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Die Reimanns trennen sich von Jimmy Choo

Bei der zweiten Amtseinführung ihres Mannes Barack Obama trug Michelle Obama die Schuhmarke, die jetzt für 896 Millionen Pfund (mehr als eine Milliarde Euro) den Besitzer wechselt: Jimmy Choo. Der malaysische Designer hatte in den vergangenen Jahrzehnten eine Marke geschaffen, die für Luxus-Schuhwerk und extravagante Stilettos steht, aber auch Handtaschen und Parfüm verkauft.

Käufer der Marke ist das Modeunternehmen Michael Kors, das damit sein Produktangebot erweitern möchte. Der gezahlte Preis von 230 Pence pro Aktie entspricht einem Kursaufschlag von 18 Prozent gegenüber dem Schlusskurs von Montag. Damit wird Jimmy Choo mit dem 17,5-fachen seines Gewinns vor Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bewertet. Die Verwaltungsräte beider Unternehmen haben der Transaktion bereits zugestimmt, teilten die Unternehmen mit. Michael Kors will die bisherige Führungsmannschaft um Vorstandschef Pierre Denis übernehmen.

Die Marke Jimmy Choo hat Ende der 1990er-Jahre an Prominenz gewonnen, unter anderem gehörte Prinzessin Diana zu den Fans. In der TV-Kultserie „Sex and the City“ zählte die Protagonistin Carrie Bradshaw zu den Anhängerinnen der Marke. In der Luxusbranche gibt es derzeit eine Welle an Zusammenschlüssen, so hat zuletzt der Michael-Kors-Rivale Coach die Marke Kate Spade erworben.

Jimmy Choo hatte drei unterschiedliche Finanzinvestoren als Besitzer, bevor im Jahr 2011 die JAB Holding der deutschen Milliardärsfamilie Reimann das Unternehmen kaufte. Im Jahr 2014 brachte JAB einen Teil von Jimmy Choo an die Börse, hielt aber weiterhin die Mehrheit von 68 Prozent. Die Aktien von Jimmy Choo stiegen im frühen Handel um bis zu 17 Prozent. Die Reimanns wollen sich jedoch stärker auf die Bereiche Gastronomie und Kaffee konzentrieren.

Noch vor drei Jahren sah der oberste Vermögensverwalter der Familie, Peter Harf, die Klammer der Beteiligungen bei luxuriösen Markenartikeln wie Coty-Parfüms oder Bally-Lederwaren. "Die meisten Chancen bietet eine Branche mit Wachstum unabhängig von der Konjunktur, starken Marken, aber ohne echten Marktführer", erklärt der gebürtige Kölner sein Prinzip. "Wer größere Einheiten schafft, ist fast automatisch ein Gewinner." Zudem böten die Duftwässer und Luxuskleidung wenig Risiko. Die Herstellung bindet wenig Kapital. Und es war möglich, über die Marken hinweg bei Vertrieb und Werbung zusammenzuarbeiten.
Dann entdeckte der heutige 71-Jähige die Kaffeebranche und kaufte in einer Art Rausch für weit über 20 Milliarden Dollar weltweit Marken wie Jacobs mit Marken wie Tassimo, Douwe Egberts und US-Hersteller wie Keurig oder Peets. Dafür müssen nun kleinere Beteiligungen wie Jimmy Choo’s weichen. Denn der Aufbau des Imperiums braucht viel Geld und die volle Aufmerksamkeit der JAB-Führung um Harf und seine Co-Chefs Lambertus "Bart" Becht aus den Niederlanden und des Franzosen Olivier Goudet.


Wachsen mit Heißgetränken


Doch das macht Harf nicht bange. „Es ist das ideale Geschäft für uns“, sagt er. Dafür sorgt etwa das hohe Wachstum. Laut einer Übersicht des führenden Konsumforschers Euromonitor wird der Umsatz künftig fast unabhängig von der Konjunktur im Schnitt um jährlich gut vier Prozent wachsen. Dafür sorgen nicht nur neue Märkte in Teeländern wie China und Indien, die zweistellig zulegen. Anders als bei anderen Konsumartikeln steigt beim Kaffee auch in den Industrieländern der Umsatz. Auch wenn Europäer und Amerikaner kaum mehr Tassen trinken, lassen sie sich doch jede einzelne immer mehr kosten. 80 Euro pro Kilo sind keine Seltenheit. Die Herstellungskosten liegen mitunter nur bei der Hälfte des Verkaufspreises.


Dazu lockt Harf, dass im Geschäft mit Mokka, Espresso oder Schümli bislang Mittelständler sowie nationale Marken und Vorlieben dominieren. Das verhinderte auch den Aufstieg von Nestlé und Starbucks zu echten Weltmarktführern. "Den Amerikanern sind Kapselportionen zu klein, und westlich des Urals gilt löslicher Kaffee mit seinem vergleichsweise schlichten Aroma als Notlösung", sagt der Chef eines Kaffeeherstellers, der lieber anonym bleiben will.
Darum lautet der Reimann-Ansatz: keine Weltmarke bauen. Stattdessen soll die Holding immer mehr lokale Marken wie beim Puzzle zusammenfügen, bis daraus ein weltweites Kaffeereich wird.
Das Prinzip erweitert Harf nun um Kaffee-nahes Geschäft. Den Anfang alternativ-noble Kaffeehausketten wie Intelligentsia sowie die Imbisse Krispy Kreme (Donuts) und Einstein Noah (Bagel), die trotz ihrer Kalorienbomben vor allem vom Kaffeeverkauf leben.

Vorige Woche legte die Familie nun einen drauf und übernahm die Panera-Gruppe aus den Vereinigten Staaten, die gut 2000 Bäckerei-Kaffees in den USA und Kanada hat unter den Marken Panera Bread, Saint Louis Bread und Paradise Bakery & Cafe.
Mit dem Konzept will Harf irgendwann auch nach Europa und vor allem in die deutsche Heimat der Familie. Unser Spielplatz ist zwar die Welt", sagt Peter Harf. "Aber wir werden auch in Deutschland mit neuen Angeboten experimentieren und suchen derzeit ein Konzept, das funktioniert. Haben wir das, investieren wir massiv in Deutschland." Denn der Rheinländer vermisst hierzulande Genussketten wie in seiner Wahlheimat New York und Mailand. "In Deutschland gibt es an jeder Ecke einen Bäcker, aber im Gegensatz zu anderen Ländern keine große Kette mit bester Qualität bei Kaffee und Backwaren."