Mangelware: afroamerikanische Oscar-Gewinner

Durchforstet man mal die Siegerlisten der Academy Awards, dann finden sich kaum farbige Schauspieler darunter. Bei den Frauen ist es sogar nur eine einzige, die jemals in der Königskategorie Beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet wurde.

Von Thomas Lassonczyk

Lawrence Fishburne oder Eddie Murphy, Will Smith oder Samuel L. Jackson, was haben diese afroamerikanischen Superstars miteinander gemeinsam? Richtig, sie haben noch nie einen Oscar gewonnen. Dabei warten die genannten Schauspieler und nicht nur die regelmäßig mit mindestens ebenso formidablen Leistungen auf wie ihre hellhäutigeren Kollegen.

Man erinnere sich nur an denkwürdige Auftritte von Jackson gemeinsam mit John Travolta in Quentin Tarantinos Kultkrimi “Pulp Fiction", von Murphy als Polizisten-Schnodderschnauze “Beverly Hills Cop” oder Smith als einer der legendären “Men in Black”. Immerhin ist es so, dass sich seit dem ersten Acadamy Award für einen Afroamerikaner - den bekam Hattie McDaniel 1939 für ihre Nebenrolle in “Vom Winde verweht” - und dem ersten Oscar für einen farbigen Hauptdarsteller - 1963 für Sidney Poitier (“Lilien auf dem Felde”) – wenigstens ein bisschen was getan hat. Gerade in den 1990ern zeigten sich die Jury-Mitglieder liberaler, weltoffener und endlich auch ein bisschen gerechter und zeichneten die Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Können aus.

Aushängeschild der Black Community ist hier Denzel Washington. Der herausragende Akteur der letzten Jahrzehnte brachte das Kunststück fertig, bereits zwei Mal als Sieger bei der Oscar-Verleihung hervorzugehen: 1989 als bester Nebendarsteller in “Cry Freedom" und 2001 als bester Hauptdarsteller in dem packenden Action-Krimi “Training Day”.

Dieses Jahr ist sowieso als historisch zu bezeichnen, weil 2001 auch Halle Berry für “Monster`s Ball" gewann. In dem mitreißenden Drama verliebt sie sich nichtsahnend in den Todeszellenwärter ihres exekutierten Ehemannes. Berry war damals die erste afroamerikanische Schauspielerin überhaupt, die für die beste weibliche Hauptrolle gewann. Durchforstet man die Siegerlisten der vergangenen Jahre, so wird man indes nur sehr selten fündig. Während bei den Frauen keine einzige die Königskategorie für sich entscheiden konnte, durften zumindest bei den Männern zwei weitere jubeln, und zwar Jamie Foxx 2004 für sein beeindruckendes Ray Charles-Porträt in dem Biopic “Ray”. Er erhielt im selben Jahr auch eine Nominierung als bester Nebendarsteller an der Seite von Tom Cruise in Michael Manns “Collateral” - ebenfalls einmalig in der Geschichte des Black Cinema.

Außerdem wurde Forest Whitaker für seine ebenso beeindruckende wie erschreckende Studie des Diktators Idi Amin in “The Last King of Scotland" prämiert. Über Nebenrollen-Oscars konnten sich neben Washington noch drei weitere Kollegen freuen: Louis Gossett, Jr. als gnadenloser Militär-Ausbilder in “Ein Offizier und Gentleman” (1982), Cuba Gooding, Jr. in der Sport-Komödie “Jerry Maguire - Spiel des Lebens” (1996)

und Morgan Freeman als alternder Box-Coach in Clint Eastwoods herzzerreißendem Drama “Million Dollar Baby". Bei den Frauen lief es etwas besser. Hier durften gleich fünf afroamerikanischen Schauspielerinnen den Goldjungen entgegennehmen. Neben Whoopi Goldberg (”Ghost", 1990) und Jennifer Hudson (“Dreamgirls”) waren dies Mo’nique für “Precious” (2009), Octavia Spencer für “The Help” (2011)

und Lupita Nyong’o für “12 Years a Slave” (2013). Letztgenannter Film sorgte auch deshalb für Furore, weil sein Regisseur Steve McQueen als erster schwarzer Produzent die wichtige Kategorie Bester Film gewinnen konnte. Obendrein gab es auch noch einen dritten Oscar für das Drehbuch. So etwas hatte es bis dato nicht gegeben. Ein Armutszeugnis, dass es so lange dauern musste. Aber diese Auszeichnung mag auch ein Signal für die Oscar-Jury sein, bei den zukünftigen Verleihungen endlich andere Maßstäbe anzusetzen.

Bilder: ddpImages (6)