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Preissteigerungen nach dem Lockdown - zieht die Inflation an?

(Bloomberg) -- Wenn die Pandemie überwunden ist, werden viele Unternehmen in Europa vor einer wichtigen Entscheidung stehen: Sollten sie die erwartete Belebung des Geschäfts für Preiserhöhungen nutzen?

Friseure, Restaurants und Reisebüros hoffen auf einen Ansturm an Kunden, wenn die durch das Virus auferlegten Beschränkungen enden. Nachfrage hat sich aufgestaut und nach mehr als einem Jahr erzwungenen Sparens hat sich bei vielen Verbrauchern Geld angesammelt.

Einige Ökonomen rechnen mit einem Anstieg der Preise. Anleiherenditen, ein wichtiger Indikator für Inflation, steigen weltweit. Zahlen der letzten Woche zeigten, dass die Einzelhandelsumsätze in den USA stark gestiegen sind und die Preise in Großbritannien anziehen - beides Länder, die bei Impfungen schnell vorankommen.

„Die Situation ist seltsam - wir leben mit Hoffnung und gleichzeitig Angst“, sagte Christos Paschos, ein Hotelier auf der griechischen Insel Amorgos, der im vergangenen Jahr die Zimmerpreise um bis zu 15% senkte. “Im Moment erwägen wir, die Preise auf dem Niveau von 2020 zu belassen. Wir müssen zuerst sehen, was die die Nachfrage macht.”

Ökonomen sprechen von einer K-förmigen Erholung, bei der einige Branchen oder Länder anziehen und andere dahin siechen. Staatliche Finanzhilfen worden in Europa sehr unterschiedlich gewährt und auf EU-Ebene wird noch diskutiert, wie genau Hilfsgelder verteilt werden sollen.

Gleichzeitig sagen einige Dienstleister, sie hätten zum Überleben keine andere Wahl als ihre Preise anzuheben. Viele Unternehmen mit Kundenkontakt arbeiten mit niedrigen Gewinnspannen und sind daher auf Volumen angewiesen.

“Wir haben nach dem ersten Lockdown festgestellt, dass die Preise angestiegen sind”, sagte Harald Esser, Präsident des Zentralverbandes Deutscher Friseure.

Das Bild ist jedoch nicht eindeutig. Während Friseure die Preise eher anheben, tut sich bei Restaurants in Europa wenig und Hotels gewähren eher Nachlässe.

Das Argument pro Inflation fußt auf der Annahme, Regierungen und Zentralbanken hätten mit Kurzarbeitergeld und Anleihekäufen zu viel Geld in das System gepumpt. Kryptowährungen und Kurssprünge aufgrund von Diskussionen auf Reddit scheinen diese Inflation bereits widerzuspiegeln.

Angehäufte Ersparnisse von Verbrauchern, die weiter Einnahmen hatten, aber kaum Gelegenheit für Ausgaben, könnte dies untermauern, falls es zu anhaltend höheren Ausgaben kommt, wenn Restaurants und Geschäfte wieder öffnen. Schätzungen von Bloomberg Economics zufolge flossen im vergangenen Jahr 300 Milliarden Euro mehr als üblich auf Bankkonten.

Wer Geld hat, ist auch bereit, zumindest Teile davon auszugeben. Manabesh Chatterjee, Leiter von PlanReisen in Frankfurt, sagt, Anfragen gäbe es genug, auch wenn viele potenzielle Kunden noch nicht bereit seien, verbindlich zu buchen.

“Wir sehen einen enormen Wunsch zu reisen”, sagte er. “Preise sind selten ein Thema.”

Auch die TUI AG hatte berichtet, die Preise für Sommerbuchungen seien im Durchschnitt 20% höher als 2019. Das liege nicht an durch TUI angehobenen Preisen, sondern an Kunden, die verstärkt Pauschalreisen buchten oder höherwertige Hotels auswählten, weil sie im Vorjahr durch ausgefallene Reisen Geld gespart haben, so Vorstandschef Fritz Joussen.

Diese Einsparungen sind jedoch ungleich verteilt und die Beschäftigungssicherheit ist niedrig. Die Europäische Zentralbank räumt ein, dass Preisspitzen gelegentlich vorkommen werden - beispielsweise im Januar durch den Anstieg der Energiepreise. Der Abwärtsdruck auf die Preise dürfte auch nach der Krise anhalten.

Die durchschnittliche Inflationsrate sieht die EZB bei 1% dieses Jahr und auch 2023 nur bei 1,4%, deutlich unter dem Ziel von knapp 2%. Präsidentin Christine Lagarde sagte diesen Monat, dass es “eine Weile dauern wird, bis wir uns Sorgen machen”, dass die Inflation zu hoch ist.

Überschrift des Artikels im Original:Europe’s Slumbered Economy Will Wake Up to Anxiety About Prices

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