ROUNDUP/Deutschland: ZEW-Konjunkturerwartungen hellen sich überraschend auf
MANNHEIM (dpa-AFX) - Die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten haben sich auf niedrigem Niveau überraschend aufgehellt. Das Stimmungsbarometer des Mannheimer Forschungsinstituts ZEW stieg im Mai gegenüber dem Vormonat um 6,7 Punkte auf minus 34,3 Punkte, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag in Mannheim mitteilte. Analysten hatten im Schnitt einen weiteren Rückgang auf minus 43,5 Punkte prognostiziert.
Die Bewertung der Konjunkturlage hingegen verschlechterte sich um 5,7 Punkte auf minus 36,5 Zähler. Volkswirte hatten hier mit minus 35,0 Punkten gerechnet. Es ist seit Beginn des Kriegs in der Ukraine der dritte Rückgang in Folge.
"Die Expertinnen und Experten gehen zwar weiterhin von einer Verschlechterung aus, allerdings mit einer geringeren Intensität", kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach mit Blick auf die konjunkturelle Entwicklung. Die erheblichen Corona-Einschränkungen in China führten zu einer deutlichen Verschlechterung in der Beurteilung der dortigen Wirtschaftssituation. "Dies ist eine schwere Bürde für das zukünftige Wirtschaftswachstum in Deutschland."
"Dieser leichte Anstieg ist nicht die Wende zum Besseren", kommentierte Jens-Oliver Niklasch, Chefvolkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg. "Wenn die Talsohle nach Meinung der Experten erreicht ist, schießt der ZEW-Konjunktursaldo meist steil aufwärts." Derzeit sei aber die Unsicherheit generell zu hoch. "Da reicht der heutige Mini-Anstieg nicht, um hoffnungsfroh zu werden."
"Die Finanzmarktanalysten dürften zumindest etwas erleichtert darüber sein, dass aus Russland weiterhin Gas fließt", schreibt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Allerdings verharrten die Konjunkturerwartungen auf Niveaus, die nach wie vor auf eine bevorstehende Rezession schließen ließen. Die Industrie sei weiterhin von den Lockdowns in China "schwerwiegend" betroffen. "Gleichzeitig ist immer deutlicher absehbar, dass die hohen Teuerungsraten den Verbraucher belasten."
In der Eurozone fiel der Anstieg der Erwartungen noch stärker aus als in Deutschland. Die Lagebeurteilung trübte sich auch hier ein. Die Inflationserwartungen für das Eurogebiet sinken im Mai um 36,5 Punkte auf minus 10,6 Punkte. Wambach verweist auf die erwarteten Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB): "Entsprechend rechnen die Experten mit einem Rückgang der Inflationsrate von ihrem gegenwärtig sehr hohen Niveau."
An der Umfrage des ZEW haben sich 184 Analysten und institutionelle Anleger beteiligt. Sie wurden nach ihren mittelfristigen Erwartungen bezüglich der Konjunktur- und Kapitalmarktentwicklung befragt. Die Konjunkturerwartungen geben die Differenz der positiven und negativen Einschätzungen für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung auf Sicht von sechs Monaten wieder.