Politisches Erdbeben bei Provinzwahlen in den Niederlanden
Politisches Erdbeben in den Niederlanden: Nach landesweiten Protesten gegen die Klimaschutzpläne der Regierung hat die noch junge Partei Bauern-Bürger-Bewegung (BBB) in den Niederlanden einen deutlichen Wahlerfolg errungen. Bei den Provinzwahlen am Mittwoch erlangte die erst vor vier Jahren gegründete Landwirte-Interessenvertretung laut am Donnerstag veröffentlichtem Endergebnis in acht von zwölf Provinzen die meisten Stimmen und wird künftig 15 der 75 Sitze im Senat einnehmen.
Damit lag BBB vor der Mitte-Rechts-Partei VVD von Regierungschef Mark Rutte, die mit zehn Sitzen im Oberhaus des Parlaments rechnen konnte. Die BBB-Vorsitzende Caroline van der Plas sagte zum Erfolg ihrer Partei: "Das Volk hat sich Gehör verschafft, und wie." Die Regierungskoalition sollte "dies sehr ernst nehmen", fügte sie hinzu.
Mehrere niederländische Zeitungen bezeichneten das Ergebnis als "Monstersieg" der BBB. Der "Telegraaf" titelte "Kabbboem" - ein Wortspiel aus der Abkürzung des Parteinamens und der lautmalerischen Darstellung einer Explosion.
In den Niederlanden machen Landwirte seit Monaten mobil gegen die Klimaschutzpläne von Rutte, sie fürchten eine Pleitewelle und Enteignungen. Die Regierung in Den Haag will die Stickstoffemissionen, die unter anderem durch Düngemittel freigesetzt werden, bis 2030 um 50 Prozent reduzieren. Auch die Viehbestände sollen verringert werden.
Erst am vergangenen Wochenende und damit wenige Tage vor den Provinzwahlen waren in Den Haag rund 25.000 Menschen gegen diese Pläne auf die Straße gegangen.
Die Niederlande mit ihren 17,5 Millionen Einwohnern und einer Größe von Niedersachsen sind nach den USA der zweitgrößte Agrarexporteur der Welt. Zugleich zählt das Land zu den größten Treibhausgasemittenten in Europa.
Ministerpräsident Rutte gestand bereits am späten Mittwochabend seine Niederlage ein: "Es ist nicht der Sieg, den wir wollten."
Das Wahlergebnis birgt große Schwierigkeiten für Rutte, dessen Koalition aus vier Parteien künftig nicht mehr über eine Mehrheit im Senat verfügt. Damit ist er für den Erlass von Gesetzen auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen.
Niederländische Medien berichteten, es werde nun eine Machtprobe zwischen der Bauernpartei und dem Bündnis der Grünenpartei Groenlinks und der sozialdemokratischen Arbeiterpartei (PvdA) geben, das ebenfalls auf 15 Senatssitze kommt. Dabei könnte sich die BBB mit rechten Parteien zusammentun, die ebenfalls gegen die Stickstoffpläne der Regierung sind. Beide Blöcke würden nach Einschätzung der Zeitung "De Volkskrant" für eine Zusammenarbeit mit Rutte große Zugeständnisse verlangen.
Der große Überraschungsgewinner der Provinzwahlen vor vier Jahren, das rechtspopulistische Forum für Demokratie, verlor hingegen die meisten seiner Sitze. Parteichef Thierry Baudet hatte zuletzt den russischen Präsidenten Wladimir Putin als "Helden" bezeichnet und Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie verbreitet.
ma/ju