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Der neue "Tatort" aus Münster: Ist das Kunst oder kann das weg?

Ein "Tatort" wie dieser kann eigentlich nur in Münster spielen. Nicht nur, weil sich die kunstaffine Stadt für das Thema anbietet, sondern auch weil es die geballte Ladung Selbstironie des Münsteraner "Tatort" benötigt, damit die Geschichte nicht an der überzeichneten Darstellung der Künstlerszene zerfällt. Das Aufeinandertreffen von Deutschlands beliebtestem Ermittler-Duo mit den Exzentrikern, denen sie in der Kunstwelt begegnen, macht aus "Gott ist auch nur ein Mensch" einen unterhaltsamen Film.

Darum geht es

Kurz vor der Eröffnung der internationalen Skulptur-Tage sorgt das vermeintlich neue Werk des Aktionskünstlers Zoltan Rajinovic (Aleksandar Jovanovic), der sich selbst "G.O.D" nennt, für Aufruhr: Bei der Clownsfigur vor dem Rathaus handelt es sich um eine Leiche. Der Tote - ein Münsteraner Stadtrat - wurde vor einiger Zeit vom Vorwurf der Inzucht mit Minderjährigen freigesprochen. Doch wenn es sich um Rache handelt, warum wurde er in eine Skulptur verwandelt? Noch bevor die ersten Fragen beantwortet sind, taucht ein zweites Opfer auf - ebenfalls als Kunstinstallation aufbereitet.

Ist Gott der Täter?

Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen - doch bei einem anderen als "Gott" würde Professor Boerne (Jan Josef Liefers) sicher nicht in die Lehre gehen. Dass der charismatische Rajinovic sich selbst als "G.O.D" bezeichnet, lädt nicht nur zu diversen Wortwitzen ein, die der "Tatort" genüsslich auskostet, sondern stellt zum ersten Mal die Frage in den Raum: War der Täter etwa Gott? Vor allem bringt es auch den vielleicht einzigen Menschen ins Spiel, bei dem Boerne in die ungewohnte Rolle des Schülers verfällt.

Hier zeigt sich auch die größte Stärke des Films. Anstatt untereinander Wortgefechte auszutauschen, bekommen Boerne und Thiel (Axel Prahl) einen Gegenspieler an die Seite, mit dem jeder der beiden Ermittler seine liebe Mühe hat. In dem eigenwilligen Künstler hat der Selbstdarsteller Boerne in der Tat seinen Meister gefunden, der es sogar schafft, ihm persönliche Geheimnisse zu entlocken.

Thiel wird hingegen mit einer Frau aus seiner Vergangenheit konfrontiert. Die Kuratorin Klara Wenger (Victoria Mayer) kennt "Franky" noch aus ihrer Kindheit in der Künstlerkommune, in der auch Thiels Vater gelegentlich verkehrte. Thiel hat seine liebe Mühe, sich die freche Jugendfreundin vom Hals zu halten, und das Zusammenspiel der beiden ist großartig anzusehen.

Lohnt sich das Einschalten?

Wegen des Falls sicher nicht. Wer nicht nach der Hälfte des Films den Täter erkannt hat, sollte zur Strafe das Atelier von Boerne und Gott putzen müssen. Fans des Teams Thiel und Boerne - und davon gibt es schließlich nicht wenige - dürften dennoch ihre helle Freude daran haben. Und Gott (dem Original, nicht dem Künstler) sei Dank für Thiel und seinen unverhohlenen Sarkasmus, der den Film stets daran hindert, ins Überhebliche - oder gar ins Lächerliche - abzurutschen.

Foto(s): WDR/Wolfgang Ennenbach, WDR/Wolfgang Ennenbach, WDR/Wolfgang Ennenbach