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Armin Mueller-Stahl erzählt sein Leben

Armin Mueller-Stahl stellt sein Buch in Berlin vor. Foto: Rainer Jensen

Es gibt wohl wenige Lebensgeschichten, die so stark mit Ost und West verbunden sind wie die von Armin Mueller-Stahl.

25 Jahre nach dem Fall der Mauer gibt der Ausnahmeschauspieler in seiner Autobiografie «Dreimal Deutschland und zurück» beeindruckend offen, humorvoll und uneitel Einblick in sein Leben in beiden Teilen Deutschlands. Und auch wenn es eine persönliche Geschichte ist, lässt sie sehr viel vom gesellschaftlichen Alltag diesseits und jenseits der Mauer verstehen.

«Ich habe in drei Deutschlands gelebt und konnte mit keinem richtig warm werden», gesteht der heute 83-jährige Charakterdarsteller in seinen Memoiren, die «Merian»-Chefredakteur Andreas Hallaschka aufgeschrieben hat. «Ich konnte es nicht im Faschismus, ich konnte es nicht in der DDR, und ich mochte überhaupt nicht die «Aufarbeiter» in der alten Bundesrepublik, die über die Menschen in der DDR richteten.»

Den größten Teil des Buches nimmt Mueller-Stahls Erinnerung an seine beispiellose Karriere im sozialistischen Teil Deutschlands ein. 1930 im ostpreußischen Tilsit geboren und im brandenburgischen Prenzlau aufgewachsen, lebte er als «Wossi» lange im gutbürgerlichen Westen Berlins, während er an der Ost-Berliner Volksbühne arbeitete. Nach dem Bau der Mauer ging er freiwillig in die DDR: «Ich hoffte auf die Verwirklichung von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.»

Mit Filmen wie «Königskinder» (1962), «Nackt unter Wölfen» (1963) und «Jakob der Lügner» (1974) wird er zum hochdekorierten Aushängeschild des DDR-Films, mit seinen Fernsehproduktionen zum Publikumsliebling. Doch zunehmend leidet er unter der Gängelei des Systems. Als er nach neun Folgen als erfolgreicher James Bond des Ostens aus dem TV-Vorzeigeprojekt «Das unsichtbare Visier» aussteigt und für Jahre keine Aufträge mehr bekommt, entschließt er sich 1979 schweren Herzens zum Wechsel in den Westen.

Dass ihm dort unterschwellig sein langes Ausharren in der DDR vorgeworfen wird, macht die Ankunft in der neuen Heimat nicht leichter. «Ich sehe meine Widersprüche», schreibt er. «Das ist die einzige Wahrheit, die ich habe: Ich wollte mich aus diesem Land nicht wegdrücken lassen und ich wollte mich auch selbst nicht verdrücken.»

Trotzdem geht es beruflich auch im anderen Deutschland schnell wieder bergauf. Der Film «Lola» mit Regisseur Rainer Werner Fassbinder wird die Eintrittskarte für die zweite Karriere. Es folgen Arbeiten mit Filmgrößen wie Bernhard Wicki, Axel Corti oder Alexander Kluge - und schließlich mit fast 60 der Sprung nach Hollywood. «Ich wollte raus aus der Enge, weg von den deutschen Gemeinheiten», notiert er. «In Deutschland wird gemuffelt und gemeckert. In Amerika dient Freundlichkeit als soziales Binde- und Schmiermittel.»

Als Mueller-Stahl sein Buch am Montagabend im Berliner Theater am Schiffbauerdamm vorstellt, in dem einst seine Karriere begann, wirkt er mit sich voll im Reinen. Selbstironisch und schlagfertig lässt er sich auf dem «Blauen Sofa» von ZDF-Moderator Wolfgang Herles auch nach sehr persönlichen Dingen befragen. Trotz allen Erfolgs, trotz der Liebe des Publikums und seiner zwei Oscar-Nominierungen («Avalon» und «Shine») würde er im nächsten Leben lieber Dirigent und Komponist werden, gesteht er. «Von der Musik werde ich am meisten und am tiefsten berührt.»

Mit seiner Frau Gabi («Sie war und ist mein großes Glück») lebt Mueller-Stahl seit mehr als 35 Jahren zusammen - inzwischen etwa halbe-halbe im einstigen kalifornischen Emigranten-Refugium Pacific Palisades und in seinem Haus an der Lübecker Bucht. Angst vor dem Tod habe er nicht, aber Angst vor dem Sterben, sagt er. «Ich hoffe, dass es, wenn wir Abschied nehmen, ohne Dramatik ist, dass es lustig in die Kiste geht.»

(Armin Mueller-Stahl, Dreimal Deutschland und zurück, aufgeschrieben von Andreas Hallaschka, Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 2014, 240 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-455-50317-3)

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