Paus beziffert Höhe der Kindergrundsicherung auf bis zu 636 Euro
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat genauere finanzielle Auswirkungen der Kindergrundsicherung beziffert. Zum geplanten Start im Jahr 2025 könnten sich für armutsgefährdete Kinder Leistungen von 530 Euro für die kleinsten bis zu 636 Euro für die ältesten Kinder ergeben, sagte Paus den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Donnerstag. Beim Koalitionspartner stießen die von Paus genannten Zahlen allerdings auf Verwunderung - diese seien "spekulativ".
Die anvisierten Sätze seien ein "guter Betrag, um Kindern ein Stück weit mehr Teilhabe und Chancengerechtigkeit zu verschaffen", sagte Paus den RND-Zeitungen. Sie bekräftigte ihre Aussage, dass der Umfang der Leistungen rasch über jene 2,4 Milliarden Euro hinauswachse, die für das erste Jahr in dem Gesetzentwurf veranschlagt sind.
Die Grünen-Ministerin räumte ein, dass es sich bei den von ihr genannten Leistungssätzen um Schätzungen handle, da die tatsächliche Höhe der Kindergrundsicherung zur Einführung im Jahr 2025 von Faktoren abhängt, die derzeit noch nicht bezifferbar sind.
In die von ihr genannten Zahlen sei die am Dienstag angekündigte Regelsatzerhöhung beim Bürgergeld um etwa zwölf Prozent für 2024 bereits einberechnet, sagte Paus. Für das Jahr 2025 sei ein Schätzwert von drei Prozent verwendet worden.
Der in der FDP-Bundestagsfraktion für die Kindergrundsicherung zuständige Abgeordnete Martin Gassner-Herz kritisierte das Vorgehen der Ministerin. "Ich finde nicht hilfreich, jetzt mit neuen Zahlen innerhalb einer Woche wieder Verwirrung zu stiften", sagte Gassner-Herz dem "Handelsblatt". Bislang sei nur die Steigerung der Bürgergeld-Sätze 2024 bekannt. "Alles darüber hinaus ist zum jetzigen Zeitpunkt spekulativ."
Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 wesentliche Familienleistungen bündeln und leichter zugänglich machen. Diese werden bisher teilweise gar nicht in Anspruch genommen, weil Anträge zu kompliziert oder einzelne Leistung nicht bekannt sind.
Paus geht nach eigenen Angaben davon aus, dass sich die Zahl der Antragsteller durch die Reform mit dem Start 2025 vorerst um sieben bis acht Prozent erhöhen wird. Dieser Berechnung liege die Schätzung der Regierung zugrunde, dass anfangs zunächst 48 Prozent der Berechtigten erreicht würden, sagte die Ministerin in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv.
"Wenn wir unser erklärtes Ziel erreichen, in den kommenden Jahren so viele Familien wie möglich zu erreichen, wird die Kindergrundsicherung sechs Milliarden Euro und mehr kosten", sagte die Ministerin den RND-Zeitungen. Mit den Kosten für die bereits erfolgten Kindergelderhöhungen, dem höheren Kinderzuschlag und zukünftige Kindergelderhöhungen seien es dann schon "über zehn Milliarden Euro".
Paus und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatten monatelang über die Höhe der Mittel für die Kindergrundsicherung gestritten. Die Grünen-Ministerin wollte neben der mit der Kindergrundsicherung verbundenen Verwaltungsreform eine deutliche Erhöhung der Sätze erreichen - Lindner sperrte sich aber aus Haushaltsgründen gegen einen solchen Schritt.
Die FDP-Bundestagsfraktion sieht in der laufenden Legislaturperiode keinen Spielraum mehr für eine Ausweitung sozialer Leistungen. "Für mehr Sozialreformen ist kein Geld da", sagte FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer der "Bild"-Zeitung. "Immer mehr Sozialausgaben und immer mehr Umverteilung helfen niemandem."
CDU-Chef Friedrich Merz stellte die Effizienz von immer höheren Transferleistungen generell in Frage. Die Kindergrundsicherung werde die Ursachen für Kinderarmut nicht beheben, sagte er im rbb24 Inforadio.
"Sollten wir nicht besser mal die Frage stellen, woran liegt das eigentlich, dass so viele Kinder - teilweise ja schon in der zweiten und dritten Generation - in diesen prekären Verhältnissen bleiben?", fragte Merz. "Die zentrale Ursache, die wir sehen, ist die mangelnde Bildung und Ausbildung dieser Kinder." Die Antwort der CDU sei: "Nicht ständig höhere Transferleistung, sondern eine bessere Bildungs-Infrastruktur."
pw/mt