Renten am Morgen: Hoffnung auf Normalität drückt Bondkurse

(Bloomberg) -- Die Kurse der Staatsanleihen aus dem Euroraum haben am Montag den Rückwärtsgang eingelegt. Besonders deutlich fielen die Renditeanstieg in den Semi-Kernländern am ultra-langen Ende der Kurve aus. Die Bonds von der iberischen Halbinsel grenzten ihre Kursverluste ebenso ein wie die italienischen Staatsanleihen im Handelsverlauf am Montag ein. Möglicherweise gab es wieder einmal Aktivität durch die Europäische Zentralbank.

Von der Zunahme der Risikoaversion, die den europäischen Aktienhandel bis zum Schluss dominierte, profitieren die Staatspapiere aus den Kernländern nicht. Das könnte im Zusammenhang mit den deutlichen Kursgewinnen in der Vorwoche stehen, die vielleicht zu ein paar Gewinnmitnahmen führten.

Die Treasury-Kurse gaben im Laufe des Handels ebenfalls nach, was nicht ohne Folgen für die Kernlandbonds geblieben sein dürfte. Hedging-Aktivitäten im Vorfeld der jeweils mehrere Milliarden Dollar umfassenden Emissionen von Apple, Altria oder Starbucks ließen die Treasury-Renditen anziehen.

Ein zentrales Ereignis der laufende Woche wurde am Montag verschoben: Die Vorstellung der Vorschläge der Europäischen Kommission für einen Wiederaufbaufonds. Die Pläne hätten gemäß des Arbeitsauftrags der europäischen Staats- und Regierungschefs am Mittwoch vorgestellt werden sollen. Ein Zeitrahmen von 14 Tagen reichte augenscheinlich nicht aus, ein tragfähiges Konstrukt auf die Beine zu stellen.

Die Positionen der einzelnen Länder dürften für einen Konsens nach wie vor zu weit auseinander liegen. Die Fragen nach Struktur, Finanzierung und Kredit/nicht rückzahlbarer Zuschuss dürften weiterhin die entscheidenden Stopersteine sein. Die Bondmärkte reagierten nicht auf das Verschieben.

Das Thema ist aufgrund der finanziellen Belastungen insbesondere der Länder mit einer schwachen Kreditqualität bald wieder auf der Agenda zurück. Sollte es dann kein tragfähiges Konzept geben, dürfte das vor allem die Kurse der Peripheriebonds unter Druck bringen.

Immerhin tut die Europäische Zentralbank alles in ihrer Macht stehende, um den Kredittransmissionskanal offen zu halten. Erneut wurde in der Berichtswoche das PEPP kräftig eingesetzt. Insgesamt wurden rund 22,1 Milliarden Euro angekauft, so dass der Gesamtumfang inzwischen 118,8 Millarden Euro beträgt.

Außerdem zeigen die monatlichen Ankaufdaten für das PSPP, dass erheblich vom Kapitalschlüssel zu Gunsten italienischer Staatsanleihen abgewichen wurden. Die Nettokäufe umfassten im April 29,6 Milliarden Euro. Von denen entfielen 10,9 Milliarden Euro auf BTPs. Dabei handelt es sich um die höchste Einzelposition im April. Die Unterstützung der EZB wird also sehr deutlich.

Die Zolldrohungen der US-Administration gegenüber China sind ein wenig verblasst. Sie wurden abgelöst von der Nachricht, der Lockdown in Kalifornien werde ab Freitag sukzessive gelockert. Das sorgte für ein wenig Optimismus, denn die wirtschaftliche Aktivität kehrt in den USA langsam zurück. Steigende asiatische Aktienmärkte sowie zulegenden US- und europäische Aktienmarkt-Futures deuten waren am Dienstagmorgen die Folge. Der Treasury-Future liegt zugleich leicht im Minus.

Die Renditen der Anleihen aus den Euro-Kernländern dürften ihre Aufwärtsbewegung zu Handelsbeginn fortsetzen, wobei der Anstieg nicht besonders stark ausfallen sollte. Die österreichischen Staatspapiere am langen und ultra-langen Ende der Kurve könnten eine leichte Underperformance gegen ihre Peers aufgrund der anstehenden Anleiheaufstockungen erfahren.

Die Peripherie könnte den Tag mit ein paar geringfügigen Renditerückgängen beginnen. Größere Bewegungen sind jedoch eher unwahrscheinlich, bevor das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zum Anleiheankaufprogramm ab 10 Uhr verkündet hat.

