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Nicht alles ist Gold, was glänzt: Kritik zu 'Safari - Match Me If You Can'

Elisa Schlott in “Safari – Match Me If You Can” (Bild: Concorde Filmverleih)
Elisa Schlott in “Safari – Match Me If You Can” (Bild: Concorde Filmverleih)

Liebe in Zeiten des Internets. Die Komödie “Safari – Match Me If You Can” will den ausufernden Soziale-Netzwerk-Wahn aufs Korn nehmen. Doch statt einer bissigen Gesellschaftssatire ist eine ebenso holprige wie harmlose Komödie entstanden.

Bei allen Schwächen von “Safari – Match Me If You Can” muss man eines zugeben. Die Vermarktung der Komödie war ein kleiner Geniestreich. Der Lockruf Richtung Zuschauer begann bereits mit dem Neugier weckenden Teaser-Trailer, in dem neben der Titel gebenden Dating-App auch so manche Figur vorgestellt wurde. Die einzelnen Aufnahmen des kurzen Clips, in denen die Charaktere direkt in die Kamera reden und damit auch den Zuschauer ansprechen, sind nicht Teil der Handlung, sie wurden zwecks PR eigens gedreht. Man scheute also keine Kosten und Mühen, um “Safari – Match Me If You Can” an den Mann zu bringen.

Nicht weniger aufwändig ist die Vermarkung des Films durch Printwerbung. So konnte man schon mal in der Stadt auf so mancher Litfaßsäule und so mancher Wand einer U-Bahnstation auf ein Teaser-Plakat treffen, das einen der Protagonisten und ein ihn charakterisierendes Motto zum Inhalt hatte. Zu lesen gab es da zum Beispiel schlüpfrige Sätze wie: “Suche die große Liebe … zur Not auch nur a bisserl Bumsen” oder: “Frau mit Erfahrung sucht Mann mit Pferdeschwanz… Frisur egal”.

Juliane Köhler in “Safari – Match Me If You Can” (Bild: Concorde Filmverleih)
Juliane Köhler in “Safari – Match Me If You Can” (Bild: Concorde Filmverleih)

Eine Blase von einem Film

Die Werbeoffensive verfehlte nicht ihr Ziel. Sie suggerierte, dass es sich bei “Safari – Match Me If You Can” um ein neues Kinophänomen handelt, oder mindestens um einen Film, dem es nicht an Substanz und Qualität mangelt. Wind unter ihre Flügel bekamen die PR-Strategen dann auch noch durch das Echo im Rahmen des Filmfests München, wo “Safari” diesen Sommer Weltpremiere feierte. Bei der Aufführung anwesend war auch Thomas Gottschalk, der als Moderator durch die Veranstaltung führte und offenbar ganz angetan war von dem Ergebnis. Jedenfalls habe er sich “keine Sekunde gelangweilt”, sagte er.

Die Medien stimmten in den Chor des begeisterten Moderators ein. Spätestens jetzt schwante manchem Beobachter: “Safari – Match Me If You Can” kann gar nicht weniger als großartig sein. Neugierig geworden, kaufte sich vielleicht der eine oder andere von ihnen ein Kinoticket, um das aufwändig beworbene, allseits gelobte Werk endlich selbst in Augenschein zu nehmen. Die Enttäuschung muss bei Vielen groß gewesen sein. Denn “Safari” gehört zu den schwächsten deutschen Komödien der letzten Jahre. Und das will was heißen in Zeiten, in denen die Leinwände von “fackenden Göhtes”, “fikkenden Füchsen”, “gerubbelten Katzen” und “Hasen ohne Ohren” überschwemmt werden.

Tatsächlich fällt der Zuschauer von “Safari – Match Me If You Can” einer ähnlichen Manipulation zum Opfer wie so mancher Protagonist im Film, der von der Diskrepanz zwischen Schein und Sein handelt, zwischen dem also, wie man sich öffentlich, das heißt: auf sozialen Netzwerken präsentiert, und dem, wie man wirklich ist. Regisseur und Ko-Drehbuchautor Rudi Gaul ist freilich weit entfernt davon, auf diese Meta-Ebene einzugehen. Immerhin ist er thematisch auf der Höhe unserer Zeit, in der soziale Interaktionen und menschliche Eitelkeiten sich zunehmend in virtuelle Räume verlagern. Bemerkenswert ist auch, dass Gaul sein brandaktuelles Thema erzählerisch auf eine Weise entfaltet, die längst aus der Mode zu sein scheint, nämlich in Form eines Episodenfilms.

