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Lungenärztin bei "Maischberger": "Es wird nicht mehr so, wie es früher war"

In der jüngsten Ausgabe der ARD-Talkshow "maischberger. die woche" berichtete FDP-Politikerin Karoline Preisler von ihrer Corona-Erkrankung und den Spätfolgen. Außerdem sprach Moderatorin Sandra Maischberger mit der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken unter anderem über die Brände in Moria.

Im März dieses Jahres hatte sich die FDP-Politikerin Karoline Preisler mit dem Coronavirus infiziert. Ein halbes Jahr später sprach sie am späten Mittwochabend in der ARD-Talksendung "maischberger. die woche" über ihre Symptome sowie die Spätfolgen, die sie immer noch begleiten.

"Es war eine schwierige Zeit", erklärte Preisler zu Beginn des Gesprächs. Sowohl sie selbst als auch ihre Familie hätten sehr gelitten. Manche Stadtverordnete ihrer Gemeinde hätten sogar laut überlegt, eine Bannmeile um ihr Haus zu ziehen, erzählte sie. Wirklich Angst bekam sie allerdings erst acht Wochen nach der Erkrankung, als sie unerwartete Spätfolgen bemerkte: Unter anderem seien ihr plötzlich die Haare ausgefallen: "Wie die Nadeln eines Weihnachtsbaums", erinnert sich die 49-Jährige. "Ich bin morgens aufgewacht und mein Kopfkissen war voller Strähnen." Ihr Körper habe offenbar Autoantikörper ausgebildet, heißt es weiter. Diese hätten dann zum Haarausfall geführt. Inzwischen seien die Haare aber nachgewachsen: "Ich bin sehr froh, dass sie wieder da sind", erklärte Preisler.

Doch das war nicht das einzige Symptom. Auch ihr Sprachzentrum war zeitweilig gestört: Drei Tage lang habe sie vergeblich versucht, das Wort "Verfassungsbeschwerde" zu sagen, doch stattdessen sei immer nur "Brandenburg" herausgekommen. "Das hat mich sehr geängstigt", erklärte Preisler, was Moderatorin Sandra Maischberger gut nachvollziehen konnte. Die Politikerin berichtete weiter, dass sie schlechter geschlafen habe und nur langsamer arbeiten konnte: "Alles hat mehr Zeit gekostet", sagte sie. Und auch das Luftholen sei "ein bewusstes Procedere" geworden.

"Das normale Leben ist jetzt"

Neben Preisler berichtete auch Jördis Frommhold, Chefärztin an einer Lungenklinik, von alarmierenden Corona-Spätfolgen. Derzeit arbeitet sie vor allem mit Corona-Patienten zwischen 35 und 65 Jahren in der Reha. Selbst diejenigen unter ihnen, die nicht zur Risikogruppe zählten und vor der Infektion trainiert und gesund gewesen seien, litten noch lange unter Abgeschlagenheit oder neurologischen Einschränkungen. "Mit ein paar Wochen Verzug", wie sie erklärt. Nahezu jeder der 100 Patienten hätte zudem Symptome wie Koordinationsschwierigkeiten, Taubheitsgefühle, Wortfindungsstörungen oder Gedächtnisverlust.

"Wir nehmen an, dass es eine neurologische Beteiligung gibt", erklärte die Fachärztin. Covid-19 sei eine Multi-System-Erkrankung. Warum manche Patienten unter den Symptomen stärker litten als andere, könne die Wissenschaft noch nicht erklären, hieß es weiter. Frommhold betonte: "Viele Patienten sind nicht genesen, sie sind einfach nicht mehr infektiös."

Am Ende hakte Maischberger nach: "Wenn wir uns in einem Jahr wieder hier treffen sollten, ist die Pandemie dann vorbei, und wir sind alle wieder im normalen Leben?" Die Ärztin konnte das nicht bestätigen: "Ich glaube, das normale Leben ist jetzt", sagte sie und fügte hinzu: "Ganz viele Menschen wünschen sich, dass es irgendwann wieder so ist, wie es früher war. Aber das ist in keiner Situation so." Vielmehr müssten wir alle lernen, mit der jetzigen Situation zu leben.

Saskia Esken fordert "europäische Lösung" für Moria

Zu Beginn der Sendung sprach Sandra Maischberg zudem mit der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken. Dabei ging es unter anderem um den verheerenden Brand in einem griechischen Flüchtlingslager Moria. Esken fand dafür klare Worte: "Wir werden nicht alleine 13.000 Menschen aus Moria aufnehmen, das kann nicht der Weg sein", erklärte sie und fügte hinzu: "Aber wir werden einen maßgeblichen Beitrag dazu leisten." Die 59-Jährige sprach sich zudem für eine "europäische Lösung" aus, verurteilte aber die Haltung von Innenminister Horst Seehofer (CSU): Man müsse "diesen armen, verzweifelten Menschen, vor allem den Familien und Kindern helfen", erklärte sie.

Auch um den Lebenslauf der nicht unumstrittenen SPD-Chefin ging es in dem Vier-Augen-Gespräch: Esken erzählte unter anderem, dass sie früher "wirklich viel demonstriert", aber niemals Steine geworfen habe. Zudem habe sie sich mit 18 Jahren als Straßenmusikerin ausprobiert. Mit Songs von Crosby, Stills, Nash und Young habe sie ihre eigene Schüchternheit bekämpfen und "mit Leuten in Kontakt" kommen wollen.

Die provokanten Tweets, mit denen die Politikerin in der Vergangenheit für Aufsehen sorgte, bereue sie nicht: "Ich wähle meine Worte eigentlich mit Bedacht", erklärte Esken. Es gehe ihr auch darum, "Debatten anzustoßen". Ausnahme: Ihr Urteil, dass Parteikollege Olaf Scholz "kein standhafter Sozialdemokrat" sei, habe sie sofort bereut: "Ich habe mir so etwas entlocken lassen. Ich habe mich direkt danach entschuldigt." Dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) steht sie hingegen skeptisch gegenüber. Zu seiner umstrittenen Verbindung zum russischen Konzern Gazprom sagte sie: "Ich kann es ihm nicht verbieten, jeder muss selbst beurteilen, ob er sich noch im Spiegel anschauen kann."