ROUNDUP: Dulger fordert Abkehr von Rente mit 63 - Verdi warnt vor Beitragsplus

BERLIN (dpa-AFX) -Vor der angekÞndigten Rentenreform der Bundesregierung macht sich ArbeitgeberprÃĪsident Rainer Dulger fÞr eine Abkehr von der Rente ab 63 in der heutigen Form stark. "Die Rente ab 63 hat zu einem Braindrain gefÞhrt", sagte Dulger der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Viele hoch qualifizierte ArbeitskrÃĪfte stÞnden nicht mehr zur VerfÞgung. "Das hat einfach wehgetan. Das hat die Unternehmen geschwÃĪcht." Auch die FrÞhverrentung in Betrieben sei ein Fehler gewesen, rÃĪumte Dulger ein. "Jetzt muss die Politik auch aus der Erkenntnis zum Handeln kommen."

Die damalige Koalition von Union und SPD hatte die vorgezogene Altersrente ohne AbschlÃĪge ab 45 Jahren Versicherungszeit 2014 eingefÞhrt. Alle vor 1953 Geborenen konnten ohne AbschlÃĪge mit 63 Jahren in Rente gehen; bei JÞngeren verschiebt sich mit steigendem Renteneintrittsalter der Start der abschlagsfreien Rente.

Bei der EinfÞhrung hatte die Regierung jÃĪhrlich rund 200 000 Antragsteller fÞr die abschlagsfreie Rente prognostiziert. Nach Auskunft der Rentenversicherung wurden vergangenes Jahr rund 257 000 AntrÃĪge gestellt. 2020 gab es rund 260 000 AntrÃĪge.

Die PrÃĪsidentin der Rentenversicherung, Gundula Roßbach, sagte der dpa: "Die Menschen nehmen die MÃķglichkeiten wahr, die sie qua Gesetz haben." Habe jemand 45 Jahre gearbeitet, Þberlege er oder sie sich, die vorgezogene Rente in Anspruch zu nehmen - oder eben nicht.

Dulger forderte auch eine generelle Koppelung des regulÃĪren Renteneintrittsalters an die steigende Lebenserwartung. "Da muss dann auch keiner mehr irgendwelche politischen Entscheidungen treffen, die vielleicht unpopulÃĪr sind, sondern man verlinkt das miteinander und dann hat man einen Automatismus, der auf jeden Fall in die richtige Richtung geht", sagte er. Nach geltendem Recht steigt die Altersgrenze bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre.

Laut RentenprÃĪsidentin Roßbach ist das Rentensystem bereits "sehr flexibel" beim Renteneintritt. "Einerseits kann man schon ab 63 mit AbschlÃĪgen in Rente gehen, andererseits sind wir im Hinblick auf den Renteneintritt nach oben komplett offen." Bei den Menschen, die im Alter noch arbeiten, habe es eine große Inanspruchnahme von Minijobs gegeben. "Wir hatten nach den alten Zuverdienstregelungen vor der Pandemie um die 10 000 Renten mit Zuverdienst und entsprechender Einkommensanrechnung." Ab 2023 gebe es bei vorgezogenen Renten keine Zuverdienstregelungen mehr. "Neben einer vorgezogenen Altersrente kann man dann unbegrenzt hinzuverdienen."

Dulger begrÞndete seine Forderungen damit, dass die Rentenkasse immer mehr Steuermittel brauche. Angesichts des erwarteten Übertritts zahlreicher AngehÃķriger der Babyboomer-Generation in die Rente drohten auch die BeitrÃĪge immer stÃĪrker zu steigen. Im kommenden Jahr will die Bundesregierung ein umfassendes Rentenpaket vorlegen, um das Absicherungsniveau der Rente langfristig zu stabilisieren. Bereits angekÞndigt hatte die Koalition, das Rentenalter nicht weiter ansteigen lassen zu wollen.

Verdi-Chef Frank Werneke warnte davor, die demografische Entwicklung nur Þber die BeitrÃĪge auszugleichen. "Bei der von der Regierung anvisierten Stabilisierung des Rentenniveaus ist problematisch, dass das Thema offenbar ohne eine ErhÃķhung des Bundeszuschusses geplant wird", sagte Werneke der dpa. Richtig sei es, dass die Regierung die betriebliche Altersversorgung noch einmal in den Blick nehmen wolle. "Viel zu wenige Arbeitgeber gerade in der privaten Dienstleistungswirtschaft bieten derzeit die betriebliche Altersversorgung an."

RentenprÃĪsidentin Roßbach betonte die derzeit gute Finanzlage. So schließe die Rentenversicherung 2022 mit 2,1 Milliarden Euro Überschuss ab. Bis 2026 werde der Beitragssatz bei 18,6 Prozent konstant bleiben. Laut Rentenversicherungsbericht werde es bis 2030 einen Anstieg auf circa 20,2 Prozent geben. "Das ist deutlich geringer als das, was in der Vergangenheit geschÃĪtzt wurde."

Roßbach erklÃĪrte: "Diese Entwicklung liegt sicherlich auch an der erheblichen Zuwanderung, die wir in den vergangenen Jahren verzeichnen konnten." Der Arbeitsmarkt in Deutschland sei trotz der aktuellen Krisen stabil. Zur Rekordzahl bei der sozialversicherungspflichtigen BeschÃĪftigung habe auch eine kontinuierliche Zuwanderung vor allem aus dem EU-Ausland beigetragen. "Das war so nicht vorausgesagt worden. Und der Arbeitsmarkt war deutlich aufnahmefÃĪhiger, als man das erwartet hatte", meinte Roßbach. Neben den Bundesmitteln wird die Rente vor allem aus den BeitrÃĪgen auf Einkommen von BeschÃĪftigten finanziert.