Mode made in Hollywood

Das Science-Fiction-Genre eignet sich hervorragend als Spielwiese für experimentelles Modedesign. Auch wenn die Schöpfer der Haute Couture mit ihren Visionen meist daneben liegen, originell sind ihre Kreationen allemal.


Filme setzen Trends, Filme bestimmen, was gerade angesagt ist und was nicht, Filme beeinflussen unseren Geschmack. Bestes Beispiel: Die langen

schwarzen Mäntel aus der “Matrix”-Trilogie, bei der sich die Macher von den Italo-Western eines Sergio Leone inspirieren ließen. Kombiniert mit einer dunklen Sonnenbrille ist der coole lässige Look eines Keanu Reeves in wenigen Schritten perfekt kopiert. Aber auch die alten “Mad Max”-Filme mit Mel Gibson haben die Kreativität internationaler Modeschöpfer angeregt. So entwarf Hedi Slimane für Yves Saint Laurent eine Lederjacke, die mit ihrem

breiten Kragen, den vielen Reißverschlüssen und Taschen jener, die Gibson alias Max Rockatansky trug, verblüffend ähnlich sieht. Gleiches gilt auch für eine Lederhose von Esteban Cortazar und Lederstiefel von Louis Vuitton. Richtig spannend wird es aber, wenn die Zukunft, die Hollywood einst kreiert hat, plötzlich zur Gegenwart wird: 1989 hat Regisseur Robert Zemeckis “Zurück in die Zukunft II" realisiert. In diesem Zeitreise-Film landet Michael J. Fox alias Marty McFly unter anderem im Jahr 2015, genauer gesagt am 21. Oktober. Dieses Datum ist ja bekanntermaßen inzwischen verjährt. Interessant ist es nun, zu analysieren, ob die Kostüm-Designer vor knapp 30 Jahren mit ihren Visionen richtig gelegen sind. Die Antwort lautet eindeutig: Nein. Zwar kann man den Modeentwürfen eine gewisse kreative Fantasie nicht absprechen, aber diese modernen Automatikklamotten, die man hier zu sehen bekommt, sind nach wie vor Zukunftsmusik, und dass Männer zwei Krawatten nebeneinander tragen, hat sich ebenso wenig durchgesetzt wie nach außen

hängende Hosentaschen. Dafür lag Zemeckis mit seinem Team bei anderen Dingen goldrichtig. So ahnte man die Flachbildschirme ebenso voraus wie das Telefonieren via Bildschirm. Und dass die Amerikaner ihr Vietnamkriegs-Trauma überwunden haben und mittlerweile in dem asiatischen Land Badeurlaub machen, stimmt ebenfalls. Doch zurück zu dem, was man sich im Science Fiction so anzieht. Einer, der die Mode auf allen Ebenen beeinflusst hat und immer noch beeinflusst, ist das französische Enfant terrible Jean-Paul Gaultier. 1997 wurde dieser von dessen Landsmann Luc Besson damit beauftragt, die Kostüme zu dem Science-Fiction-Spektakel “Das fünfte Element” zu designen. Der Film spielt im Jahr 2263, wir wissen also (noch) nicht, ob Gaultier mit seinen Visionen Recht behalten wird. Fakt ist aber, dass der extravagante Stil und die überbordende Fantasie des Modeschöpfers darin perfekt zur Geltung kam.

Man denke nur an Leeloo alias Milla Jovovich, die auf der Flucht vor dem Militär im Taxi von Bruce Willis alias Korben Dallas landet und dabei mit einem Hauch von Nichts bekleidet ist. Es sind lediglich ein paar weiße Thermobänder, die Busen, Scham und Po sowie Teile des Bauchs und der Oberschenkel des schauspielernden Fotomodells bedecken. Action Hero Willis dagegen hat dem schwarzen Leder abgeschworen. Wenn es nach Mode-Zampano Gaultier geht, trägt der Superheld von Morgen ein rückenfreies Oberteil in knallbuntem Orange und darüber eine graue Weste mit völlig unterschiedlich entworfenen Ärmeln. Höchst fraglich, ob sich das wirklich durchsetzen wird. Dennoch hat sich Gaultier mit seinen rund 300 Kostümen, die er für “Das fünfte Element" kreiert hat, unsterblich gemacht. Allein die sexy Uniformen des Flughafenpersonals, knallblau, bauchfrei und mit kessen Schlitzen am Brustansatz, sind ein echter Blickfang. Unvergesslich auch Gary Oldman als Bösewicht Zorg, dem Gaultier eine Hitler-Frisur verpasst und ihn in einen langen Nadelstreifen-Anzug mit Stehkragen gesteckt hat.

Oder Chris Tucker als Radiomoderator Ruby Rhod, der im schrägen Leopardenfell daherkommt. Eine, die ebenfalls schon vor 30 Jahren den Modetrend von morgen bestimmte, ist Sigourney Weaver. Weltberühmt wurde sie als Lt. Ellen Ripley in der “Alien"-Saga, von der gerade ein weiterer Teil mit ihr in der Hauptrolle gedreht wird. In “Aliens - Die Rückkehr" (1986), der ersten

Fortsetzung der Sci-Fi-Reihe, trägt Weaver spezielle halbhohe Sneakers in Rot und Grautönen. Vor ein paar Wochen, genauer gesagt am 26. April, dem so genannten Alien Day, hat Reebok exakt die Schuhe, die Weaver zu einer der größten Actionheldinnen der Filmgeschichte gemacht haben, auf den Markt gebracht. Nur schade, dass diese auf 36 Paar limitierte Edition weder Weaver selbst noch irgendeine andere Frau tragen kann. Denn Reebok hat von dem vor 30 Jahren wie heute futuristisch anmutendem Schuhwerk nur Männergrößen produziert. Ob sich mit so einer Aktion allerdings ein neuer Modetrend auf den Weg bringen lässt, darf doch mehr als bezweifelt werden…

Bilder: ddpImages

Autor: Thomas Lassonczyk