Auch wenn es wenig wahrscheinlich ist, dass es der Bundesbank eine Teilnahme versagt, weil es auch die Partizipation am OMT-Programm nicht in Frage stellte, wird es darauf ankommen, ob die deutschen Verfassungsrichter die Teilnahme der Bundesbank an Bedingungen knüpfen.

Sollten Einschränkungen materielle Auswirkungen auf das Agieren der deutschen Notenbank haben, dürfte das die Bondkurse der Peripherie und Semi-Kern belasten. Schließlich wird die Verschuldung gemessen am Bruttoinlandsprodukt und das Haushaltsdefizit beispielsweise von Frankreich im laufenden Jahr kräftig steigen.

Das Verhängen materieller Konditionen ist jedoch wenig wahrscheinlich, so dass nach Urteilsverkündung und Begründung ein Faktor wegfallen sollte, der für Spread- und Renditevolatilität in der laufenden Woche sorgen kann. Vielmehr könnten die Peripherie-Renditen im Lauf des Vormittags den Rückwärtsgang einlegen.

Konjunkturdaten

Im Vergleich zum Montag ist der Datenkalender am Dienstag gerade zu leer. Die Informationen aus dem Euroraum werden keine Bedeutung für die Entwicklung der Bondmärkte haben. Das gilt mit einer Ausnahme auch für die US-Daten und deren Einfluss auf die Treasuries. Beim Markit Einkaufsmanagerindex für das Dienstleistungsgewerbe handelt es sich um den endgültigen April-Wert. Entsprechend wird es auf dessen Veröffentlichung keine Reaktion geben.

Bei dem ISM für das Dienstleistungsgewerbe stellt sich lediglich die Frage nach der Stärke des Einbruchs im April.

Der private Verbrauch dürfte sich im abgelaufenen Monat weitestgehend verweigert haben, was zu einem heftigen Rückgang des Indikators geführt haben sollte. Alles andere wäre eine Überraschung und hätte dann wohl eher technische Gründe wie eine Verlängerung der Lieferzeiten.

Genau das war für den überraschend positiven Wert des ISM für das verarbeitende Gewerbe verantwortlich, der am vergangenen Freitag veröffentlicht wurde. Ansonsten fiel er nämlich schwach aus. Ein kräftiger Rückgang des ISM für das Dienstleistungsgewerbe zu Beginn des zweiten Quartals würde Schatten auf den privaten Verbrauch werfen. Das sollte die Treasury-Kurse tendenziell stützen.

Primärmarkt

Planmäßig werden sich Österreich und Deutschland am Kapitalmarkt zeigen. Österreich wird mit der Aufstockung von Anleihen mit Laufzeiten 2030 und 2051 am langen bzw. ultra-langen Ende der Zinskurve aktiv. Zusammen wird ein Platzierungsziel von 1,15 Milliarden Euro angestrebt. Die Bundesfinanzgentur wird zwei Linker, die 2030 und 2046 fällig werden, um jeweils 250 Millionen Euro aufstocken.

Fälligkeiten sind weder in österreichischen noch deutschen Staatsanleihen zu verzeichnen. Die Volumina sind insgesamt überschaubar, was die Platzierung trotz negativer Renditen erleichtern sollte. Gerade vor der Emission der österreichischen Papiere dürfte es jedoch etwas Kursdruck auf das lange Ende der Kurve geben.

Belgien sowie Spanien gehen mit Geldmarktpapieren an den Start. Aus Belgien können Papiere mit Laufzeiten von vier und sechs Monaten erwartet werden, von denen zusammen bis zu 2,2 Milliarden Euro im Geldmarkt untergebracht werden sollen.

Die sechs und zwölf Monate laufenden spanischen Kurzläufer sollen insgesamt bis zu 7,5 Milliarden Euro in die Staatskasse spühlen. Außerdem wird auch der ESM mit der Platzierung von 2,5 Milliarden Euro von 3-Monatspapieren aktiv. Während die belgische Emission ohne Unterstützung durch Fälligkeiten auskommen muss, wird Spanien am 8. Mail Kurzläufer in Höhe von rund 6,7 Milliarden Euro zurückzahlen.

Am Abend wird das US-Treasury die Refinanzierung der US-Konjunkturprogramme mit der Emission von weiteren 95 Milliarden Dollar an Cash Management Bills vorantreiben.

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