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#MeToo in Cannes: Das Nachspiel von Asia Argentos Rede auf Twitter

Die Vergewaltigung durch Harvey Weinstein hat Asia Argentos Leben verändert. In Cannes trumpft sie nun mit einer kämpferischen Rede auf. (Bild: AP Photo/Vianney Le Caer/Invision)
Die Vergewaltigung durch Harvey Weinstein hat Asia Argentos Leben verändert. In Cannes trumpft sie nun mit einer kämpferischen Rede auf. (Bild: AP Photo/Vianney Le Caer/Invision)

Die Schauspielerin Asia Argento erinnerte zu den Filmfestspielen in Cannes mit einer flammenden Rede an ihre Vergewaltigung durch Filmproduzent Harvey Weinstein. Ihrer Enttäuschung darüber, nach ihren Worten kaum Zuspruch oder gar Reaktionen von ihren Kolleginnen und Kollegen vor Ort bekommen zu haben, lässt sie jetzt auf Twitter freien Lauf. Einzig ein Mann trat an Argentano persönlich heran.

Mit einer unangekündigten Rede unterbrach Asia Argento den ansonsten reibungslosen Ablauf des Filmfestivals in Cannes. Eigentlich war sie auf die Bühne gebeten worden, um der Kasachin Samal Yeslyamova die Auszeichnung als beste Schauspielerin zu überreichen. Doch stattdessen hielt sie eine Rede über Harvey Weinstein, der sie mit 21-Jahren in Cannes vergewaltigt haben soll:

Dies ist die Rede, die ich geschrieben und heute Abend in Cannes gehalten habe. Für all die tapferen Frauen, die ihre Peiniger öffentlich angeprangert haben und für all die mutigen Frauen, die es zukünftig noch tun werden. Wir haben die Macht #metoo:

„Im Jahr 1997 wurde ich von Harvey Weinstein in Cannes vergewaltigt. Ich war 21 Jahre alt. Dieses Festival war sein Jagdrevier. Ich möchte folgendes voraussagen: Harvey Weinstein wird hier nie wieder willkommen sein. Er wird in Ungnade bleiben, von einer Filmgemeinde gemieden, die ihn einst gefeiert hat UND ihm Deckung bei seinen Verbrechen gegeben hat. Sogar heute Abend sitzen unter euch noch jene, die für ihr Verhalten gegenüber Frauen nicht zur Verantwortung gezogen wurden. Für ekelhaftes Verhalten, das keinen Platz in dieser Industrie hat. Es hat auch keinen Platz in einer anderen Industrie oder an einem anderen Arbeitsplatz. Ihr wisst, wer ihr seid. Aber noch wichtiger ist, dass wir wissen, wer ihr seid. Und wir werden nicht zulassen, dass ihr weiter damit davonkommt.“

Die Kamera, die währenddessen immer wieder auf das Publikum schwenkte, zeigte betroffene und betretene Gesichter im Publikum.

Jury-Präsidentin Cate Blanchett und Festivalchef Thierry Frémaux, die laut für gerechte Verhältnisse in der Filmindustrie eintreten, blickten versteinert. Auch der Schauspieler Adam Driver, bekannt aus der HBO-Serie Girls, war kurz im Bild zu sehen, wie er die Hand vor den Mund hält. Zu mehr als Mimik und Gestik reichte es bei den meisten Schauspielkollegen jedoch nicht.

Anders sah es im Anschluss auf Twitter aus. Denn die 41-Jährige Argento hatte ihre Rede vorab aufgeschrieben und anschließend dort veröffentlicht. Die Schauspielerin Mia Farrow postete daraufhin, dass sie hoffe, Asia Argento fühle den Beistand der vielen Menschen, die mit ihr stünden.

Auf den Post entgegnete Argento eher kühl, dass sie den Beistand auf Twitter mehr spüren könne als an dem Abend selbst. Sie betonte, dass sich nach ihrer Rede nur ein einziger Schauspielkollege persönlich an sie wandte: Spike Lee.

“Ich fühle definitiv mehr Beistand von euch hier als gestern Abend. Die einzige Person, die nach meiner Rede zu mir kam, mir gratulierte und nette Worte spendete, war Spike Lee.”

Schon einmal hielt der Kultregisseur mit seiner Meinung zu dem Skandal um Harvey Weinstein nicht hinterm Berg. In dem Buch „Sex, lies & pulp fiction: hinter den Kulissen des neuen amerikanischen Films” von Peter Biskind fand er mehr als deutliche Worte dazu: „Es gibt da den Spruch ‚God don’t like ugly’. Die abgefuckte Scheiße, die er im Laufe seiner Karriere gemacht hat, wird sich eindeutig noch rächen. Er ist ein unehrlicher Schwanzlutscher. Ein fetter Bastard. Ein hinterhältiger, fetter Bastard!”

Als jemand nach Ava Marie DuVernays Reaktion fragte, die Regisseurin stand bei Argentos Rede neben ihr auf der Bühne, schrieb Argento: „Keine Reaktion.“ Daraufhin postete die Regisseurin, sie habe den Arm um Argento gelegt und „Gut gemacht“ gesagt.

„Meine Reaktion war, meinen Arm um dich zu legen und „Gut gemacht“ zu sagen. Du hast mir in die Augen geschaut und „Danke“ gesagt. Es war ein warmherziger Austausch. Ich verstehe es absolut, wenn du dich nicht an die Details erinnern kannst, weil es ein großer Moment mit vielen Emotionen war. Noch einmal fürs Protokoll, gut gemacht. xo“

Argento bedankte sich daraufhin und erklärte, sie wäre in einem Schockzustand gewesen. Der Schauspieler John Schaech, der Regisseur Ted Geoghegan und die Schauspielerin Mira Sorvino posteten danach ebenfalls ihre Unterstützung, neben zahlreichen andere privaten Nutzern.

Es ist nicht die erste Aktion in Cannes, die auf die Lage der Frauen in der Filmbranche aufmerksam macht. Bereits zu Beginn des Festivals hatten sich 82 in Schwarz gekleidete Frauen, darunter Cate Blanchett und Ava Marie DuVernay, auf dem roten Teppich gegen die ungleiche Bezahlung und Behandlung von Frauen in der Filmindustrie versammelt. Das Festival hat in diesem Jahr auch erstmals eine Telefonhotline für Opfer von sexueller Gewalt eingerichtet.