Sebastian Bezzel in “Safari – Match Me If You Can” (Bild: Concorde Filmverleih)
Sebastian Bezzel in “Safari – Match Me If You Can” (Bild: Concorde Filmverleih)

Safari in München

Es gibt also keine durchgehende Handlung in “Safari – Match Me If You Can”, vielmehr erzählt Gaul mehrere Geschichten, die mal parallellaufen, mal aufeinanderprallen. Der rote Faden, der sich durch die einzelnen Episoden zieht, ist die Dating-App “Safari”. Anders als Facebook, Tinder und Co. beschränkt sich diese fiktive digitale Plattform seltsamerweise nur auf den Raum München, wie die Erzählung das zumindest suggeriert. Hier an der Isar wimmelt es nur so von Frauen und Männern, die nach Anerkennung, Liebe und Sex dürsten. Mit Hilfe von Safari hoffen sie, ihre Gelüste und Sehnsüchte zu stillen – nur um schon bald herbe enttäuscht zu werden. Denn spätestens im echten Leben erkennen sie, dass nicht alles Gold ist, was sich im Netz als glänzend darstellt.

Das gilt auch für Lara (Elisa Schlott). Auf Safari präsentiert sich die erfolgreiche Influencerin als attraktive junge Frau, die sich für den Richtigen aufspart. Tatsächlich ist sie sich für keine Affäre zu schade. In ihren letzten Liebhaber hat sie sich Hals über Kopf verliebt, doch auch Harry (Justus von Dohnányi) hat ein zweites Gesicht. Nicht nur ist er kein Pilot, sondern auch noch verheiratet. Und zwar mit der französischen Sexualtherapeutin Aurelie (Sunnyi Melles), die sich mit einem ihrer Patienten eingelassen hat. David (Max Mauff) hat die Psychotherapie dringend nötig, denn er ist alles andere als der Frauenheld, als der er sich auf der Dating-App darstellt. Ein echter Ladykiller ist dagegen der Video-Blogger Arif (Patrick Abozen), dessen Masche bei Fanny (Friederike Kempter) allerdings nicht zieht. Die junge Frau hat die Nase voll von flüchtigen Bekanntschaften, stattdessen will sie die große Liebe finden. Mona (Juliane Köhler) und Life (Sebastian Bezzel) sind gegen einen One-Night-Stand nicht abgeneigt, ihr Techtelmechtel im Auto hat mit Erotik allerdings herzlich wenig zu tun.

Der falsche Pilot: Justus von Dohnányi in “Safari – Match Me If You Can” (Bild: Concorde Filmverleih)
Der falsche Pilot: Justus von Dohnányi in “Safari – Match Me If You Can” (Bild: Concorde Filmverleih)

Der Episoden Kern

Episodenfilme zeichnen sich bekanntlich dadurch aus, dass die einzelnen, inhaltlich lose miteinander verknüpften Handlungsstänge von einem ideellen Kern zusammengehalten werden. Sie sind immer auch Zeitfilme, die eine Erkenntnis von der sozialen Befindlichkeit vermitteln. Ihre Qualität misst sich – wie die eines jeden Kunstwerks – nicht nur an der formalen Umsetzung, sondern auch am Erkenntnis-Mehrwert. “Safari – Match Me If You Can” versagt hier wie da. Um festzustellen, dass wir unsere Beziehungen immer mehr in virtuellen Räumen und sozialen Netzwerken ausleben und unser Selbstwertgefühl an der Anzahl von Followern und Likes auf Facebook und dergleichen digitalen Plattformen geknüpft ist, braucht es keinen zwei Stunden langen Film. Dafür reicht schon eine U-Bahnfahrt von zwei Minuten.

Auch erzählerisch reicht “Safari – Match Me If You Can” nicht über Binsenweisheiten hinaus. Dem schwachen Drehbuch fehlt es an Tiefe und Geschlossenheit, dafür strotzt es nur so von Klischees und unfreiwillig komischen Szenen, von denen die ärgerlichste jene ist, in der Gaul einige Figuren seines amourösen Reigens aufeinanderprallen lässt. Spätestens hier muss man an die überzeugend aufspielenden Schauspieler denken, die angesichts der holprigen Dramaturgie allesamt auf verlorenem Posten stehen. Spätestens hier erkennt man auch die Diskrepanz zwischen dem, was Gaul mit seinem Film erreichen wollte, und dem was, er tatsächlich erreicht hat. Zwischen “Safari” und Genre-Klassiker wie “Short Cuts” und “Magnolia” oder auch “Catch Me If You Can” klaffen jedenfalls Welten.