Wie PR-Berater die Demokratie in Österreich aushöhlen

Die vorgezogenen Neuwahlen in Österreich sind eine Sonderkonjunktur für das PR-Gewerbe. Das Kommunikationsgeschäft boomt – oberhalb und unterhalb der Gürtellinie. Denn in Zeiten von sozialen Medien wird längst nicht mehr mit Argumenten für die politischen Ziele gekämpft, sondern oftmals mit Lügen, Beleidigungen und Unterstellungen. Zwielichtige Gestalten im unübersichtlichen Feld der Public Relations (PR) haben in der Alpenrepublik, die am nächsten Sonntag eine neue Regierung wählt, längst alle ethisch-moralischen Grenzen überschritten.

Der bisherige Höhepunkt im schmutzigsten Wahlkampf aller Zeiten in Österreich: Das Büro des SPÖ-Beraters Tal Silberstein hatte zwei Facebook-Seiten betrieben, die Werbung für den Kanzlerkandidaten und ÖVP-Chef Kurz mit rassistischen und antisemitischen Inhalten vermischten – offensichtlich, um dem Herausforderer von Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern zu schaden.

Die Websites sind längst vom Netz, der SPÖ-Bundesgeschäftsführer entlassen und Berater Silberstein sitzt ohnehin in Israel im Gefängnis. Doch immer neue Details um zweifelhafte PR-Berater schockieren weiter die Öffentlichkeit in Österreich.

Der frühere Redenschreiber von Kanzler Kern und schillernde PR-Berater, Rudi Fußi, soll die Dolmetscherin des früheren SPÖ-Beraters Silberstein mit WhatsApp-Nachrichten unter Druck gesetzt und ihr Geld angeboten haben. Denn die Übersetzerin wurde von Fußi verdächtigt, Informationen an die gegnerische ÖVP weiter gegeben zu haben.

Für den SPÖ-Chef, der persönlich nach eigenem Bekunden nichts von der Schmutzkampagne gewusst hat, sind die Aktivitäten der PR-Berater ein Desaster. Seine Partei erstattete Anzeige gegen Silberstein, legte die Verträge mit ihm offen und feuerte seine PR-Manager. Doch zu spät: Der Image-Schaden ist für Kern mittlerweile eine ernste Gefahr für die Wiederwahl.


Auch ÖVP-Kandidat Kurz wirft mit Schmutz

Auch der konservative Kanzlerkandidat Kurz hat sich in der Schmutzkampagne nicht mit Ruhm bekleckert. Sein wegen ruppiger Methoden umstrittene Pressesprecher Gerald Fleischmann soll dem in Diensten Silbersteins stehenden PR-Berater Peter Puller 100.000 Euro angeboten haben, wenn er Informationen der ÖVP weitergibt.

Puller behauptet, Angebote für einen politischen Seitenwechsel bekommen zu haben. Kurz-Berater Fleischmann bestreitet sowohl das Angebot als auch die Geldofferte. Puller wiederum droht, Beweise vorzulegen. Ein weiterer Fall für die Justiz, um herauszufinden wer denn lügt.

ÖVP-Kandidat Kurz behauptet zudem, dass der Gründer des Baukonzerns Strabag, Hans Peter Haselsteiner der SPÖ über Vereinskonstruktionen 100.000 Euro gespendet hätte. Einen Beweis lieferte der 31-jährige Außenminister bisher nicht. Die Wahrheit werden auch in diesem Fall die Gerichte herausfinden müssen. Zudem wird Kurz von seinen Gegnern des Amtsmissbrauches bezichtigt. Er soll Mitarbeiter für Partei- statt für die Regierungsarbeit eingesetzt haben. Und so überziehen sich SPÖ und ÖVP gegenseitig mit Anzeigen.

Noch ist die PR-Schlacht mit Wahrheiten und Unwahrheiten nicht zu Ende. Erst am Sonntag wird gewählt. Doch eines ist jetzt schon klar: Der schmutzige Wahlkampf hat die Demokratie in Österreich beschädigt. Das Ansehen der politisch Verantwortlichen beider Volksparteien hat extrem gelitten. Auch wenn sich Kern und Kurz auf Wunsch des Privatsenders Puls 4 vor dem Fernsehduell artig gegenseitig Geschenke überreichen, sind die Verletzungen beiden Kandidaten ins Gesicht geschrieben.

Zu einer Zusammenarbeit in einer großen Koalition werden die Chefs der beiden traditionsreichen Volksparteien wohl nicht mehr finden. Dabei ist eine funktionierende Demokratie auf das pragmatische Miteinander gerade von den Führungskräften angewiesen. Doch eine aus dem Ruder gelaufene PR-Schlacht hat diese für die Gesellschaft so wichtige Funktion im politischen Geschäft zerstört.

Nutznießer des schmuddeligen Wahlkampfes sind die Rechtspopulisten. Die FPÖ ist nach letzten Umfragen die Nummer zwei in der Alpenrepublik. Die europakritische Partei hat beste Chancen auf eine Regierungsbeteiligung in Österreich. Es wäre die erste seit dem Tod von Jörg Haider im Jahr 2008.