"Ostfriesisch für Anfänger": Integration mal anders

"Wir sind hier nich in Dütschland." Wenn es nach Uwe Hinrichs (Dieter Hallervorden) ginge, wäre "Ostfreesland" vermutlich eigenständig. Und so verhält er sich auch. Als letzter "echter Ostfriese", wie er sich selbst bezeichnet, spricht er ausschließlich Plattdeutsch. Der ehemalige Schiffsbauer fristet als Witwer im Film "Ostfriesisch für Anfänger" das Dasein eines Eigenbrötlers, arbeitet nebenher an einer Tankstelle und von der Globalisierung will er nichts wissen.

Als dann eine Gruppe ausländischer Fachkräfte in sein Dorf kommt und auch noch in seinem zwangsversteigerten Haus wohnen soll, reicht es ihm. Er will sein Zuhause nicht kampflos aufgeben - und wird als Strafe vom Bürgermeister dazu verdonnert, den "Utländer" Deutschunterricht zu geben. Eine Aufgabe, die er auch umsetzt. Nur eben nicht so, wie gedacht...

Ein starker Dieter Hallervorden

Die Integrationskomödie von Regisseur Gregory Kirchhoff und Drehbuchautor Sönke Andresen, die am 27. Oktober in die Kinos kommt, lebt von Dieter Hallervorden (81, "Honig im Kopf"). Er spielt seine doch recht kuriose Rolle nicht nur, er verkörpert sie. Mit weißer Zottelmähne, Nickelbrille und seinem Fischerhemd transportiert er die ostfriesische Sturheit ebenso auf die Leinwand, wie die Einsamkeit des Eigenbrötlers. Die Wandlung seiner Figur, vom eigensinnigen Witwer zum gefeierten Lehrer seiner Schützlinge, bringt er glaubhaft und ohne großes Tamtam, dafür aber mit schauspielerischer Finesse zum Vorschein.

Etwas over the top wirken dagegen die Organisatorin der Ausländerbehörde, Vroni Lautenschläger (Victoria Trauttmansdorff) und ihr überkorrekter Kollege Bernd Meyer-Fröhlich (Philippe Graber). Auch die Darstellung des Bürgermeisters von Niederhörn (Holger Stockhaus), der mit dem Integrationsauftrag die leere Kasse seines Dorfes auffüllen will und nebenbei auch noch ein Auge auf Vroni geworfen hat, erinnert schon sehr an eine Persiflage auf das Beamtentum. Unterhaltsam, aber nicht immer auf angenehme Weise.

Integration mal anders...

Der Film versucht, das schwierige Thema Integration auf eine humorvolle, ja fast schon liebevolle Art aufzugreifen. Dabei wirkt er jedoch stellenweise sehr überzogen, etwa als Uwe mit seinem Güllewagen vorfährt und "Dampf ablässt" oder sich am Ende alle gegenseitig verkloppen. Dabei räumt der Streifen aber auch auf scherzhafte Weise mit Vorurteilen auf. Oder ist es nur Zufall, dass Uwe ausgerechnet von einem südländisch aussehenden Franchise-Leiter zu einer hochdeutschen Aussprache in seiner Tankstelle ermahnt wird?

Besonders stark ist die sprachliche Komponente. Dadurch, dass Uwe ausschließlich Platt spricht, - "In Ostfreesland schnackt man sou" - überträgt sich das Gefühl des Fremdseins automatisch auch auf den Zuschauer. Oft helfen da nur Gestik und Mimik, um den Ostfriesen überhaupt zu verstehen. Da schaut der Zuschauer schon mal ähnlich ratlos wie Uwes ausländische Schüler.

Fazit

Alles in allem ist "Ostfriesisch für Anfänger" ein unterhaltsamer Film, in dem mehr Tiefe steckt, als es auf den ersten Blick vielleicht scheint. Er hat seine Schwächen, zugegebenermaßen. Und er wird mit seiner ganz eigenen, teils kuriosen Art nicht jeden Zuschauer glücklich stimmen. Aber auf der anderen Seite bringt er etwas Frisches und Herzliches mit sich, das dem Thema Integration ganz gut tut - und bestimmt auch dem einen oder anderen Kinobesucher.

Foto(s): Universum Film, Universum Film, Universum Film