Offener Brief an Görlitzer: Hollywoodstars warnen vor AfD-Politiker

Auch der Regisseur Stephen Daldry ("Der Vorleser") macht sich Sorgen um die politische Entwicklung Görlitz' (Bild: ddp/INTERTOPICS/Photoshot)
Auch der Regisseur Stephen Daldry ("Der Vorleser") macht sich Sorgen um die politische Entwicklung Görlitz' (Bild: ddp/INTERTOPICS/Photoshot)

Die Görlitzer haben einen offenen Brief aus Hollywood erhalten. Darin warnen Schauspieler und Filmemacher vor dem AfD-Politiker Sebastian Wippel, der am kommenden Sonntag in der sächsischen Kleinstadt zum Oberbürgermeister gewählt werden könnte.

Die Sorge um die anstehende Wahl zum Oberbürgermeister im sächsischen Görlitz hat auch so manchen Hollywoodstar erreicht. Einige von ihnen haben sich nun an der Seite zahlreicher deutscher Filmschaffender an die Wähler mit dem Appell gewandt, sich nicht "Hass und Feindseligkeit, Zwietracht und Ausgrenzung" hinzugeben, wie es in dem von Produzent Michael Simon de Normier initiierten Schreiben heißt.

Bei der Oberbürgermeisterwahl in Görlitz am 16. Juni könnte Sebastian Wippel zum ersten AfD-Oberbürgermeister Deutschlands gewählt werden. Der Politiker hatte Ende Mai beim ersten Wahlgang der Bürgermeisterwahl mit 36,4 Prozent die meisten Stimmen erhalten. Auf Platz zwei landete der CDU-Kandidat Octavian Ursu mit 30,3 Prozent. Für de Normier sind das alarmierende Zeichen, weshalb er sich an befreundete Schauspieler und Filmschafende gewandt und den Aufruf gestartet hat.

Stolzes "Görliwood"

Die Görlitzer bezeichnen ihre Stadt gerne als "Görliwood". In die malerische Kleinstadt, die vom Zweiten Weltkrieg kaum in Mitleidenschaft gezogen wurde, hat es schon so manches Filmteam auch aus Hollywood gezogen. Hier wurden Filme gedreht wie Quentin Tarantinos Zweite-Weltkriegssatire "Inglourious Basterds", die Komödie "The Grand Budapest Hotel" von Wes Anderson und das Drama "Der Vorleser" nach dem gleichnamigen Roman von Bernhard Schlink.

Daniel Brühl spielte eine tragende Rolle in Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds". Der Film wurde unter anderem in Görlitz gedreht. (Bild: Aurore Marechal/ABACAPRESS/ddp images)
Daniel Brühl spielte eine tragende Rolle in Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds". Der Film wurde unter anderem in Görlitz gedreht. (Bild: Aurore Marechal/ABACAPRESS/ddp images)

Autor Schlink und der britische Regisseur Stephen Daldry, der den "Vorleser" verfilmt hat, gehören denn auch zu den ersten Unterzeichnern des Briefes. Auch ihnen dürfte de Normier aus der Seele sprechen, wenn er in dem Schreiben die Bürgerinnen und Bürger von Görlitz bittet, am kommenden Sonntag "weise zu wählen". Medienberichten zufolge gehören zu den Unterzeichnern auch deutsche Filmschaffende wie Daniel Brühl, Volker Bruch, Marc Rothemund und Marcus O. Rosenmüller. Auch die Unterschriften des Schriftstellers Daniel Kehlmann und des Musiker Marius Müller-Westernhagen finden sich auf dem Brief.

Reaktion der AfD

Wippel und andere AfD-Politiker sehen die Aktion kritisch. Auf seiner Homepage schreibt der Oberbürgermeister-Kandidat, dass Görlitz auch mit einem AfD-Oberbürgermeister eine Europastadt" bleibe. "Wenn jemand Görlitz in Verruf bringt, dann sind es jene, die Hollywood dazu ermutigt haben, sich despektierlich zu Wort zu melden", so Wippel. Es müsse erlaubt sein, "Politik zu kritisieren, ohne gleich diffamiert zu werden." Ob sich de Normier und Kollegen von derlei Versicherungen und Rechtfertigungen beruhigen lassen, ist fraglich. Sie sehen Görlitz als Drehort nationaler und internationaler Filmproduktionen gefährdet, sollte dort demnächst ein AfD-Oberbürgermeister politisch das Sagen haben.