Neues Leben: Deshalb hat Curse auf dem Höhepunkt alles hingeschmissen

Er macht Musik, hat einen erfolgreichen Podcast und auch das erste Buch von Michael Kurth (39), den viele als Curse kennen, ist bereits kurz nach seinem Erscheinen gefragt. Vielleicht macht es diese Mischung: Curse ist Rap-Star, Buddhist, Systemischer Coach und Yogalehrer. Mit "Stell dir vor, du wachst auf" (Rowohlt) will er nicht nur seinen Fans die positive Wirkung von Achtsamkeit und Meditation näher bringen. Er selbst hat sein Leben auf dem Höhepunkt seiner Karriere auf den Kopf gestellt. Wie es ihm damals erging und wie er zu seinem heutigen Leben fand, erzählt er im Interview mit spot on news.

Auf dem Höhepunkt Ihres Erfolgs als Rap-Star verfielen Sie in eine depressive Stimmung. Wie hat sich das ausgedrückt?

Michael Kurth: Ich hatte immer wieder Phasen und Schübe, in denen meine innere Welt sehr dunkel geworden ist. Ein großes Gefühl der Traurigkeit, eine grundlegende Betrübtheit war das. Es ließ sich überhaupt nicht an äußeren Umständen festmachen und auch nicht auf konkretere innere Dinge zurückführen. Dann gab es aber noch andere Sachen, die mitreingespielt haben. Ich habe ganz lange keinen sehr positiven inneren Dialog geführt. Ich bin sehr selbstkritisch, sehr selbstzerstörerisch mit mir umgegangen. Zudem war ich recht jung, hatte Erfolg, die große Öffentlichkeit machte mir aber zu schaffen. Dazu kam Einsamkeit, alle meine Freunde führten ein anderes Leben. Auf der anderen Seite waren diese zehn Jahre natürlich nicht nur Trübsal blasen, es waren Phasen, in denen es mir schlecht ging.

Sie haben sich dann entschieden, erst mal eine Pause von der Bühne zu nehmen.

Michael Kurth: Irgendwann ist der Leidensdruck so groß geworden, dass ich gesagt habe: Das geht jetzt nicht mehr gut. Ich traf die Entscheidung, erst mal damit aufzuhören, als Curse Musik zu machen. Anfang 2010 stand das zehnjährige Jubiläum meines ersten Albums an, bei der Feier habe ich mich auf der Bühne verabschiedet. Allerdings habe ich die ganze Zeit weiter Musik gemacht, Songs geschrieben, ich hatte mehrere Top-Ten-Hits mit anderen Künstlern in dieser Rückzugszeit. Ich stand aber nicht selbst im Rampenlicht. Den Raum, der dadurch blieb, habe ich genutzt, um für mich zu klären, wovor ich eigentlich die ganze Zeit weggelaufen bin.

Haben Sie sich Hilfe geholt?

Michael Kurth: Ich bin zuerst zu einer Psychologin gegangen, das war allerdings der absolute Horror. Manchmal passt es eben nicht. Insgesamt habe ich fünf, sechs Anläufe gebraucht, bis ich bei einem systemischen Coach gelandet bin - und der hat mich nicht davonkommen lassen. Er meinte, wenn ich mir mein Leben jetzt nicht ganz genau anschaue, sitze ich in sechs Monaten wieder hier. Das hat mir die Augen geöffnet und am Ende kam sogar der Wunsch in mir auf, das systemische Coaching selbst zu lernen und mehr über Meditation und Buddhismus zu erfahren.

Vieles davon geben Sie weiter. Wie fühlt es sich für Sie an, das eigene Buch in der Hand zu halten?

Michael Kurth: Es ist ein komisches Gefühl. Ich habe bereits sieben Alben veröffentlicht, eine Platte oder CD in der Hand zu halten, kenne ich. Das Buch jetzt anzufassen, ist so wie damals, als ich meine erste eigene Vinyl-Platte in der Hand hatte, auf der mein Name stand. Bücher haben generell eine große Bedeutung für mich. Ich habe schon als Kind viel gelesen. Bei Wutausbrüchen habe ich auch Bücher durch die Gegend geworfen. Meine Eltern meinten dann immer zu mir: "Bücher sind Freunde!" Diesen Satz finde ich sehr schön, ich liebe Bücher. Einige Bücher sind wie Tagebücher für mich - wenn ich die Notizen betrachte, die ich mir damals reingeschrieben habe.

Ist Meditation bei Ihrer Methode OOOO+X, die Sie in "Stell dir vor, du wachst auf" vorstellen, der bedeutendste Baustein?

Michael Kurth: Meditation ist für mich ein sehr wichtiges Werkzeug. Aber auch die anderen Bausteine von OOOO+X, der offene Raum am Morgen, Achtsamkeitspraxis, Dankbarkeit und Sport, spielen eine wichtige Rolle. Für mich sind das meine Top fünf der einfachen ersten Schritte. Damit kann man auf ganz einfache Weise, eine Veränderung bewirken.

Meditation hat nichts mit Räucherstäbchen und Klangschalen zu tun, schreiben Sie. Haben viele Menschen ein falsches Bild davon?

Michael Kurth: Ich selbst musste mich auch überwinden, obwohl ich mich in der asiatischen Kultur sehr wohl fühle. Ich weiß, dass das für viele Menschen abschreckend wirkt. Wer gerne eine Klangschale, Räucherstäbchen und Yoga-Decke benutzt, soll das unbedingt beibehalten. Das alles ist aber nicht die Grundvoraussetzung. Ich will das vor allem jungen Menschen mitgeben, die auf Konzerte und in Clubs gehen. Bei mir waren die Schranken auch riesig, ich habe deswegen gelitten. Diese Schranken einzureißen, war ein echter Kraftakt. Mein Wunsch ist es, anderen Menschen das durch das Buch nahezubringen - vielleicht klappt das dadurch, dass das ein Rapper weitergibt.

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