bayerische Justizminister kÌndigte an, in etwa zwei Wochen ein Angebot fÌr die Menschen im Freistaat vorzustellen. DafÌr wolle man die baden-wÌrttembergische Meldestelle "Respect!" mitnutzen.

Schwarzfahren: Berlin und Bremen hatten einen Antrag zur Entkriminalisierung des Fahrens ohne Fahrschein eingereicht. Eine Mehrheit fand sich bei der Justizministerkonferenz dafÌr nicht - obwohl eine Initiative zuvor mehr als 100 000 Unterschriften dafÌr an die LÀnderminister Ìberreicht hatte. Bisher drohen Schwarzfahrern neben Geldstrafen auch Haftstrafen bis zu einem Jahr.

Das Thema sei "juristisch nicht zu lösen", sagte Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am Donnerstag. Stattdessen mÌsse armen und suchtkranken Menschen, die wegen Fahrens ohne Fahrschein besonders hÀufig ins GefÀngnis mÌssten, "auf sozialer und Betreuungsseite" geholfen werden. Man sei sich aber unter den LÀndern einig, dass es bei dem Thema "Beratungsbedarf" gebe. Daher sollen sich nun die Amtschefs der Ministerien damit beschÀftigen.

Menschenhandel: Im Kampf gegen Menschenhandel und Ausbeutung fordern die Justizminister vom Bund neue Regeln im Strafrecht. Hier seien klarere Formulierungen und die Schließung von SchutzlÃŒcken nötig. Zwar seien die Vorschriften erst vor sechs Jahren reformiert worden, die neuen Regeln seien aber hinter den Erwartungen zurÃŒckgeblieben. Nötig sei eine "Neuausrichtung des gesamten Regelungsbereichs".

Bayern hatte zusammen mit Niedersachsen unter anderem gefordert, Ermittlern auch in FÀllen von ZuhÀlterei die Überwachung der Kommunikation von VerdÀchtigen zu erlauben. Zudem sollten TÀter auch dann bestraft werden können, wenn sie eine Lage ausnutzen, in der dem Opfer bei Widerstand "ein empfindliches Übel droht".

Umgang mit Missbrauch: Leiter in Kirchen, Schulen und Vereinen sollen nach dem Willen der LÀnder-Justizminister bestraft werden können, wenn sie durch fahrlÀssigen Umgang mit MissbrauchsfÀllen weitere Taten ermöglichen. Der Bund solle dafÌr eine VerschÀrfung des Strafrechts prÌfen. "Es geht uns um den Schutz der Kinder", sagte Bayerns Ressortchef Eisenreich. Bisher seien Strafen fÌr Aufsichtspersonen nur möglich, wenn diese absichtlich durch Handeln oder UntÀtigkeit den sexuellen Missbrauch von Kindern fördern. Das sei aber oft schwer nachweisbar.

Anlass fÃŒr den Vorstoß von Bayern, Baden-WÃŒrttemberg und Nordrhein-Westfalen waren FÀlle, in denen katholische Geistliche nach Missbrauchstaten weiter in der Seelsorge arbeiten durften. Die VerschÀrfung des Strafrechts soll "bei groben Pflichtverletzungen" von Aufsichtspersonen gelten, die weiteren Missbrauch ermöglichen.

Namensrecht: Das deutsche Namensrecht soll nach dem Willen der Konferenz reformiert werden. Das vom Grundsatz der NamenskontinuitÀt geprÀgte Regelwerk sei "wenig flexibel, kompliziert und in manchen Bereichen auch in sich widersprÌchlich". Ein modernes Namensrecht mÌsse dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen, Vielfalt bei LebenslÀufen von Familien und Belangen nationaler Minderheiten Rechnung tragen.

Digitale Vorsorgedokumente: Die Ministerrunde will Vorsorgedokumente wie PatientenverfÃŒgungen fÃŒr Ärzte und Gerichte digital zugÀnglich machen. Es gehe darum, dass der Wille eines Patienten den behandelnden Arzt ÃŒber das Zentrale Vorsorgeregister (ZVR) so schnell wie möglich erreicht. Voraussetzung sei das EinverstÀndnis der Person, die die Dokumente ausgestellt hat. Mit PatientenverfÃŒgungen können Menschen festlegen, welchen Behandlungen sie zustimmen, wenn sie ihren Willen nicht mehr Àußern können.

Pflichtversicherung gegen UnwetterschÀden: Eine Pflichtversicherung gegen sogenannte ElementarschÀden, zum Beispiel durch Starkregen oder Erdrutsche, ist nach EinschÀtzung der Justizminister rechtlich möglich. Eine solche Pflicht fÃŒr private EigentÃŒmer von WohnhÀusern sei "verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen", heißt es im Beschluss der Konferenz. Es mÃŒssten aber "substanzielle Selbstbehalte oder vergleichbare Instrumente vorgesehen werden".

2017 hatte eine Arbeitsgruppe der Justizministerkonferenz noch "durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken" gegen eine solche Pflichtversicherung angefÌhrt. Nach einer erneuten PrÌfung kam die LÀnder-Arbeitsgruppe aber nun zu einem etwas anderen Schluss.

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