Mehrjährige Haft- und Jugendstrafen nach Diebstahl aus Dresdner Grünem Gewölbe
Im Prozess um den Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden sind fünf der sechs Angeklagten zu mehrjährigen Haft- oder Jugendstrafen verurteilt worden. Das Landgericht Dresden verhängte gegen die 24 bis 29 Jahre alten Männer am Dienstag Freiheitsstrafen von bis zu sechs Jahren und drei Monaten. Der sechste Angeklagte wurde freigesprochen, weil er ein Alibi für die Tatnacht zum 25. November 2019 hatte.
Der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel sprach in seiner Urteilsbegründung von einer monatelang und detailliert geplanten Tat. Die Täter hätten eine "ungewöhnlich hohe kriminelle Energie zum Ausdruck gebracht". Ein Einbruch in das weltbekannte Grüne Gewölbe sei bis dahin von vielen "für unmöglich" gehalten worden.
Seit Januar 2022 war wegen des Diebstahls von 21 historisch wertvollen Schmuckstücken mit einem geschätzten Versicherungswert von laut Gericht rund 116 Millionen Euro verhandelt worden. Mitte Dezember beschlagnahmte die Polizei in Berlin einen erheblichen Teil der Beute. Teils sind die Schmuckstücke aber beschädigt, einige Teile fehlen zudem immer noch.
Die Rückgabe des Schmucks gehörte zu einem vor Gericht ausgehandelten Deal, dem vier Angeklagte zustimmten. Sie gestanden eine Tatbeteiligung. Im Gegenzug für die Rückgabe des Schmucks und für glaubhafte Geständnisse wurden ihnen mildere Strafen in Aussicht gestellt.
Die nun ausgesprochenen Haftstrafen lauteten auf sechs Jahre und drei Monate, sechs Jahre und zwei Monate sowie fünf Jahre und zehn Monate. Zwei 24-Jährige erhielten Jugendstrafen von fünf Jahren beziehungsweise vier Jahren und vier Monaten. Das Gericht sah die Tatbeteiligung von fünf der sechs Angeklagten nicht nur durch die Geständnisse gestützt, sondern auch durch DNA-Spuren oder Bilder aus Überwachungskameras belegt.
Die Urteile ergingen unter anderem wegen Diebstahls mit Waffen, besonders schwerer Brandstiftung und schwerer Körperverletzung. Der Vorwurf des Bandendiebstahls wurde fallen gelassen.
Die Haftbefehle gegen vier Angeklagte wurden mit dem Urteil unter Meldeauflagen außer Vollzug gesetzt. Einer davon, der derzeit bereits eine Jugendstrafe wegen des Diebstahls einer Goldmünze aus dem Berliner Bodemuseum absitzt, bleibt dennoch vorerst im Gefängnis.
Dies gilt auch für den freigesprochenen Angeklagten, der ebenfalls wegen des Einbruchs im Bodemuseum sitzt. Ein weiterer Angeklagter bleibt wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Sobald das Urteil zum Grünen Gewölbe rechtskräftig ist, werden die Angeklagten auf freiem Fuß demnach eine Aufforderung zum Absitzen ihrer Reststrafe erhalten.
Die Täter gelangten im November 2019 durch ein angesägtes Fenstergitter in die Ausstellungsräume, zertrümmerten eine Vitrine mit einer Axt und rissen Schmuckstücke heraus. Ein Fluchtauto setzten die Täter in einer Tiefgarage in Brand und gefährdeten damit Menschen in darüber liegenden Wohnungen. Zwei Bewohner erlitten Rauchgasvergiftungen.
Zum Verbleib der restlichen Beute, darunter die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste, gaben die Angeklagten, die allesamt dem Berliner Clanmilieu angehören und bereits einschlägig vorbestraft sind, im Prozess keinerlei Hinweise.
Der Vorsitzende Richter verteidigte den ausgehandelten Deal. "Der Kammer war bewusst, dass ohne die Verständigung die als unersetzlich eingeschätzten Schmuckstücke wohl nie ins Grüne Gewölbe zurückkehren würden", sagte Ziegel.
Die zurückgegebenen Stücke hätten einen Wert von 60 Millionen Euro, wenngleich das "Gesamtensemble wohl für immer zerstört" sei. Gleichwohl gelte die Regelung einer Verständigung "auch für Herrn Remmo wie für Herrn Müller oder Herrn Meier".
Mit dem Urteil blieb das Gericht teilweise unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft, die Freiheitsstrafen von bis zu sechs Jahren und acht Monaten beantragt hatte.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nannte das Urteil "eine gewisse Genugtuung". Es könne aber "den eingetretenen ideellen und materiellen Schaden nicht wiedergutmachen". Er hoffe, "dass die Tat vollständig aufgeklärt und die fehlenden Schmuckstücke zurückgeführt werden".
Vor dem Landgericht Dresden begann indes am Dienstag ein Betrugsprozess gegen einen geständigen 54-Jährigen aus den Niederlanden im Zusammenhang mit dem Juwelendiebstahl. Er ist angeklagt, weil er für eine angeblich geplante Rückführung von Diebesgut aus der Tat laut Anklage 40.000 Euro kassierte und sich damit absetzte.
hex/cfm